Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
„Ja. In Ordnung. Wir arbeiten zusammen.“
„Gut.“ Er setzte ein neutrales Gesicht auf, drehte sich zu ihr herum und schaute ihr direkt in die Augen. „Und jetzt erzähl.“
8. KAPITEL
W illiam der Lustmolch stand im Wohnzimmer eines Hauses, in dem Menschen lebten. Er war ehrenhalber Herr der Unterwelt und ein Mann von solcher körperlicher Perfektion, dass er einst zum schönsten Unsterblichen aller Zeiten gekürt worden war. Gut, das lag vielleicht auch daran, dass er in diesem Wettbewerb der einzige Richter gewesen war. Na und? Er würde bei den Überbleibseln seiner Seele schwören, dass das Ergebnis nicht schon von vornherein festgestanden hatte …
Eigentlich hätte Strider der Wortbrecher bei ihm sein sollen. Ich scheine auf ihn abzufärben. Strider hatte es versprochen, aber stattdessen verbrachte der glückliche Mistkerl seine Zeit ausgerechnet mit der Harpyie, die William in seinen Träumen schon so oft verführt hatte.
William hatte schon mit Vampiren, Menschen, Hexen, Gestaltwandlerinnen und Göttinnen geschlafen, aber noch nie mit einer Harpyie. Er wollte mit einer Harpyie schlafen. Schnief, schmoll.
Wenn er hier fertig wäre, könnte er mit Strider ja ein kleines bisschen um Kaias Gunst wetteifern. Schließlich mochte der Krieger Wettkämpfe, und William gab doch so gerne. Immer dachte er zuerst an andere statt an sich.
Genau diese Gebernatur war auch der Grund, weshalb er hier war.
„Hier“ war ein durchschnittliches Wohnhaus mit durchschnittlich vielen Zimmern, die dringend einen Innenausstatter sehen mussten. Beigefarbene Möbel, beigefarbene Wände und beigefarbener Teppich, als hätten die Bewohner Angst vor Farbe. Ach ja, und halb leere Wodkaflaschen, die im Rauchabzug, hinter Büchern und sogar in Aussparungen in den Matratzen versteckt waren.
In diesem profanen, gefängnisähnlichen Alkoholikerparadies war seine kleine Gilly Gumdrop aufgewachsen.
Gilly. Alias Gillian Shaw. Mensch, braune Augen und sinnlicher, als gut für sie war. Mit ihren siebzehn Jahren hatte sie schon mehr Grauen und Schrecken kennengelernt, als die meisten Unsterblichen in einer ganzen Ewigkeit erfuhren. Und alles wegen der Bewohner dieses Hauses im Nirgendwo von Nebraska.
William hatte nicht viele Freunde, und genau deshalb kümmerte er sich rührend um die wenigen, die er hatte. Sicher, er mochte die Herren der Unterwelt ziemlich gerne. Es machte Spaß, sie zu quälen, und besonders unterhaltsam war es, dabei zuzusehen, wie sich einer nach dem anderen verliebte. Wie Fliegen, die Bekanntschaft mit dem Gitter einer Fliegenklatsche machten. Bestes Beispiel: Strider. Natürlich nur so lange, bis William dazwischenfunkte. Irgendwann unterläge Kaia mit Sicherheit seiner reizvollen List und vergäße den Hüter von Niederlage .
Allein dieses Unterhaltungsprogramm war den Preis für sein Ticket in ihre Budapester Burg wert. Um dort ein- und ausgehen zu können, erlaubte er Anya, der verdammten (Halb-) Göttin der Anarchie, ihn mit seinem wertvollsten Eigentum zu erpressen. Nachts lag er oft wach und malte sich verschiedene Szenarien aus, wie er dieses Eigentum zurückerlangen könnte. Es war ein verschlüsseltes Buch, in dem stand, wie er sich von den Flüchen befreien konnte, welche die Götter ihm auferlegt hatten. Aber darüber würde er jetzt nicht nachdenken.
Jetzt würde er nur an seine Gilly denken. Er hatte sie vor einigen Monaten kennengelernt, als die Frau des Hüters von Schmerz sie in die Burg gebracht hatte, und war sogleich hin und weg gewesen. Nicht in sexueller Hinsicht, dafür war sie noch viel zu jung – und das würde er sich, falls nötig, auch noch tausendmal sagen –, sondern auf ritterliche Art.
Sie hatte ihn angesehen und einen umwerfend attraktiven, unsterblichen Krieger erblickt, der ihrem Körper unsägliche Lust bereiten könnte. Natürlich. Das sahen alle in ihm. Zudem hatte sie einen unsterblichen Krieger erblickt, der ihre Drachen töten könnte.
Er wollte ihre Drachen töten. Und er würde es auch tun.
In den vergangenen Monaten war er nach verschiedenen Schlachten mehrmals verletzt in die Burg zurückgekehrt. Gilly hatte sich jedes Mal ganz zärtlich und süß um ihn gekümmert und dafür gesorgt, dass er anständig aß und sich im Bett ausruhte. Sie hatte keine Angst vor ihm. Sie lachte mit ihm, machte ihre Scherze mit ihm, und wenn er sie verärgerte, blieb sie und setzte sich mit ihm auseinander, statt davonzulaufen und sich vor seiner Wut zu verstecken.
Tief im
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