Die Herren der Zeit
die Wiederkehr des Hohen Elbenfürsten wartete. Selbst der Bolg sprach in kurzen, schroffen Sätzen von der Welt wie er sie kannte, in der die Schwarzen Legionen herrschten und die Macht der Dunkelheit alles überragte. Und Burin berichtete von Allathurion und ihren Abenteuern in den Tiefen von Zarakthrôr und wie sie schließlich zurückgelangt waren in die Vergangenheit.
»Ich habe eure Gegenwart gespürt«, sagte der Elbenfürst, »in dem Augenblick, als ihr in diese Zeit eintratet. Dann habe ich die Elben meines Volkes nach euch ausgesandt, um euch zu helfen und hierherzubringen.«
»Du hast es gewusst, nicht wahr?«, sagte Burin, an Gilfalas gewandt. »Das war’s, was Galdor dir im Wald erzählt hat. Aber du hast es mir nicht gesagt.«
»Ich habe es geahnt, zumindest einen Teil davon. Aber ich wollte Herrn Talmond die Überraschung nicht verderben.«
Talmond runzelte die Stirn. »Was sind diese Ringe der Macht?«
»Sie sind ein Teil jenes großen Gefüges«, erklärte der Hohe Elbenfürst, »das die Welt im Innersten zusammenhält. Sie dürften in dieser Zeit noch nicht existieren, und ohne den Einen haben sie keine Gewalt; sie sind nur ein Zeichen für das, was sein wird. Und darum beunruhigt es mich umso mehr, dass als Einzige Ithúriël nicht unter euch weilt; denn sie …«
»Ich verstehe!«, rief Aldo. »Sie bewahrt Euren Ring!« Alle sahen ihn plötzlich an, und er wurde puterrot. »Ich habe sie damit gesehen«, erklärte er, »an dem Teich im Verborgenen Tal, und sie hat mir damit das Elderland gezeigt, wie es einmal war … oder wie es sein wird.«
Der Elbenfürst hob seine Hände, und sie alle sahen, dass sie schmucklos waren.
»Sie sollte ihn mir überbringen«, sprach er. »So war der Plan. Doch nun mag Alles und Jenes geschehen. Ich misstraue diesem Schamanen, diesem Gwrgi Niemandssohn. Er ist im Plan des Göttlichen Paares nicht vorgesehen, und keiner weiß, was sein Eingreifen bewirken kann – im Guten wie im Bösen.«
Gilfalas konnte es immer noch nicht fassen. »Meine Schwester – Bewahrerin des Einen Ringes. Aber warum hat sie mir nie etwas davon gesagt? Oder du?«, meinte er, an Aldo gewandt.
»Sie wollten dir eben die Überraschung nicht verderben«, brummte Burin.
Aldo stand auf. Er hatte das Gefühl, dass er vielleicht etwas gesagt hatte, was ein Geheimnis hätte bleiben sollen. Auf der anderen Seite war er sich jedoch keiner Schuld bewusst; niemand hatte ihn zur Geheimhaltung verpflichtet, und der Hohe Elbenfürst selbst hatte ihn mit keinem Wort zurechtgewiesen.
Er hatte dennoch ein seltsames Gefühl bei der ganzen Sache. Irgendetwas war da noch, das ihnen allen entging, der Schlussstein zu diesem rätselhaften Mosaik. Aber ich bin auch nur ein kleiner Ffolksmann, dachte er, viel zu unbedeutend für solche Diskussionen über das Schicksal der Welt.
»Ich bin müde«, erklärte er. »Ich glaube, ich sollte mich jetzt schlafen legen.«
Gorbaz, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, stand ebenfalls auf. »Ich komme mit.«
Gemeinsam gingen sie im matter werdenden Fackelschein und unter dem Licht der Sterne zum Rand des Talkessels, um sich unter den Bäumen ein Lager zu suchen. Zum Glück hatten sie Decken, die aus dem Bestand der Elben stammten, so dass es nicht so kalt werden würde. Sie suchten sich eine Stelle, wo die gefallenen Nadeln ein weiches Kissen bildeten, und legten sich dort nieder.
»Dieses ganze Gerede über Vergangenheit und Zukunft ist zu hoch für einen kleinen Ffolksmann wie mich«, meinte er schließlich, nur um etwas zu sagen.
Gorbaz schwieg. Er war überhaupt, wie Aldo feststellte, die letzte Zeit ziemlich schweigsam gewesen. Doch die Reaktion des Bolg, als sie schließlich kam, war anders, als Aldo sie erwartet hatte.
»Haben Bolgs eine Zukunft?«, fragte Gorbaz.
Aldo wusste nicht, was er sagen sollte. »Nun, ich fürchte, die Zukunft sieht für Bolg eher düster aus, so oder so«, sagte er. »Wie meinst du das?«
»Ich muss darüber nachdenken«, sagte Gorbaz.
Während Aldo zu den schwarzen Wipfeln der Bäume hinaufstarrte, die sich vor dem klaren Sternenhimmel hin und her bewegten, fragte er sich, was wohl in dem Gehirn des Bolg vor sich gehen mochte. Er spürte, dass sein Freund noch wach war und sich über irgendetwas Sorgen machte. Aber irgendwann lullte ihn das Rauschen in den Fichten doch ein.
Und wieder hatte Aldo einen Traum.
Aber es war nicht so wie damals, als er durch das graue, neblige Land aus Stein gegangen war. Diesmal verließ er
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