Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
irgendwelchen Anzeichen für Jäger sowie nach dem Schattenmädchen absuchen. Nach allem, was Legion in der Hölle erlitten hatte, schuldete er ihr ein wenig Entspannung, Pflichten hin oder her.
Schuldete. Das Wort dröhnte durch seinen Kopf, und er fluchte. Er war auch Paris etwas schuldig.
Obwohl er verkündet hatte, erst in die Burg zurückzukehren, wenn Olivia fort wäre, musste er sich um Paris kümmern. Das war eine Verpflichtung, die er für keinen Grund der Welt vernachlässigen würde, auch wenn Lucien diese Aufgabe während der vergangenen drei Tage übernommen hatte. Er war enttäuscht von sich selbst und seufzte schwer. Nur weil Lucien den Krieger in die Stadt gebracht hatte, bedeutete das nicht, dass Paris sich auch jemanden ausgesucht hatte.
Selbst wenn er neulich Nacht mit Kaia geschlafen hatte, würde die Kraft, die er daraus zog, nicht lange währen. Beim Frühstück hatte er trotz seines Lächelns müde gewirkt. Und wie Aeron gelernt hatte, war Müdigkeit der erste Hinweis auf Ärger.
Aeron ging davon aus, dass der Krieger seit Kaia mit niemandem mehr geschlafen hatte. Und das würde einfach nicht reichen.
Legion schlüpfte zurück ins Wohnzimmer. Sie hielt eine violette Plastikbox in der Hand und grinste breit. „Deine Nägel werden wie ein Regenbogen aussssehen, wenn ich fertig bin.“
Regenbogen. Das war bestimmt besser als die knallrosa Leuchtfeuer, die sie beim letzten Mal daraus gemacht hatte. „Es tut mir leid, Baby, aber unser Spiel wird warten müssen. Ich habe in der Burg noch etwas zu erledigen, und das bedeutet, dass du hierbleiben musst.“
Krachend fiel die Box zu Boden. „Nein!“
„Ich werde nicht lange fort sein.“
„Nein! Du hassst mich gerufen. Du hassst gesssagt, du würdessst mit mir spielen.“
„Aber falls Gilly vor mir wiederkommt“, fuhr er fort, als hätte sie nichts gesagt, „versuch bitte, bitte, bitte nicht, mit ihr zu spielen. Okay?“ Das würde nämlich kein Mensch überleben. „Ich muss nur etwas holen.“ Oder besser: jemanden. „Sei ein braves Mädchen und warte auf mich.“
Legion sprang zu ihm aufs Sofa und legte ihm die flachen Hände auf die Brust, wobei ihre Krallen in seine Haut schnitten und blutige Furchen hinterließen. „Ich komme mit.“
„Das geht nicht, Baby. Weißt du nicht mehr?“ Er kraulte sie hinter den Ohren. „Der Engel ist da. Sie hat ihre Flügel verloren und ist jetzt sichtbar, aber das macht sie für dich nicht weniger gefährlich. Sie …“
Die kleine Dämonin setzte sich auf seinen Schoß und sah ihn an. Ihre ohnehin schon großen Augen wurden noch größer. „Sssie hat keine Flügel mehr?“
„Nein.“
„Dann issst sssie alssso gefallen?“
„Ja.“
Wieder klatschte Legion fröhlich in die Hände. „Ich habe gehört, dasss ein Engel gefallen issst, aber ich wussste nicht, dasss sssie esss war. Ich hätte ihnen helfen können, ihr wehzzzutun! Aber dasss kann ich wiedergutmachen. Ich kann ihr ihr Zzzuhaussse wegnehmen. Ich kann sssie töten.“
„Nein“, blaffte er barscher als beabsichtigt.
Selbst Zorn reagierte heftig. Er knurrte in Aerons Kopf und schnappte zum ersten Mal nach Legion.
Weil sein Dämon derjenige sein wollte, der den Engel vernichtete? Nein. Aeron schüttelte den Kopf. Das ergab keinen Sinn. Immerhin hatte Zorn zuvor nach „mehr“ verlangt. Vielleicht wollte der Dämon nicht, dass sie überhaupt vernichtet wurde. Dieser Verdacht ergab genauso wenig Sinn, aber er kam der Lösung schon näher.
Warum mochte der Dämon sie so?
Später. Aeron nahm Legions Kinn zwischen die Hände und zwang sie, ihre Aufmerksamkeit auf ihn zu richten, um sicherzugehen, dass sie nicht bereits in Mordfantasien schwelgte. „Konzentrier dich auf mich, Baby. Gut so. Und jetzt hör mir zu. Du kannst dem Engel nicht wehtun.“
Legion blinzelte ihn an. „Kann ich wohl! Ich bin stark genug, versprochen.“
„Ich weiß, dass du es kannst, aber ich möchte nicht, dass du es tust. Eigentlich sollte sie mir wehtun, aber sie hat es nicht getan.“ Stattdessen hatte sie alles für ihn aufgegeben.
Warum nur, fragte er sich zum tausendsten Mal. Was für eine Person tat so etwas? Erst vor Kurzem hatte er sie verspottet, als sie ihn an ihr Opfer erinnert hatte, aber in Wahrheit war er fasziniert und verwirrt. Und demütig.
Sie kannte ihn nicht. Oder vielleicht schon, nachdem sie ihm wochenlang gefolgt war – doch das ließ ihre Entscheidung umso bizarrer erscheinen. Denn er war es nicht wert, gerettet zu
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