Die Herren der Unterwelt Bd. 8 - Schwarze Niederlage
Wieso? Hast du einen Limerick erwartet?“
Nein. Sie hatte einen Vortrag und ein Auf Wiedersehen erwartet. „Wegen dem, was ich getan habe, haben die anderen mirden Namen ‚Kaia die Enttäuschung‘ gegeben.“ So. Jetzt wusste er alles. Jetzt wusste er, dass die Person, in die er sein Vertrauen setzte und an die er glaubte – irgendwie jedenfalls –, seine Erwartungen womöglich nicht erfüllen würde.
„Was hat es eigentlich mit den Harpyien und ihren Spitznamen auf sich?“, erkundigte er sich und überraschte sie einmal mehr.
Jedes Mal, wenn jemand sie Kaia die Enttäuschung nannte, starb sie innerlich ein bisschen mehr, aber Strider tat, als wäre das keine große Sache. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. „Ich an deiner Stelle würde mir über uns und unsere Spitznamen nicht den Kopf zerbrechen. Bisher haben wir dir ja noch keinen gegeben.“
In seinen Augen blitzte etwas Bedrohliches auf – und war im nächsten Moment wieder verschwunden. „Als ob es mich interessieren würde, wie ihr mich nennt.“ Trotz der kurzen Veränderung in seinem Blick blieb seine Stimme flach und neutral.
Er konnte so ein Arschloch sein. Wir werden ja noch sehen, ob es dir wirklich so egal ist, wenn wir dir erst einen hübschen Titel verpasst haben. „Nur zu deiner Info: Paris nennen wir den Sexorzisten.“
Striders Nasenflügel bebten, als er scharf einatmete. Eine Stille legte sich über sie, die so schwer war, dass sie allmählich ein schlechtes Gewissen bekam. Dann sagte er steif: „Du hast dir deine erste Bezahlung verdient.“ Er schraubte den Deckel von der Flasche, legte Kaia eine Hand in den Nacken und hob ihren Kopf sanft an. Im nächsten Moment berührte eine kalte Flüssigkeit ihre Lippen, und jegliche Schuldgefühle waren vergessen.
Sie schluckte gierig, und, Götter, mit jedem Tropfen schmeckte es besser. Als sie fertig war, zerdrückte Strider die leere Plastikflasche und warf sie über seine Schulter. Er strich Kaia über den Rücken und nahm die Hand schließlich weg. Betrübt zog sie eine Schnute, um sich davon abzuhalten, um mehr Hautkontakt zu betteln.
Er beugte sich zum Nachtschrank und nahm ein Stück des Hamburgers, den er in vier Teile geteilt hatte. Ihr Magen brannte und fing an zu knurren.
„Ich brauche dich wohl nicht zu fragen, ob du Hunger hast“, bemerkte er grinsend.
Me-ga-pein-lich, aber wenigstens hatte er diese gefühllose Haltung verloren und war nach wie vor entschlossen, mit ihr zu reden. Ein einziges Wunder. Sie würde sich nicht (noch einmal) beschweren.
„Wenn du hiervon was haben willst, musst du mir sagen, ob du ehrlich denkst, dass du die nächste Disziplin gewinnen kannst. Ganz zu schweigen von der übernächsten und überübernächsten. Denn nach dem letzten Wettkampf gefällt mir der Gedanke, die Rute zu stehlen, immer besser.“
In seiner Stimme schwang eine Spur Reue mit, und sie wusste, dass er die Zweiadrige Rute so oder so stehlen wollte. Falls er es könnte. Was sie allerdings nicht wusste, war, warum er sich in diesem Moment für ihre Meinung zu dem anstehenden Wettkampf interessierte.
Anscheinend hatte er die Frage in ihren Augen gelesen, denn er fügte schroff hinzu: „Ich will nicht, dass du noch einmal so verletzt wirst.“
In ihrer Brust erblühte ein Schmerz. Sie würde ihm antworten. Nicht wegen des Hamburgers, sondern wegen seiner Sorge. „Ich …“ Mist. Ganz ehrlich? Sie hatte schon gedacht, den ersten Wettkampf zu gewinnen. Hatte gedacht, das Wissen um die Rachegelüste ihrer Gegnerinnen würde ihr einen Vorteil verschaffen. Doch sie hatten sich auf sie geworfen, und Kaia war hilflos gewesen.
Beim nächsten Mal würden sie von Neuem auf sie und ihr Team losgehen. Daran führte kein Weg vorbei. Und sie könnte nicht mal über mangelnde Fairness lamentieren, weil sie im umgekehrten Fall mit jedem, der ihre Familie verletzt hätte, genau dasselbe getan hätte.
Familie. Das Wort hallte in ihrem Kopf wider, und sie musstean Taliyahs Zweifel denken. Ihr ganzes Leben lang hatte sie einfach nur bewundert werden wollen. Geliebt. Respektiert. Ihr ganzes Leben lang war sie von allen im Stich gelassen worden. Sie war tatsächlich Kaia die Enttäuschung.
„Tut mir leid, dass ich verloren habe“, flüsterte sie.
Seine Miene wurde weicher, und er streichelte ihr über die Stirn. „Du hast mich nicht enttäuscht. Bei diesen Gegnern hätte niemand einen Sieg aus dem Hut zaubern können.“
Tröstende Worte. Doch tief im Innern wusste
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