Die Herren der Zeit
und Hosen waren aus feinstem Leinen und die Stiefel aus bestem Leder. Gold glänzte an Saum und Handgelenken. Das Schwert, das in einer langen, silbergefassten Lederscheide an seinem Gürtel hing, war von einfacher Arbeit; ein einzelnes Juwel blinkte am Knauf. Erst wenn man es näher in Augenschein nahm – doch wer hätte das an einem solchen Abend tun wollen –, sah man, dass es eine vollkommen ausgewogene Waffe war, ein Meisterwerk der Schmiedekunst, bis ins letzte Detail.
Der Begleiter des Mannes war klein und kräftig. Sehr klein und sehr kräftig. Über einem ledernen Untergewand trug er ein Kettenhemd von so feiner Arbeit, dass es beim Gehen kaum ein Klingeln von sich gab; es glänzte golden im Abendlicht. Es spannte sich über einem voluminösen Bauch. Mächtige Muskeln prangten an Brustkorb, Armen und Beinen. Den Kopf bedeckte ein fein ziselierter Helm, unter dem das rote Haupthaar und der gelockte Bart hervorstachen, der ihm bis auf die Brust fiel. An seiner Seite hing in einem ledernen Futteral eine schwere Streitaxt mit einer Doppelklinge. Trotz seiner kurzen Beine hielt der Zwerg mühelos mit dem größeren Menschen Schritt.
Vor ihnen löschte der aufragende Schatten des großen Museumsgebäudes die letzten Sterne aus.
»Fast wie damals, Bubu«, meinte der Mann zu dem Zwerg. »Man könnte glauben, es hätte sich nichts verändert.«
Der Kleinere sah kritisch zu ihm auf. »Nur dass du noch was fetziger gekleidet bist«, merkte er an. »Und an Gewicht hast du auch zugelegt.«
Der andere grinste. »Das sagst gerade du. Wer hat denn hier eine Ffolksfrau geehelicht, damit sie ihn mästen kann?«
Ehe der Zwerg noch etwas erwidern konnte, wurde die Tür bereits weit aufgestoßen. Licht fiel heraus. Vor ihnen stand eine kleine, dralle Person, die die beiden mit einem Lächeln empfing.
»Willkommen, Kaiserliche Majestät. Und auch willkommen, Meister Burorin, Balorins Sohn aus dem Hause Bregorin.«
»Marina!« Der hochgewachsene Mann nahm sie in die Arme und drückte sie an sich, dass sich ihre kleinen Füße vom Boden lösten. »Du weißt doch, für dich werde ich immer nur Fabian sein.«
»Und was ist mit mir?«, grollte Burorin. »So lange habe ich dich jetzt schon nicht mehr gesehen!«
Marina löste sich aus Fabians Umarmung. »Ach, Bubu«, sagte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Was sind denn schon zwei Tage?«
»Eine Ewigkeit!«, behauptete er.
»Du hast mich doch jeden Tag«, wies sie ihn zurecht. »Und jede Nacht«, fügte sie flüsternd hinzu, sodass nur er es hören konnte.
»Was ist mit den anderen?«, fragte Fabian. »Sind sie schon da?«
Marina lächelte. »Seht selbst!«
In diesem Augenblick wurde im Inneren des Hauses eine Tür aufgerissen, und Herr Kimberon Veit, Kustos des Ffolksmuseums und Mitglied des Rates von Elderland, erschien auf der Schwelle. Er trug einen weinroten Hausmantel, wie es Sitte ist, wenn ein Ffolksmann Gäste in seiner eigenen guten Stube empfängt. Seine Ohrspitzen hatten sich, wie immer, wenn er überglücklich war, leicht gerötet, sein sandbraunes Haar war ein wenig wirr, und seine blauen Augen strahlten.
»Kommt herein! Ihr seid fast schon die Letzten!«
Arandur Elohim, der Hohe Elbenfürst, erhob sich bei ihrem Eintreten. Seine Präsenz beherrschte, wie überall, wo er war, den ganzen Raum.
»Willkommen«, sprach er. »Der Segen des Herrn und der Herrin sei mit euch.«
Bei ihm waren ein Elbe, ganz in Grau und Silber gekleidet, und eine Elbenmaid. Sie trug ein helles, fließendes Gewand, und ein Diadem funkelte auf ihrer Stirn.
»Gilfalas!«, rief Fabian aus, und dann, mit einer Verbeugung: »Prinzessin Ithúriël, es ist mir eine Ehre.«
»Oh«, sagte Kim, »ich wusste gar nicht, dass ihr euch kennt.«
»Die Prinzessin war bei meiner Krönung zugegen«, erklärte Fabian. »Du im Übrigen nicht. Ich habe dich vermisst. Warum bist du nicht gekommen?«
»Oh«, sagte Kim, »ich dachte mir, bei diesen vielen Feierlichkeiten wäre ich mir doch überflüssig vorgekommen. Ich halte mich lieber aus solchen Sachen raus.«
Fabian runzelte die Stirn. Ein Schatten schien über sein Gesicht zu gleiten, doch nur ganz kurz. »Aber ich habe dir doch ausdrücklich noch geschrieben, dass ich ohne deine Hilfe diese langweiligen Zeremonien nie durchstehen würde.«
»Oh«, sagte Kim zum dritten Mal und kam sich dabei ziemlich blöde vor, »das war es also. Es war leider auf dem Brief nicht mehr zu lesen. Aber du hast es ja überlebt. Glaub mir, es
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