Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
und flog auf die Männer zu. Natürlich traf er Kane am Hinterkopf. Da er an solche Katastrophen gewöhnt war, verlangsamte er nicht einmal seinen Schritt. Vielleicht tat ihm der Tempel doch nicht so gut.
Strider kicherte. Das wäre bestimmt nicht Kanes letzter Unfall. Wo immer der Krieger auftauchte, fiel von irgendwo ein Felsen herab, oder der Boden brach auf.
Als Strider hinter sich das Knirschen von Kies vernahm, drehte er sich um. Amun, Reyes und Maddox, der Rest ihrer Gruppe, kamen näher.
„Pause?“, fragte Amun, dessen tiefe Stimme ganz rau klang, weil er sie so selten benutzte. Er war von Kopf bis Fuß dunkel, und als Hüter der Geheimnisse sprach er nur selten. Viel zu groß war seine Angst, er könnte verheerende Wahrheiten verraten, von denen sich die Krieger nicht mehr erholen würden. Doch nachdem er vor Kurzem doch einmal viele Geheimnisse ausgeplaudert hatte, um Gideon vor einer rasenden Wut zu retten, war er etwas mitteilsamer geworden.
Dieser Wandel wärmte Strider das Herz.
„Sieht so aus“, erwiderte er.
Sabin verdrehte die Augen. „Sieh nur, was du angerichtet hast.“
„Was ist falsch an einer Pause? Ich bin müde. Und die Götter wissen, dass wir keinerlei Fortschritte machen.“ Maddox war ihr wohl gefährlichstes Mitglied. Oder vielmehr: Er war es einmal gewesen. Bevor er seine Ashlyn gefunden hatte. Nun lag in seinen violetten Augen eine Sanftheit, die unter den Herren sonst niemand besaß.
Zu schade, dass allein Ashlyn in den Genuss dieser Sanftheit kam. Maddox war der Hüter des Dämons Gewalt, und wenn der Bursche aus ihm herausbrach … Autsch. Strider hatte den Drang des Mannes, andere zu verletzen und zu verstümmeln, schon ein-oder zweimal zu spüren bekommen. Und ja, Strider hatte immer gewonnen, indem er mehr Schläge und Stiche ausgeteilt als eingesteckt hatte. Er konnte einfach nicht anders.
„Wir haben das Gelände abgesucht, die Steine mit Röntgenstrahlen durchleuchtet und unser eigenes Blut vergossen, um die Unaussprechlichen mit einem Opfer hervorzulocken.“ Reyes, der genauso dunkel war wie Amun, jedoch viel angespannter, breitete die Arme aus. Sie waren übersät von blutigen Schnitten – Spuren seines letzten Opfers. Oder seiner Selbstverstümmelung. Bei Reyes konnte man sich nie sicher sein. „Was können wir noch tun?“
Alle Blicke richteten sich auf Sabin.
„Sie waren es, die uns gesagt haben, dass Danika das allsehende Auge ist. Ich verstehe nicht, warum sie uns nicht noch einmal helfen wollen“, schimpfte der Krieger, offensichtlich frustriert.
Das allsehende Auge konnte sowohl in den Himmel als auch in die Hölle blicken. Danika wusste, was die Götter vorhatten, was die Dämonen vorhatten und wie die Ergebnisse all dieser Vorhaben aussahen. Allerdings kamen die Visionen nicht unbedingt auf Abruf, sondern meist in ungeordneten Schüben.
Sabin drehte sich im Kreis und rief: „Wir wollen nur wissen, wo wir die anderen beiden Artefakte finden. Ist das wirklich zu viel verlangt?“
„Helft uns einfach, verflucht noch mal“, schrie Kane, der sich von Sabins Stimmung anstecken ließ.
„Sonst reiße ich jeden Stein auf dieser Insel nieder und werfe sie alle ins Meer!“, fügte Maddox hinzu.
„Und ich werde ihm dabei helfen“, schwor Strider. „Nur dass ich zuerst noch draufpinkeln werde!“
Als ihre Stimmen von den Felsen widerhallten, schien die Luft vor lauter Herausforderungen ganz stickig zu werden. Die Insekten in den Bäumen verstummten.
„Hoppla … vielleicht hättest du ihnen nicht mit der Schändung ihres Eigentums drohen sollen“, murmelte Reyes.
Uuups.
Und dann verblasste die Welt um sie herum. Nur die Säulen und der Altar blieben – nur dass plötzlich alle Säulen wieder aufrecht standen und der Altar jetzt aus glänzend weißem Marmor und frei von jeglichen Blutspuren war.
Unsicher, was als Nächstes geschähe, strafften die Krieger die Schultern und griffen nach ihren Waffen.
Strider war sowohl im Umgang mit Schusswaffen als auch mit Messern geübt, wenn er normalerweise auch die leisere Waffe bevorzugte. Heute würde er sich allerdings auf seine Sig Sauer verlassen. Er hielt die Mündung nach unten, was jedoch nicht hieß, dass sie so weniger gefährlich war. Im Bruchteil einer Sekunde könnte er zielen und feuern.
„Was geschieht hier?“, flüsterte Gwen.
„Ich habe keine Ahnung, aber sei besser auf alles vorbereitet“, warnte Sabin sie.
Jeder andere Krieger hätte sich schützend vor die Frau gestellt.
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