Die Herren der Unterwelt 05 - Schwarze Leidenschaft
bringen.
Aeron hatte den Engel weder damals noch jetzt in irgendeiner Form gespürt, und er hasste das Gefühl der Hilflosigkeit, das er dadurch in ihm weckte. Lysander hätte ihm die Kehle durchschneiden können, und er wäre nicht in der Lage gewesen, sich zu wehren.
Olivia hatte recht gehabt.
Cronus’ Gesicht nahm einen unvorteilhaften Weißton an. „Lysander.“
„Wenn du ihr wehtust“, sagte Lysander und feuerte dabei zornige Blick auf ihn ab, „wenn du ihr auch nur ein einziges Haar krümmst, werde ich dich vernichten.“
„Wie kannst du es wagen, mir zu drohen!“ Cronus bleckte knurrend die Zähne, und mit der Wut kehrte auch schlagartig die Farbe in sein Gesicht zurück. „Mir, dem Allmächtigen. Mir, der ich bin ein …“
„Ein Gott, ja, aber man kann dich töten.“ Lysander lachte ein humorloses Lachen. „Du weißt, dass ich niemals leere Drohungen ausspreche. Du hörst die Wahrheit in meiner Stimme. Wenn du ihr etwas antust, werde ich dich eigenhändig vernichten.“
Stille.
Dicht und schwer.
„Ich werde tun, was ich will“, erwiderte Cronus schließlich, „und du wirst mich nicht davon abhalten.“ Doch entgegen seiner Worte verschwand er im nächsten Augenblick.
Aeron kämpfte darum, seine Fassung zu bewahren. Noch nie war der Götterkönig vor etwas zurückgewichen. Dass er es nun getan hatte, vor einem Engel … das verhieß für Aeron, der weit weniger mächtig war, nichts Gutes.
„Nun zu dir.“ Lysander streckte die Hand aus, und auf einmal erschien ein Schwert aus Feuer. Noch ehe Aeron blinzeln konnte, spürte er die Spitze eben dieses Schwertes an seiner Kehle.
Seine Haut begann zu prickeln, und er kniff die Augen zusammen. „Geht es um die … Beschmutzung?“
„Du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich mich danach sehne, dich zu töten“, sagte der Engel. „Kalt und gnadenlos.“
„Aber das wirst du nicht.“ Denn sonst hätte der Engel schon längst zugestochen. In dieser Hinsicht waren sie sich offenbar sehr ähnlich. Wenn es gerechtfertigt war, handelten Krieger, ohne zu zögern. Sie hielten nicht inne, um ein bisschen zu plaudern.
„Nein. Es würde Bianka nicht gefallen. Und Olivia auch nicht.“ Er ließ das Schwert sinken, dann verschwand es. „Ich will sie zurück, aber sie … mag dich.“ Seine ehrliche Stimme troff vor Ekel. „Deshalb wirst du leben. Vorerst jedenfalls. Aber ich will, dass du dafür sorgst, dass es ihr schlecht geht und sie das sterbliche Leben hasst. Und ich will, dass sie währenddessen in Sicherheit ist.“
„Einverstanden.“
„So einfach?“ Die dunklen Augen wurden größer. „Du willst sie nicht behalten?“
Wollen? Das schon. In diesem Augenblick, beim Gedanken daran, sie ein für alle Mal zu verlieren, musste er zugeben, dass ein Teil von ihm sie tatsächlich behalten wollte. Zumindest eine Zeit lang. Er wollte ihr helfen, Spaß zu haben, wollte sie lächeln sehen und lachen hören. Er wollte sie wieder halten. Sie wieder küssen. Sie wieder berühren. Er wollte sich endlich in ihren süßen kleinen Körper versenken. Doch das würde er nicht. Sie gehörte in den Himmel, und er könnte in das Leben zurückkehren, das er sich aufgebaut hatte. Ein Leben ohne Komplikationen oder Sorgen. Nun ja, abgesehen von den bevorstehenden Versuchen von verschiedenen Seiten, sein Leben zu beenden.
Wenn sie auf der Erde bliebe, würde sie ein Mensch werden. Ein zerbrechlicher Mensch. Schon bald würde sie dahinwelken und sterben. Und er könnte nichts tun, als ihr dabei zuzusehen. Doch genau das würde er sich niemals gestatten. Bei niemandem. Nicht einmal bei ihr. Vor allem nicht bei ihr.
Meins, knurrte Zorn.
„Nein“, zwang er sich zu sagen – zu Zorn ebenso wie zu Lysander. Er würde die Forderungen seines Dämons weder länger ignorieren noch akzeptieren. Das war viel zu riskant. „Ich will sie nicht behalten.“ Im Gegensatz zu dem Engel konnte er schamlos lügen.
„Und trotzdem wünschst du dir, sie ganz und gar zu … beschmutzen?“
Er presste stur die Lippen aufeinander. Auf dieses Gespräch würde er sich nicht weiter einlassen. Allein beim Gedanken daran, mit ihr zu schlafen, reagierte sein Körper und wurde an den entsprechenden Stellen hart.
„Ich sehe, dass du es dir wünschst. Also gut.“ Vielleicht ließe er sich doch darauf ein. „Du kannst mit ihr … auf diese Art zusammen sein, wenn es das ist, wonach ihr euch beide sehnt. Ich werde dich nicht dafür bestrafen, denn niemand weiß besser als ich, dass
Weitere Kostenlose Bücher