Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
durch seinen Kopf. Sein Verlangen, ihr wehzutun, war größer denn je. Er sehnte sich danach, dafür zu sorgen, dass sie alles, was zwischen ihnen geschehen war, infrage stellte. So wie er es bei all den anderen getan hatte. Bei den Frauen, die ihn entweder verlassen oder sich das Leben genommen hatten.
Ich sollte gehen, bevor so etwas geschieht.
In dem Moment, als der Gedanke in ihm Gestalt annahm, stieg auch schon mit aller Macht die Verweigerung in ihm auf. Mit ihren scharfen Krallen klammerte Gwen sich an ihm fest, und auf einmal drängten sich ihm sämtliche Gründe auf, aus denen er hierbleiben sollte. Erstens könnte Paris herkommen, um nach ihm zu sehen, dabei zufällig über Gwen stolpern und sie verführen. Promiskuität konnte einfach nicht anders. Zweitens könnte ein Jäger aus dem Kerker entkommen, sie sich schnappen und abhauen. Und drittens könnte sie anfangen zu bereuen, was sie getan hatten, und aus eigenen Stücken gehen.
Alles äußerst überzeugende Gründe. Aber keiner davon war der eigentliche Grund dafür, dass er sich noch tiefer in die gepolsterte Matratze sinken ließ. Gwen fühlte sich einfach zu weich und warm an, sie roch einfach zu gut, nach Zitrone, sein Lieblingsduft, und stieß immer wieder laszive kleine Seufzer aus, die er liebend gern verschluckt hätte.
Er wollte sie schon wieder. Diesmal wollte er alles von ihr. Wollte in sie eindringen und sich in ihr bewegen, sie mit sanften Stößen verwöhnen, die schließlich härter und fester wurden, in einem nie enden wollenden Rhythmus, der sie aneinander binden würde. Keine Frau hatte ihn jemals so erregt, hatte so herrlich geschmeckt, hatte so perfekt zu seinem Körper gepasst. Und keine hatte ihn je mit solcher Hingabe umklammert, ihn gebissen, sein Blut getrunken und ihn dazu gebracht, nach mehr zu lechzen.
Obwohl er nicht bis zum Äußersten gegangen war, hatten sie beide Erlösung gefunden. Er hatte vermutet, dass ihnen einmal nicht genügen würde, und er hatte recht behalten.
Ihre Schreie zu hören war süßer gewesen als bei allen anderen Frauen. Und diese Haut … Sie war wie eine Droge für seine Augen. Ein Blick, und man brauchte noch einen und noch einen. Wegzusehen war schmerzhaft, und das Verlangen, noch mal hinzuschauen, allgegenwärtig.
Wahrscheinlich hasst sie dich jetzt; wahrscheinlich will sie nichts mehr mit dir zu tun haben. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie an ihren menschlichen Lover gedacht hat, als du sie geküsst hast, und deshalb so leidenschaftlich gewesen ist. Hatte sie dir nicht gesagt, dass er in ihren Gedanken gewesen ist? Der Mensch ist eindeutig alles, was sie in ihrem Leben will. Nicht du.
Sabin spannte den Arm an, den er um Gwen gelegt hatte, drückte zu, und sie stöhnte leise vor Schmerzen auf. Sogleich zwang er sich, den Griff wieder zu lockern, und errichtete gedanklich eine Barrikade, um den Dämon zum Schweigen zu bringen. Sie hatte nicht an ihren Exfreund gedacht, und die Betonung lag auf Ex; Sabin war sich ganz sicher, und weder Zweifel noch Gwens frühere Behauptung konnten ihn vom Gegenteil überzeugen. Immerhin hatte Gwen seinen Namen gerufen. Zweifel war mürrisch, das war alles, und in dem verzweifelten Versuch, sein Ziel zu erreichen, holte er aus. Wenigstens war Gwen in der Lage, zwischen dem Dämon und ihrer eigenen Unsicherheit zu unterscheiden.
„Können wir jetzt aufhören, so zu tun, als würden wir uns wie glücklich Verliebte entspannen?“, fragte Gwen unvermittelt.
Er seufzte, nahm einige von ihren Haarsträhnen und ließ sie über seine Brust tanzen. Das kitzelte. Wenn sie doch nur glücklich verliebt wären! Kein Dämon, keine Harpyie, kein Krieg, nur Mann und Frau, die ihre gemeinsame Zeit genossen.
Sabin blinzelte. Solche Gedanken waren ihm völlig fremd. Niemals, nicht in all den Jahrtausenden, hatte er sich gewünscht, etwas anderes zu sein, als er nun mal war: ein unsterblicher Krieger. Mächtig, außergewöhnlich, ewig lebend. Ja, er hatte einen Fehler gemacht, als er den anderen Herren geholfen hatte, die Büchse der Pandora zu entwenden und zu öffnen. Und ja, er war dafür aus dem Himmel verbannt worden, und der Dämon in ihm fügte ihm permanent Leid zu. Aber es war ein Leid, das er akzeptiert und verdient hatte. Ein Leid, das er willig ertrug, weil es ihn stärker machte. Er wurde stärker, als es der Krieger Sabin, der Zeus gedient hatte, je gewesen war. Warum sich nun also wünschen, anders zu sein?
„Ja, wir können damit aufhören. Wir
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