Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
Vielleicht war er tatsächlich wütend. „Sie hat jedes Recht, auf dieser Erde zu wandeln. Ich bin auch ein Dämon, und ich tue seit Jahrtausenden dasselbe, ohne dafür bestraft zu werden.“
Richtig. „Aber dein Dämon ist in dir gefangen. Folglich bist du seine Hölle. Legion ist jetzt frei und kann kommen und gehen, wie und wann es ihr gefällt. Was bedeutet, dass sie keine Hölle mehr hat, und das widerspricht sämtlichen himmlischen Gesetzen.“
Sie sah, wie er ansetzen wollte, mit ihr zu streiten. Vielleicht wäre es hilfreich, ihm die Ursprünge der Hölle zu erklären.
„Die mächtigeren unter den Dämonen waren früher einmal Engel. Aber dann sind sie gefallen. Sie waren die ersten, die fielen, und ihre Herzen wurden schwarz, alles Gute war aus ihnen fortgewischt. Statt ihnen also ihre Flügel und überirdischen Fähigkeiten zu nehmen, wurden sie damit bestraft, für immer und ewig zu leiden. Das gilt auch für ihre Nachkommen. Es darf keine Ausnahmen geben. Dämonen müssen an irgendeine Form der Hölle gebunden sein. Wer dieses Band zerreißt, wird getötet.“
Seine Iris wurden rot und begannen bedrohlich zu glühen. „Willst du damit sagen, dass Legion sterben muss, weil sie keine Hölle hat?“
„Ja.“
„Bedeutet das, dass sie ein Engel war?“
„Nein. Als die Dämonen in der Hölle lebten, lernten sie, sich fortzupflanzen. So ist auch Legion entstanden.“
„Und obwohl sie niemandem geschadet hat, willst du sie trotzdem bestrafen?“
„Ich persönlich nicht, aber ja: trotzdem.“
„Damit wir uns richtig verstehen: Ich werde nicht zulassen, dass man ihr etwas antut.“ Er sprach ruhig, aber dennoch mit einem drohenden Unterton.
Olivia schwieg. Sie würde ihn nicht anlügen und ihm sagen, was er hören wollte. Dass er und Legion jetzt in Sicherheit wären. Dass die Verantwortlichen im Himmel ihre Verbrechen vergessen hätten. Irgendwann käme jemand und würde das vollenden, was Olivia nicht fertiggebracht hatte.
„Sie hatte es nicht verdient, dort zu sein“, knurrte er.
„Das zu entscheiden stand dir aber nicht zu.“ Sie sprach die Zurechtweisung so sanft aus wie nur möglich. Dass die Worte ein Echo dessen waren, was der Rat zu ihr gesagt hatte, hinterließ einen fahlen Nachgeschmack auf ihrer Zunge.
Aeron atmete scharf ein, wobei seine Nasenflügel bebten. „Du bist gefallen. Warum haben sie dich nicht in die Hölle gestoßen?“
„Die ersten gefallenen Engel kehrten der einen wahren Gottheit den Rücken. Deshalb sind ihre Herzen so schwarz. Ich habe mich nicht von ihm abgewandt, sondern mich nur für einen anderen Weg entschieden.“
„Aber warum wurdest du ausgerechnet jetzt zu mir geschickt? Ich meine, nicht als gefallener Engel, sondern als Henker? Vor abertausend Jahren habe ich weitaus grausamere Dinge getan, als das Band zu zerreißen, das eine kleine Dämonin an die Hölle fesselt. Genau wie meine Freunde.“
„Der Rat und die Götter waren sich einig, dass du und deine Brüder die Einzigen wart, die in der Lage wären, die entflohenen Dämonen zu beherbergen und eines Tages vielleicht sogar zu kontrollieren. Wie gesagt: Ihr seid ihre Hölle, und ihr wurdet schon genug für eure früheren Verbrechen bestraft.“
Siegessicherheit trat in seine Miene, als hätte er sie beim Lügen ertappt. „Im Augenblick meines Todes wird Zorn befreit werden und seiner sogenannten Hölle entkommen. Wie sieht es jetzt aus? Hältst du es immer noch für eine gute Idee, mich zu töten?“
Wäre dieses Schlupfloch doch nur nie geschlossen worden … „Früher war es uns nicht gestattet, die dämonischen hohen Herren zu töten, zu denen auch Zorn gehört. Doch dann entkamen sie den Tiefen der Hölle, was uns dazu zwang, unsere Regeln entsprechend zu ändern. Was bedeutet … ich hatte den Auftrag, auch Zorn zu töten.“
Bei diesem Geständnis wich der Triumph aus seinem Gesicht. „Du bist gefallen. Das bedeutet, dass du mit dem Befehl nicht einverstanden warst. Also damit, mich, meinen Dämon und Legion zu töten.“
„Stimmt nicht“, widersprach sie. „Ich fand, dass man dich verschonen sollte, ja. Und Zorn auch, weil der Dämon ein Teil von dir ist. Aber bin ich der Meinung, dass man Legion erlauben sollte, in dieser Welt zu leben? Nein. Sie ist in vielerlei Hinsicht eine große Bedrohung, auch wenn dir das vielleicht nicht klar ist. Und höchstwahrscheinlich wird sie unermesslichen Schaden anrichten. Ich bin gefallen, weil …“
„Du Freiheit, Liebe und Spaß
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