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Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft

Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft

Titel: Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gena Showalter
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zusammenlief. Seine faszinierend violetten Augen wurden von langen schwarzen Wimpern eingerahmt. Seine dunklen Haare waren raspelkurz abrasiert, und sie fragte sich, ob die Stoppeln wohl an ihrer Handfläche kitzeln würden, wenn sie über seinen Kopf strich.
    Nicht, dass er ihr erlauben würde, ihn zu streicheln.
    Er war überall tätowiert, sogar in seinem perfekt geformten Gesicht. Jede Tätowierung zeigte eine grauenvolle Tat. Erstechen, Erwürgen, Verbrennen, Blut – so viel Blut. Und jedes der Knochengesichter war vor Schmerz verzerrt. Doch inmitten all der Gewalt leuchteten zwei saphirblaue Schmetterlinge. Einer zierte seine Rippen, und der andere streckte die Flügel über seinen Rücken aus.
    Ihr war aufgefallen, dass die anderen Herren alle nur ein Schmetterlingstattoo hatten, als Zeichen für ihre Besessenheit, und sie hatte sich oft gefragt, warum Aeron diese Zugabe bekommen hatte. Es machte nicht den Anschein, als wäre sein Körper von zwei Dämonen besessen.
    Außerdem verachtete er Schwäche. Erinnerten die Schmetterlinge ihn nicht ständig an seine Torheit? Und erinnerten die anderen, die grausamen Tätowierungen ihn nicht immerzu an die schrecklichen Taten, zu denen sein Dämon ihn gezwungen hatte?
    Und was Olivia anging: Warum stieß dieser Mann sie nicht ab, so wie er jeden anderen Engel angewidert hätte? Und weshalb faszinierte er sie nach wie vor?
    „Frau“, wiederholte er nun ungeduldig.
    „Ja?“, krächzte sie.
    „Du hast mir nicht zugehört.“
    „Entschuldige.“
    „Wer wollte mich tot sehen? Und warum?“
    Statt zu antworten, bat sie schüchtern: „Bitte setz dich doch. Es ist so anstrengend für meinen Nacken, so zu dir hochzuschauen.“
    Zuerst dachte sie, er würde ihre Bitte ignorieren. Aber dann hockte er sich überraschenderweise hin, und seine Gesichtszüge wurden weicher. Endlich befanden sie sich auf Augenhöhe, und sie konnte sehen, dass sich seine Pupillen weiteten. Seltsam. Das geschah normalerweise, wenn Menschen glücklich waren. Oder wütend? Er war weder das eine noch das andere.
    „Besser?“, fragte er.
    „Ja. Danke.“
    „Gut. Und jetzt antworte mir.“
    Was für ein Befehlston. Doch das machte ihr nichts. Die Belohnung war zu schön. Jetzt konnte sie sich an seinem unanständig köstlichen Anblick berauschen, während sie mit ihm sprach, wie sie es sich all die Wochen erträumt hatte. „Der himmlische hohe Rat will dich tot sehen, weil du einem Dämon geholfen hast, aus der Hölle zu fliehen.“
    Er runzelte die Stirn. „Meiner Legion?“
    Seiner Legion? Olivia nickte, während sich ihr Innerstes zusammenzog. Schmerz war etwas, das ihr bislang noch nicht widerfahren war – weder seelisch noch körperlich –, und sie wusste nicht, wie sie es schaffte, ihn zu ertragen.
    Oder vielleicht wusste sie es doch. Menschen produzierten Adrenalin und andere Hormone, die sie ein Stück weit betäubten. Vielleicht produzierte sie jetzt auch so etwas – nun, da sie ein Mensch war. Mehr und mehr begann sie, zu ihrem neuen Körper und seinen unbekannten Schmerzen und Gefühlen eine angenehme Distanz zu verspüren.
    „Ich verstehe nicht ganz. Als ich Legion begegnet bin, hatte sie sich doch schon längst befreit. Ich habe nichts getan, womit ich mir den … Zorn eines anderen hätte zuziehen können.“ Bei dem Wort „Zorn“ wurde sein Mund schmal.
    „Doch, das hast du. Ohne dich wäre sie nicht in der Lage gewesen, die Oberfläche zu erreichen, weil sie immer noch an die Unterwelt gebunden war.“
    „Ich verstehe immer noch nicht.“
    Olivias Augenlider, die sich auf einmal anfühlten wie schweres Sandpapier, fielen wie von alleine zu – bitte, lass uns von etwas anderem sprechen –, doch sie zwang sich, sie wieder zu öffnen. „In der Regel sind Dämonen nur in der Lage, die Hölle zu verlassen, wenn man sie auf die Erde ruft. Von diesem kleinen Hintertürchen haben wir allerdings erst erfahren, als es schon zu spät war, um noch etwas zu ändern. Aber egal. Wenn sie gerufen werden, reißt ihr Band zur Hölle, und stattdessen werden sie an denjenigen gebunden, der sie gerufen hat.“
    „Noch mal: Ich habe Legion nicht gerufen. Sie ist zu mir gekommen.“
    „Vielleicht hast du sie nicht bewusst gerufen, aber in dem Moment, als du sie akzeptiert hast – dass sie zu dir gehört –, war es, als hättest du es getan.“
    Er ballte die Hände zu Fäusten und entspannte sie wieder. Sie kannte diese Geste und wusste, dass er so die Kontrolle zu behalten versuchte.

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