Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
Er streckte die Hand aus und lockte mit dem Finger. „Komm her.“
Da sie es nicht zulassen konnte, die Gelegenheit, ihn zu berühren, ungenutzt verstreichen zu lassen, nahm sie seine Hand.In dem Augenblick, als sie sich berührten, zog er sie auf die Füße und so dicht an sich heran, dass kein Blatt mehr zwischen sie gepasst hätte. Er sah auf sie hinunter. Seine Wärme wand sich wie eine Boa um ihren Körper.
Zwischen ihnen knisterte eine Spannung, die so heiß war, dass Kaia meinte, die Flammen zu spüren. Striders Lippen waren geschwollen, rot und noch immer feucht von ihrem Kuss. Seine Augen waren halb geschlossen, als befände er sich in einem Traum, aus dem er nicht aufwachen wollte.
Wenn er angetörnt schon so lecker aussah, wie würde er erst aussehen, wenn er satt und befriedigt wäre?
Verstand, komm raus. Das war offensichtlich ein weiterer Versuch, sie abzulenken und auf seine Seite zu ziehen. Sie musste stark bleiben. „Also?“
„Hast du dich an ihren Mann herangemacht?“, fragte er zielsicher. O-kay. Anscheinend war er doch aus dem Traum aufgewacht.
Ihr tiefes Erröten war Antwort genug.
Er ließ sie los und rieb sich mit der Hand übers Gesicht. „Verdammt, Kaia.“
Ohne seine Berührung kühlte ihre Haut ab. Sie würde ihre eigene Dummheit gewiss nicht zugeben, selbst wenn es schon so lange her war. Sie würde nicht zugeben, dass sie sich einer Mutter als würdig hatte erweisen wollen, von der sie nie geliebt worden war, und dabei in jeder Hinsicht versagt hatte.
„Ich habe ihn gesehen, gewollt und ihn mir genommen. Ende der Geschichte.“ Das war die Wahrheit – zumindest so, wie sie sich nach Striders Vermutungen ungefähr anhören würde. Er würde nie verstehen, was wirklich geschehen war, das war auch ganz gut so.
„Und sie hat es herausgefunden?“ Seine Stimme knallte wie ein Peitschenhieb.
Hah. Sie hatte ihn genau da, wo sie ihn durch das Auslassen wichtiger Details der Geschichte hatte haben wollen. „Genau.“ Kaia nickte. „Stimmt genau.“
„Und wie?“
Sie riss die Augen auf. Warum beließ er es nicht dabei? „Wie bitte?“
„Wie hat sie es herausgefunden?“
„Ach so, äh, sie hat uns zufällig erwischt“, schwindelte Kaia und sah dabei zu Boden. Als ihr klar wurde, was sie getan hatte, zwang sie sich, den Blick wieder zu heben. Es gab nämlich zwei Dinge, die eine Frau beachten musste, wenn sie log. Erstens: Selbstvertrauen ausstrahlen. Man konnte jeden von allem überzeugen, solange man nur selbst daran glaubte. Zweitens: Einzelheiten preisgeben. Je mehr Details man lieferte, desto glaubhafter war die Geschichte. „Wir waren gerade voll dabei. Und ich kann dir sagen: Es war ziemlich heiß. Bei ihm war ich kein bisschen abgelenkt.“
Strider schwieg für einen Moment. Dann sagte er mit weicher Stimme. „Tatsächlich?“
Vielleicht tappte er doch nicht so sehr im Dunkeln, wie sie gedacht hatte. Wodurch hatte sie sich verraten? Na ja, das spielte eigentlich keine Rolle. Er konnte solange Vermutungen über die eigentliche Wahrheit anstellen, wie er wollte, aber er könnte sich niemals sicher sein. Und, zum Teufel, vielleicht gab es ja noch einen anderen Weg, ihn von ihrer Version zu überzeugen.
Sie sah ihm in die Augen. „Ja, tatsächlich. Er lag auf mehreren Fellen auf dem Rücken.“ Sie stellte sich Strider in derselben Position vor. Sogleich entfachte ihr Verlangen von Neuem, und ihre Stimme bekam eine rauchige Note. „Er war nackt … und ich auch. Ich saß auf ihm und, Götter, er war so wunderschön. Er hatte sich voll und ganz in der Leidenschaft verloren. Und in mir.“
Strider wirbelte herum, als könnte er ihren Anblick nicht länger ertragen. So. Geschafft, dachte sie. Sie hatte ihn vollends von ihrer liederlichen Natur überzeugt. Ihre Schultern sackten ein Stück nach unten. Ein Teil von ihr wünschte, er hätte sich weiterhin geweigert, ihr zu glauben.
Es ist besser so, sagte sie sich. Sexuell freizügig war sie inseinen Augen ohnehin schon gewesen. Hätte sie sich nun noch schwach und dumm in die Gleichung eingefügt, hätte das jeglichen Fortschritt mit ihm nur erschwert.
Auch wenn sie heute nicht gerade von einem Fortschritt sprechen konnte.
Sie lügt, dachte Strider und musste auf einmal alle Kraft aufbringen, um nicht zu grinsen. Und sie war noch zehn Mal anziehender, während sie ihr Lügennetz spann. Vielleicht weil sie ihn fast gehabt hätte. Aber dann hatte sie auf den Boden geschaut, und dieser Blick hatte sie verraten.
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