Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
Menschen nannten sie Kaffee. Kein Wunder, dass sie sich in kilometerlangen Schlangen anstellten und bereit waren, für einen einzigen Schluck ihren letzten Cent auszugeben.
„Was ist das?“, krächzte sie und wies mit dem Kinn auf die Tabletten. Ein Fehler, denn die Bewegung löste einen unbeschreiblichen Schwindel aus.
„Nimm sie einfach. Danach wird es dir besser gehen.“
Diese Worte hatte er nicht geflüstert, und sie hielt sich die Ohren zu. „Hast du eine innere Stimme? Könntest du ab sofort bitte die benutzen?“
Er schloss die Hand mit den Tabletten zur Faust und schob ihr sanft die Hände von den Ohren. „Hör auf mit den Spielchen. Wir haben nicht viel Zeit.“
„Schhh! Jetzt spricht Livvie, und sie ist nicht abgeneigt, deine Stimmbänder zu durchtrennen, wenn du nicht bald leiser sprichst.“ Warum mochte sie diesen Mann noch gleich?
„Hoch mit dir. Jetzt.“
Behutsam setzte sie sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Ihr schmerzte immer noch der Kopf, und sie stöhnte.
Aeron starrte sie ungeduldig mit finsterem Blick an. Nein, nicht ungeduldig. Die Emotion in diesem Blick war finster, ja, aber was auch immer er fühlte, war stärker. Begieriger? Hatte ihr Stöhnen ihn etwa erregt?
Sie wollte sich ein wenig herrichten und schüttelte ihre Haare mit den Händen auf – nur um festzustellen, dass die Lockenmähne in unzähligen Knoten über ihre Schultern hing. Ihre Wangen brannten, als sie die Kapuze ihrer Robe aufsetzte. Oder besser: als sie es versuchte. Mit einem Stirnrunzeln sah sie an sich herab. Blaues Top, kurzer schwarzer Rock.
Warum war … Ach ja, ihr Schlampen-Styling. Oh ja! Aber das erklärte immer noch nicht ihre Kopfschmerzen. Als sie langsam die Wimpern hob, begegnete sie Aerons durchdringendem Blick. „Bin ich verletzt worden?“
Er schnaubte. „Von wegen. Du hast zu viel getrunken, und jetzt zahlst du den Preis dafür.“
Und Schmerz war nicht der einzige Preis, den sie zahlte. Auf einmal kam eine schreckliche Erinnerung nach der anderen hoch. Nach der ersten Flasche Lachsaft, der für sie offensichtlich gar nicht so lustig gewesen war, hatte sie sich furchtbar einsam gefühlt. Nach der zweiten Flasche hatte sie eine niederschmetternde Depression überkommen, und sie hatte unkontrollierbar geschluchzt. Gideon hatte sie gehalten, und sie hatte ihm die Ohren vollgeweint. Wegen Aeron. Wie demütigend.
Aeron hielt ihr die Hand an den Mund. „Nimm die Tabletten, aber zerkau sie nicht. Verstanden? Schluck sie am Stück runter.“
Konnte sie das? Plötzlich sahen die Dinger so groß aus wie Orangen. Ihr Arm zitterte, als sie die Tabletten von seiner Handfläche auflas und in ihren Mund warf. Sie versuchte, sie runterzuschlucken. Es klappte nicht. Igitt. Dieser Geschmack! Angewidert verzog sie das Gesicht.
„Trink. Das wird dir helfen.“ Er hielt ihr die dampfende Tasse an die Lippen und goss das Getränk in ihren Mund.
Olivia würgte. So wunderbar diese Flüssigkeit auch roch, sie schmeckte wie eine Mischung aus Batteriesäure und Dreck. Wie ladylike sie wohl rüberkäme, wenn sie alles aufs Bett spuckte?
„Runterschlucken“, befahl er barsch, während er die Tasse wegstellte.
Sie tat es. Schaffte es gerade so. Mit einem unangenehmen Scheuern rutschten die Tabletten ihre Kehle runter, und der widerliche Kaffee floss hinterher. Als sie aufhörte, sich zu schütteln, sah sie ihn an. „Tu mir das nie wieder an!“
Er verdrehte die Augen und setzte sich wieder auf seine Fersen. „Das hast du dir ganz alleine angetan, als du Gideon erlaubt hast, dich abzufüllen.“
Wie oft würde er sie wohl noch an ihre Torheit erinnern?
„Und jetzt möchte ich, dass du aufstehst, Livvie. Wir haben etwas zu erledigen.“
Im Augenblick wollte sie nur eins: zurück ins Bett. Ohne Aeron zu beachten, ließ sie sich auf die Matratze fallen und starrte an die Decke. Dort hing ein Poster mit einer Frau im Bikini. Ihre Haut war goldbraun, und ihre Brustwarzen waren hart. Lange blonde Haare wehten im Wind. Olivia runzelte irritiert die Stirn. Das hatte vorher noch nicht in Aerons Zimmer gehangen.
Jetzt sah sie sich genauer um, erkannte jedoch nichts wieder. Auf der Kommode aus Walnussholz stand eine Kristallvase, die in dem Licht funkelte, das durch die weißen Vorhänge fiel. An den Wänden hingen Stillleben, die Blumen in den verschiedensten Farben zeigten, und auf dem Fußboden lag ein hübscher beigefarbener Teppich.
„Das sieht nicht wie dein Zimmer aus“, sagte
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