Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
können. In seiner ersten Zeit auf der Erde war er zu böse und wild gewesen, um irgendetwas außer Zerstörung zu wollen. Und als er endlich so etwas wie Kontrolle über die Boshaftigkeit in sich erlangt hatte, war ihm schnell klar geworden, wie destruktiv sein Einfluss aus das andere Geschlecht war.
Trotzdem hatte er sich ein paarmal verliebt und den Frauen schamlos nachgestellt. Ob alleinstehend oder verheiratet, es hatte ihn nicht interessiert. Vermutlich hatten er und William das gemeinsam. Wenn er Lust verspürt hatte, war er ihr gefolgt, weil dieses Gefühl so selten war.
Darla war das jüngste – und verheerendste – Beispiel für seinen zerstörerischen Einfluss. Sie war mit einem Jäger verheiratet gewesen, mit Galens rechter Hand. Sie war zu Sabin gekommen und hatte ihm erzählt, wo ihr Ehemann und seine Leute ihre Waffen aufbewahrt und was sie als Nächstes geplant hatten. Sie habe die Heuchelei des Jäger-Codes erkannt, hatte sie gesagt, und dass sie wollte, dass der Krieg endete. Zuerst dachte Sabin, sie wäre ein Köder und sollte ihn sowie seine Männer in eine Falle locken. Doch sein Verdacht bestätigte sich nicht. Alles, was sie ihm sagte, stimmte.
Schon bald waren sie ein Paar. Er wollte, dass sie ihren Ehemann verließ, doch sie weigerte sich, weil sie sonst nicht länger in der Lage gewesen wäre, Sabin zu helfen. Er gab es nicht gern zu, aber er war auch froh über ihre Entscheidung gewesen. Denn dadurch hatte er seine Spionin nicht verloren. Doch jedes Mal, wenn sie ihn besuchte, jedes Mal, wenn er mit ihr ins Bett gegangen war und sie ihn wieder verließ, fehlte etwas mehr von ihrem Glanz. Viel zu schnell wurde sie anhänglich, bedürftig und süchtig nach einem freundlichen Wort. Er versuchte mit allen Kräften, ihr Selbstbewusstsein wieder aufzubauen, indem er ihr versicherte, wie hübsch, mutig und intelligent sie war. Aber natürlich hatte sie an seinen Worten gezweifelt, sodass sie letztlich überflüssig geworden waren.
Nachdem sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte, hatte sie nach ihm gerufen.
Doch er war nicht mehr rechtzeitig zu ihr gekommen. Nein, Stefano war schneller gewesen, und er hatte Sabin davon abgehalten, sie ein letztes Mal zu sehen. Er hatte noch nicht mal zu ihrer Beerdigung gehen können, weil die Jäger ihn sonst gesehen hätten.
Elf Jahre waren seit ihrem Tod vergangen, doch seine Schuldgefühle waren noch genauso stark wie am ersten Tag. Er hätte Darla in Ruhe lassen sollen. Und wäre Stefano der Jagd und der Kämpfe irgendwann überdrüssig geworden und ausgestiegen, hätte Sabin es getan. Doch stattdessen war der Jäger – von Rachsucht und Fanatismus angetrieben – mittlerweile genauso wild entschlossen zu siegen wie Sabin.
Seit jenem Unglück war Sabin mit niemandem mehr zusammen gewesen. Er hatte die Gesellschaft von Frauen ganzlieh gemieden, bis er Gwen begegnet war. Aber war sie ihm gewachsen? Zumindest ein bisschen?
„I-ich höre“, stammelte sie. „Was hast du vor?“
Mit aller Kraft verscheuchte er die vom Dämon gestreuten Sorgen aus seinen Gedanken. „Ich werde dich sauber machen.“
Erneut schüttelte sie den Kopf. „Ich will aber nicht sauber sein, ich schwöre.“
„Das ist mir egal“, erwiderte er und kam auf sie zu.
Keuchend fiel sie von Neuem aufs Bett und wich so weit vor ihm zurück, bis sie mit den Schultern ans Kopfende stieß. „Ich will das nicht machen, Sabin.“
„Doch, willst du. Du hast nur Angst.“
„Stimmt genau. Was ist, wenn ich dich töte?“
„Seit Jahrtausenden bezwinge ich Jäger. Was ist dagegen schon eine einzelne Harpyie?“ Das waren mutige Worte, aber er konnte unmöglich die ganze Wahrheit sagen. Und natürlich hatte er keine Ahnung, wie sie reagieren oder was geschehen würde, wenn sie gegeneinander kämpfen mussten. Trotzdem würde er ihren Zorn in Kauf nehmen.
Weißes, heißes Verlangen schoss ihr in die Augen und brachte sie noch mehr zum Leuchten. „Glaubst du wirklich, du kannst eine Harpyie besiegen, wenn sie kurz vor dem Angriff steht?“
Er kletterte aufs Bett und überwand den verhassten Abstand zwischen ihnen Zentimeter für Zentimeter. „Dazu wird es hoffentlich nicht kommen. Aber falls doch, na ja, dann werden wir es gemeinsam herausfinden.“
„Nein! Das reicht nicht.“ Sie trat ihn gegen die Brust, doch statt ihn wegzustoßen, besiegelte sie damit ihr Schicksal. Er legte ihr die Finger um den Knöchel und zog Gwen zu sich.
„Wir werden es nie erfahren, wenn wir es
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