Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
das Essen aufgetragen und kühler Wein in hölzerne Becher gefüllt, und als der erste Hunger gestillt war, klangen bald die ersten Lieder auf: die rauen Stimmen der Männer und die klaren Melodien von Elben unter einem sternenklaren Himmel.
    »In dem Anblick der leuchtenden Sterne,
Wenn das Feuer im Lager entfacht,
Denken wir an die Heimat, die ferne,
Und ein Licht in der finsteren Nacht.«
    »Wenn hier unter klaren Sternen
Lieder in die Weiten klingen,
lasst uns singen, lasst uns träumen
von den fernen, wahren Dingen, von den unbekannten Räumen.«
    »Und wenn von der Heimat wir träumen,
Wo die Ströme ziehen entlang
An den Feldern und Wiesen und Bäumen,
Dann wird uns im Herzen so bang.«
    »Von den Zeiten, die einst waren,
lasst uns zu den neuen schreiten,
zu den ungenannten Jahren,
und bereiten, was wir bringen
fernhin zu den klaren Sternen.«
    »Höre, König der Wälder, wir klagen:
Unsere Heimat ist nicht mehr frei.
Nimm das Schwert aus den uralten Sagen,
Schlag die Bande des Dunkels entzwei.«
    Nur Talmond saß stumm und aß und trank und sang nicht mit. Sein Blick war finster.
    Dann trat ein weiterer Trupp von Elben aus der Dunkelheit herbei. Sie trugen eine glitzernde Fracht, doch es war kein Gold und Geschmeide. Waffen klirrten zu Boden, funkelnd im Fackellicht: Schwerter und Äxte, Bögen und Schilde von bester Schmiedekunst. Geschaffen waren sie in den Werkstätten des Elbenvolkes, doch entworfen für die gröberen Hände von Menschen.
    Talmond wischte sich das Bratenfett aus dem Bart, rülpste einmal vernehmlich und packte sich dann eine Axt. Er wog sie in der Hand und versenkte die Klinge dann probeweise im Erdboden.
    »Wozu das alles?«, fragte er laut, um dann seine eigene Frage zu beantworten, an keinen Bestimmten und alle zugleich gewandt: »Ihr wollt mich doch nur für Euren verrückten Plan gewinnen, den Krieg gegen die schwarze Feste zu tragen. Aber meine Männer und ich, wir lassen uns nicht kaufen, nicht wahr? Ich sage, wir geben das alles wieder zurück und sehn, dass wir allein zurechtkommen.«
    Er blickte in die Runde. Ringsum erhob sich Gemurmel; anscheinend waren die Gefolgsleute nicht unbedingt der Meinung ihres Anführers.
    Doch Talmond ließ sich nicht aufhalten: »Ich sage, es ist Wahnsinn. Wir sind nur ein Dutzend. Selbst wenn die Elben das Doppelte oder Dreifache davon zählen, ja, selbst wenn es fünfzig wären, was sollen wir gegen die Armee von Bolg-Kriegern ausrichten. Sie zählen zu Hunderten. Sie sind ausgebildete Soldaten, zum Töten abgerichtet. Ich sage, wir halten uns da hinaus, sofern uns unser Leben lieb ist.«
    Das Gemurmel ringsum war immer noch nicht verstummt, und schließlich war es eine der Frauen, die nicht mehr an sich halten konnte.
    »Und was ist das für ein Leben?« Ihre Stimme klang schrill. »Dreck und Hunger, sag ich. Wie sollen wir über den Winter kommen? Schon jetzt haben wir kaum noch etwas zu essen oder anzuziehn.«
    »Und wie soll das weitergehn?«, fragte einer der Männer. »Die Beute wird immer weniger.«
    »Und selbst das Wenige, das wir haben, verspielt Ihr in der Stadt – oder was immer Ihr damit anstellt«, fügte ein Dritter aus dem Schutze der Dunkelheit hinzu.
    »Ich sage«, meinte der erste Sprecher, »besser ruhmreich zu sterben als ehrlos zu leben!«
    »Und itzt«, fügte ein Vierter hinzu – es war der junge einarmige Bursche, der Wache gestanden hatte; seine helle Stimme verriet ihn –, »können wir mit den Elben ein Teil der Legende werden …«
    »Legende, pah!«, fauchte Talmond. »Ich sage euch: Leben ist das Einzige, was zählt. Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mann und nicht zum Helden geboren. Wenn ihr euch unbedingt umbringen wollt, sehet ihr zu.«
    »Aber ohne Euch geht es nicht, Talmond von Thurion«, sagte Aldo und wunderte sich selbst, woher er den Mut dazu nahm, in diese erbitterte Diskussion einzugreifen. »Von Euch allein hängt die Zukunft ab, die Zukunft der ganzen Mittelreiche …«
    »Ich scheiß auf die Zukunft!«, brüllte Talmond. Die Ereignisse des Tages – der fehlgeschlagene Hinterhalt, die Hilflosigkeit, der plötzliche Segen, der über sein Bergversteck hereingebrochen war, und die erst versteckte, dann offene Rebellion seiner Leute – hatten ihn immer mehr verunsichert; dies war nun der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Alle, selbst die Elben, sahen ihn erschrocken an; es war totenstill bis auf das Knistern der Fackeln und das Rauschen des Windes in den Bäumen.
    »Ach«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher