Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
schnappte. „Weißt du, wo die Büchse der Pandora ist, Olivia?“
Natürlich stellte er die eine Frage, auf die sie keine Antwort hatte. „Na ja … äh … nein.“
„Weißt du, wo der Tarnumhang und die Rute versteckt sein könnten?“
Also gut: zwei Fragen, die sie nicht beantworten konnte. „Nein“, erwiderte sie sanft. Sie wusste nur, dass die Herren zwei von Cronus’ Artefakten gefunden hatten: den Zwangskäfig und das allsehende Auge. Was ihnen – wie Aeron erwähnt hatte – noch fehlte, waren der Tarnumhang und die Rute. Da die eine wahre Gottheit für derlei Reliquien nichts übrighatte, hatten sie und ihre Brüder und Schwestern nie danach gesucht.
Aeron stellte sie auf die Füße und ließ sie los. Olivia musste sich am Tisch festhalten, um nicht umzukippen. Und sie musste ihre Lippen aufeinanderpressen, um nicht vor Enttäuschung aufzustöhnen. Berühr mich.
„Wollt ihr sie immer noch hierbehalten?“, wandte er sich emotionslos an die anderen. „Lieber sie als mich?“
Einer nach dem anderen nickten sie, ohne eine Spur von schlechtem Gewissen.
„Na schön.“ Er fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. „Sie gehört euch. Holt euch an Informationen, was ihr eben aus ihr herausbekommt. Ich werde mich – wie vorgeschlagen – in die Stadt zurückziehen. Schickt mir eine Nachricht, wenn sie weg ist. Erst dann werde ich wiederkommen.“
6. KAPITEL
Aeron war sich sicher: Das war alles eine riesige Verschwörung, nur um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Erstens hatten seine Freunde ihn rausgeworfen. Zweitens hatte sein Dämon ihn angeschrien, er solle bleiben. Bleiben. Bei Olivia. Einem Wesen, das Zorn eigentlich verachten sollte. Einem Wesen, das Aeron selbst eigentlich verachten sollte. Aber stattdessen konnte er das Dilemma seines Dämons genau nachfühlen.
Sie war bezaubernd.
Als er an diesem Morgen aufgewacht war und gesehen hatte, dass sie sich vollständig von ihren Verletzungen erholt hatte, war sein Verlangen entflammt. Genau das Verlangen, das er nur wenige Tage zuvor geleugnet hatte überhaupt je zu empfinden. Und seitdem weigerte es sich hartnäckig, wieder abzuflauen. Sie war hingefallen, ihre Robe hatte sich bis zur Taille hochgeschoben, und ihr Höschen … Verdammt, ihr Höschen! Es war viel zu weiß, viel zu rein. Es weckte in einem Mann das Verlangen, es mit den Zähnen zu zerreißen und seine Trägerin ein wenig zu beschmutzen. Auch die Robe hätte er ihr am liebsten vom Leib gerissen und Olivia verschlungen.
Doch irgendwie war es ihm gelungen, sich zurückzuhalten.
Vielleicht weil ihm wieder eingefallen war – und er es sich unaufhörlich in Erinnerung rief –, dass die Stimme, die er am Vortag vernommen hatte, Lysander gehörte. Dass Lysander Olivia geheilt hatte. Dass er derjenige war, der sie glücklich und unversehrt sehen wollte.
„Unbefleckt“, murmelte er.
Und Lysander wäre ein schrecklicher Feind.
Ja, die Herren konnten die Jäger besiegen. Aber die Jäger und eine Armee von Engeln? Wohl kaum.
Deshalb hatte Aeron schließlich die Selbstkontrolle und Kraft aufgebracht, das Bett zu verlassen, ohne über Olivia herzufallen. Ohne sie zu berühren und zu schmecken. Am Ende hatte er sich selbst davon überzeugt, dass er sie loswerden müsste. Er hatte es sogar geschafft zu vergessen, dass zwischen seinen Beinen eine Erektion pochte, während sie auf seinem Schoß herumgerutscht und mit ihrem Essen auf Tuchfühlung gegangen war.
Und was tat Zorn} Er geiferte nach mehr.
„Ich mochte dich entschieden lieber, als du nicht mehr warst als ein Drang nach Bestrafung“, ließ er seinen Dämon wissen.
Die Antwort war ein kurzes Schnauben. Wenigstens bettelte der Dämon nicht mehr. Vor wenigen Minuten, als Zorn Aerons Pläne verstanden hatte, war er still geworden.
Aeron rieb sich so fest über das Gesicht, dass die raue Haut seiner Hände auf den Wangen schmerzte. Er befand sich in der Stadt in Gillys Appartement, einer geräumigen Dreizimmerwohnung in einer eher noblen Wohngegend. Gilly war eine Freundin von Danika und lebte in Budapest. Torin, der Sicherheitschef der Burg, hatte ihr Appartement mit hochmoderner Technik ausgerüstet – für den Fall, dass die Jäger von ihrer Verbindung zu den Herren Wind bekämen. Obgleich sie zu hundert Prozent ein Mensch war und so unschuldig, wie man nur sein konnte – was nach allem, das Danika den Herren über Gillys schlimme Kindheit erzählt hatte, an ein Wunder grenzte –, würden diese Dreckschweine keinen
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