Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
Wenn Kaia an etwas glaubte, glänzte ihr Selbstvertrauen wie ein heller Stern.
Niederlage gefiel es, dass sie ihr Spiel durchschaut hatten, und er schickte kleine Glücksfunken durch seine Blutbahn. Es war ein unvorhergesehener Sieg, aber dennoch so köstlich wie mit Ambrosia versetzter Wein. Und fast so köstlich wie Kaias Kuss.
Daran darfst du jetzt nicht denken.
Er konnte nicht anders. Heiliges Höllenfeuer, dieser Kuss … Die Frau war die Leidenschaft in Person und so sinnlich, dass er sie bis in alle Ewigkeit hätte küssen und streicheln können und trotzdem noch mehr gewollt hätte. Sie hatte die Zunge genau richtig bewegt, ihn mit den Fingernägeln genau richtig gekratzt und die Beine mehr als genau richtig um ihn geschlungen.
Sie hatte einfach … zu ihm gepasst. Perfekt zu seinem Körper gepasst. Jede Kurve, jede Vertiefung. Wie zwei zueinanderpassende Puzzleteile. Und das, obwohl sie beide noch angezogen gewesen waren! Falls er sie jemals ausziehen sollte, würde er … Nein. Nein, nein, nein. In diese Richtung durfte er gar nicht weiterdenken. Der Kuss war ein Fehler gewesen. Ein verdammt köstlicher Fehler, aber einer, der seiner Sache ernsthaft hätte schaden können.
Sie hatte seinen Verstand schon völlig eingelullt.
Und leider konnte er das diesmal nicht auf ihre Haut schieben. Denn das bisschen, das aus der Kleidung herausschaute,hatte sie mit Make-up abgedeckt, sodass sie wie ein Mensch aussah. Nein, nicht ganz. Sie sah nie wie ein Mensch aus, ganz gleich, was sie tat. Dazu waren ihre Gesichtszüge zu blendend, zu makellos.
Sie küsste auch nicht wie ein Mensch. Dazu war sie viel zu mutig, sinnlich und hingebungsvoll.
Zu sehr die Seine, hatte er mittendrin gedacht, als er ihr alles hatte geben wollen – so wie sie es verlangt hatte. Erst in dem Moment hatte er begriffen, wie verloren er war. Er hatte ihr Zusammensein einfach nur genossen und sich nicht künstlich bemüht, ihr Lust zu verschaffen. Er hatte einfach genommen, gegeben und noch etwas mehr genommen. Dabei gab es für ihn nichts Gefährlicheres. Er musste ihr mehr Lust verschaffen, als Paris es getan hatte, sonst würde er schrecklich leiden.
Sein Verlangen im Zaum zu halten war der schwierigste Kampf seines Lebens gewesen, aber er hatte es geschafft. Er hatte gewonnen. Und Niederlage hatte ihn dafür geliebt und dasselbe Glücksgefühl durch seinen Körper geschickt, das ihn in diesem Moment erfüllte. Was es umso schwerer gemacht hatte, sich zurückzuhalten und jede seiner Liebkosungen wohl zu dosieren.
Ganz verstand er es immer noch nicht. Erst hatte sie ihn gewollt, und er war bereit gewesen, ihr alles zu geben, sie auf den Gipfel der Lust zu tragen. Und dann hatte er plötzlich aufhören sollen. Er erkannte eine Herausforderung sofort, und „Ich glaube nicht, dass du aufhören kannst“ war hundertprozentig eine gewesen.
Was er aber immer noch nicht kapierte, war, warum sie es getan hatte.
Ist auch egal, dachte er. Was geschehen war, war geschehen, und es gab keinen Weg zurück. Er musste den Kuss vergessen und sich auf die bevorstehende Reise konzentrieren. Auf die Spiele, die Rute und den endgültigen Sieg. Er musste die Farbe vergessen, die ihr in die Wangen gestiegen war, den Atem, der scharf durch ihre Nase geflossen war, die Funken der Wut,die bei jedem seiner Worte in ihren Augen explodiert waren. Musste vergessen, dass sie umwerfend war, wenn die Gefühle in ihr tobten, dass sie wie ein Feuerwerkskörper zu leuchten anfing und er sich sehnlichst wünschte, sich an ihr zu verbrennen.
Kaia räusperte sich. „Strider“, setzte sie an.
Er hob abwehrend eine Hand. „Hör zu, es ist doch so: Du vertraust mir nicht, und ich vertraue dir nicht, aber wir werden trotzdem zusammenarbeiten. Deshalb wirst du mir von dem morgigen Kampf erzählen, und anschließend werden wir die Konkurrenz ausloten.“
Oder besser: sie würde sie ausloten. Er würde nach der Rute suchen. Sosehr er ihre Misere und ihren Schmerz auch verstand – es änderte nichts an den Tatsachen. Kein Artefakt, keine Büchse.
Und deshalb würde er die Rute auch finden und stehlen. Selbst auf Kosten von Kaias Stolz. Zwar würde er sich danach mit Sicherheit nicht mehr mögen – denn immerhin erforderte sein Sieg, dass er ihr Vertrauen missbrauchte –, aber nichts würde ihn von seinem Kurs abbringen.
„Verstanden?“, hakte er nach. Schon jetzt musste er das aufkeimende Schuldgefühl unterdrücken.
Eine unsichere Pause. Dann flüsterte sie:
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