Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
auch wenn ich dankbar dafür bin, kann ich noch mehr Einmischung nicht dulden.“
Sie lachte. Sie konnte einfach nicht anders. „Viel Glück dabei.“ Einen Engel aufzuhalten war genauso, wie den Wind zu fangen. In einem Wort: unmöglich.
Sein finsterer Blick wurde noch intensiver. „Hast du Hunger?
Der Themenwechsel störte sie nicht. Im Gegenteil, er freute sie. Mit seinen Freunden machte er oft dasselbe. Ohne Vorwarnung sprang er von einem Thema zum nächsten. „Und wie.
„Dann werde ich dir was zu essen holen, bevor ich dich in die Stadt bringe“, erklärte er, wobei er die Beine aus dem Bett schwang und aufstand.
Olivia rührte sich noch immer nicht vom Fleck, doch diesmal, weil ihre Gliedmaßen sich anfühlten, als wären sie an riesige Steine gekettet. Erstens: Er war umwerfend. Er bestand durch und durch aus Muskeln, Gefahr und köstlich bunter Haut. Zweitens … „Du willst mich immer noch rauswerfen?“
„Sicher.“
Wag es ja nicht, zu weinen. „Aber warum?“ Hatte Lysander etwa irgendetwas gesagt?
„Die bessere Frage ist: Wann habe ich dir Anlass gegeben, etwas anderes zu denken?“ Er ging langsam in sein Badezimmer und entschwand aus ihrem Sichtfeld. Sie hörte Kleidung rascheln und als nächstes Wasser auf Porzellan prasseln.
„Aber du hast mich die ganze Nacht im Arm gehalten“, rief sie. „Du hast dich drei Tage lang um mich gekümmert.“ Das musste doch etwas bedeuten. Oder? Männer taten so etwas nicht, wenn sie nicht bis über beide Ohren verliebt waren. Oder? In ihrer gesamten Zeit mit Aeron hatte sie ihn nie zusammen mit einer Frau gesehen. Außer mit Legion, aber die kleine Dämonin zählte nicht. Sie hatte er niemals die ganze Nacht im Arm gehalten. Seine Zuwendung Olivia gegenüber war also etwas Besonderes. Oder?
Keine Antwort. Dafür zogen schon bald Wasserdampf und der Duft von Sandelholzseife durchs Zimmer. Als ihr klar wurde, dass er duschte, setzte ihr Herz einen Schlag aus, nur um dann wieder zu rasen. In den Wochen, in denen sie ihn beobachtet hatte, hatte er nie in ihrer Anwesenheit geduscht, sondern immer gewartet, bis sie gegangen war.
Endlich seinen nackten Körper zu sehen war zu einer Obsession geworden.
War er da auch tätowiert? Zwischen den Beinen? Falls ja, welches Motiv hatte er wohl gewählt?
Und warum will ich genauso über dieses Motiv lecken wie über die Schmetterlinge? Vor Olivias Augen tauchten erotische Bilder von sich und Aeron auf, und sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, bevor sie überrascht erstarrte. Schlimmes, ungezogenes Mädchen. Was für ein unbändiges Verlangen …
Na ja, ich bin eben nicht mehr zu hundert Prozent ein Engel, rief sie sich in Erinnerung. Und jetzt wollte sie ihn sehen – und schmecken. Also würde sie ihn sehen – und hoffentlich auch schmecken. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, verdiente sie eine kleine Belohnung. Oder vielleicht sogar eine große? So oder so, sie würde die Burg nicht verlassen, bevor sie nicht wenigstens einen kurzen Blick auf ihn erhascht hätte.
Entschlossen stand Olivia auf. Doch ohne die Flügel hatte sie kein Gefühl mehr fürs Gleichgewicht, und so fiel sie vornüber. Ein scharfer Schmerz pochte in ihren Knien, und sie wimmerte kurz auf. Aber dieser Schmerz war zu ertragen. Nachdem sie ihr die Flügel ausgerissen hatten, war vermutlich alles zu ertragen.
Wieder stand sie auf. Wieder fiel sie hin. Grrr! Viel zu früh ging das Wasser aus. Sie hörte nasse, nackte Füße über Marmor tapsen und dann Baumwolle von Metall gleiten.
Beeil dich! Bevor es zu spät wäre.
Um die Balance zu halten, setzte sie einen Fuß nach vorne, den anderen nach hinten und breitete die Arme weit aus. Langsam richtete sie sich wieder auf. Wieder schwankte sie nach links, dann nach rechts, schaffte es diesmal jedoch, auf den Beinen zu bleiben. Los, Mädchen!
In dem Augenblick kam Aeron aus dem Badezimmer, und in ihr machte sich Enttäuschung breit. Er hatte sich ein Handtuch um die Hüfte geschlungen und ein anderes um den Hals gelegt. Zu spät. Doppel-Grrr!
„Du hast so schnell geduscht, da hast du bestimmt eine Stelle übersehen“, sagte sie.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu, aber ohne seine Aufmerksamkeit wirklich von der Kommode vor sich abzuwenden. „Nein, habe ich nicht.“
Ach so.
„Jetzt bist du dran“, sagte er, nachdem er ein schwarzes T-Shirt herausgenommen hatte. Mit dem zweiten Handtuch rubbelte er sich über das raspelkurze Haar.
Hatte sie ihn vorher umwerfend
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