Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
gerast.
Wenn er sich erlaubte einzugreifen, würde er sich seinen Weg durch diese Frauen metzeln. Turnier beendet. Kein Erster Preis. Und falls er die Zweiadrige Rute nicht fände, müsste Kaia gewinnen. Außerdem würde er Kaia mit seinem Eingreifen erniedrigen. Aber andererseits waren ihm der Erste Preis und die Erniedrigung scheißegal.
War Kaia okay?
Ihr Körper war schlapp geworden, nachdem die anderen sie eine halbe Ewigkeit verprügelt hatten. Zum Glück hatten ihre Gegnerinnen irgendwann das Interesse an ihrer bewusstlosen Gestalt verloren und sich gegeneinander gewandt. Als Strider sie gesehen hatte, wäre er um ein Haar wieder von seinem Stuhl aufgesprungen. Ihr Gesicht war mit Blut bedeckt. Ihre Kleider waren zerrissen und genauso blutverschmiert. Ihre Hände waren geschwollen, ihr Brustkorb war regungslos.
Sabin straffte die Schultern und wischte sich das schmutzige Popcorn von den Schultern. „Sie wird schon wieder“, meinte er. „Sieh dir Bianka an. Sie ist zwar wütend, aber nicht panisch.“
Schon komisch, dass ausgerechnet der Hüter von Zweifel ihn zu beruhigen versuchte, aber Strider befolgte seinen Rat. Er sah zu Bianka hinüber. Sie ging unruhig auf der Tribüne auf und ab. Rings um sie hatten sich schon längst alle verzogen. Siestampfte so fest mit den Füßen auf, dass das Holz darunter vermutlich schon Risse hatte.
Er rieb sich mit der – zitternden! – Hand übers Gesicht. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder für eine gefühlte Ewigkeit auf Kaia. Sie musste von seinem Blut trinken. Sie sollte von seinem Blut trinken. Sie musste sich nur bewegen und die Sache zu Ende bringen.
Komm schon, Baby Doll. Du schaffst es.
Ihr Team konnte sich noch immer durchbeißen und gewinnen. Und selbst wenn nicht … Nein. Diesen Fall würde er gar nicht erst in Erwägung ziehen. Überraschenderweise war das Einzige, was zählte, Kaia. Sie hatte sich so gut geschlagen und mit einer Fertigkeit gekämpft, die ihn erregt hatte. Ja. Während er ihr zugesehen hatte, war Stridey-Monster ganz hart geworden. Und dann hatte die Harpyiengang sie k. o. geschlagen.
Was zur Hölle hatte sie getan, dass sie einen derartigen Hass auf sich zog?
Wenn sie das nächste Mal alleine wären, würde sie es ihm erzählen. Keine Lügen mehr. Ganz egal, wie sexy sie war, wenn sie log.
Dann, endlich, eine Regung. Sie zuckte. Jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an. Niemand bemerkte es, als sie die Augen öffnete. Er wusste genau, in welchem Moment sie wieder klar denken konnte, weil ihre weißen Zähne inmitten von lauter Rot zum Vorschein kamen. Doch verletzt, wie sie im Augenblick war, konnte sie sich an denjenigen, die sie so zugerichtet hatten, nicht rächen. Deshalb tat sie das einzig Vernünftige. Sie kroch zu Taliyah.
„Komm schon, Baby Doll“, murmelte er. Unbemerkt hatten sich seine Gedanken zu Worten geformt und schlüpften nun über seine Lippen. „Du schaffst es.“
Gewinnen. Schon lange bevor Kaia in den Ring getreten war, hatte Niederlage den Sieg eingefordert.
Ja, das wird sie. Götter, noch nie war er stolzer auf jemanden gewesen. Nicht einmal auf seine Freunde, die an seiner Seitegegen die Jäger gekämpft und ihm Rückendeckung gegeben hatten. Denn als sie k. o. gegangen waren, hatten sie sich nicht wieder berappelt. Im Gegensatz zu Kaia. Sie kämpfte weiter.
Kaia hob die Hand nur wenige Zentimeter und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Irgendjemand kreischte auf und eilte zu ihr, um sie von dem Wechsel abzuhalten. Doch da berührte sie die Hand ihrer Schwester, und die blonde Harpyie sprang voller Wut in den Ring.
Sekunden später ertönten schmerzerfüllte Schreie, eine Symphonie der Qual. Körper flogen durch die Luft – und standen nicht mehr auf. Bis eine keuchende, blutverschmierte Taliyah als Einzige im Ring stand. Sie wechselte Gwen ein, die einfach nur herumhüpfte und jede trat, die am Boden lag. Gwen wechselte Neeka ein, die das Spiel wiederholte. Neeka wechselte wieder Gwen ein, die somit ihre dritte Runde absolvierte.
Als Gwen fertig war, klatschte sie mit Kaia ab, die es irgendwie schaffte, ein paar Zentimeter nach vorn zu kriechen und einer der Darniederliegenden in den Magen zu treten. Doch anscheinend verschlimmerte die Aktion ihre ernsthaften inneren Verletzungen, denn sie verlor kurz das Bewusstsein.
„Komm schon, Kaia!“, brüllte Strider.
„Du schaffst es!“, schrie Sabin in sein Megafon, und Strider wünschte, er hätte auch eins.
Allmählich
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