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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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hier unabkömmlich. Auch wenn der Feind vertrieben ist, die Gefahr einer Hungersnot ist noch nicht gebannt. Erst wenn die erste Saat ausgebracht ist und Früchte trägt, können wir wieder aufatmen. Noch sind wir auf die Hilfsgüter angewiesen, die aus dem Imperium zu uns kommen, und irgendjemand muss sie verteilen. Und ob Wahl oder nicht«, fügte er mit einem Blick auf Frau Metaluna hinzu, »in der augenblicklichen Lage brauchen sie jemanden wie mich an der Spitze der Stadtverwaltung, um wieder Ordnung zu schaffen. Außerdem …« Er stockte.
    »Außerdem?«, fragte Frau Meta, die immer eine gute Geschichte witterte, die sich weitererzählen ließ, und auch Kim, der in der Beziehung ein typischer Ffolksmann war, spürte, dass noch mehr hinter dieser plötzlichen Bescheidenheit steckte. »War da noch was?«
    »Nun ja«, druckste der Kaufherr herum, und die Röte, die sein Gesicht überzog, war nicht allein aus der Verlegenheit geboren, »weißt du, Kim, nachdem mein Sohn Carolus eine solche Enttäuschung für mich war …«
    »Carolus?«
    »Ja, Karlo! Du kennst ihn doch. Jedenfalls … ich hatte immer auf einen weiteren Stammhalter gehofft, und jetzt, nun ja, wir hatten es nie wieder zu hoffen gewagt, aber meine Frau erwartet ein Baby. Wenn es ein Junge wird, will ich ihn Alexis nennen. Und falls es ein Mädchen werden sollte, na ja, schau’n wir mal.«
    »Das sind ja gute Nachrichten!« Kim drückte ihm die Hand, und auch Frau Meta beeilte sich, einzustimmen: »Meinen herzlichen Glückwunsch!«, tönte sie, wobei ihre Augen funkelten bei dem Gedanken, was sie morgen auf dem Markt wieder alles zu erzählen haben würde. »Aber jetzt solltest du eilen, Marti. Eine werdende Mutter lässt man nicht lange allein.«
    Und so wurde der schwangere Vater, ehe er sich versah, aus der Tür des Hauses herauskomplimentiert. Im Gehen wandte er sich noch einmal um.
    »Du willst es dir nicht doch noch einmal anders überlegen, Kim?«
    Kim hob die Schultern. »Die Zeit reicht ohnehin kaum aus. Ich würde allein zwei Tage strammen Fußmarsch brauchen, selbst über die Straße, bis ich den ersten Vorposten der Imperialen Legionen in den Sümpfen erreichen könnte. Und ob ich da sogleich eine Eskorte oder gar einen Wagen nach Magna Aureolis bekommen würde, wer weiß?«
    »Ich würde dir ja gerne ein Pony zur Verfügung stellen – auf Kosten des Rates, versteht sich –, aber meine ganzen Ponys haben die Bolgs gefressen, als sie Aldswick verwüsteten. Nichts davon ist geblieben.«
    »Nicht einmal ein Esel?«
    »Wir hatten früher einmal Esel in der Familie, aber das ist lange her …«, begann der Handelsherr, als das wiehernde Lachen Frau Metalunas ihn mitten im Satz unterbrach. Natürlich hatte sie hinter der Tür gelauscht, und jetzt konnte sie nicht mehr an sich halten.
    »Nicht nur früher, Marti, nicht nur früher …«
    »Und bei Eurer Zugehfrau, verehrter Kustos«, schnaubte Gevatter Kreuchauff, ehe er sich endgültig zum Gehen wandte, »war es bestimmt ein Pferd.«
    Kim schaffte es noch, die Tür hinter sich ins Schloss zu ziehen, ehe auch er das Lachen nicht mehr zurückhalten konnte.
    »Er kann ja nichts dafür, unser guter Bürgermeister in spe «, sagte er schließlich, während er sich die Tränen aus den Augen wischte. »Aber dass er seinen Sohn ausgerechnet nach dem großen Kaiser Carolus taufen musste …«
    »Sagt mir nichts gegen den guten Karlo«, wies ihn Frau Metaluna zurecht. »Er mag zwar als ein tumber Klotz erscheinen, doch er ist sehr begabt in allem, was er mit den Händen tun kann. Nur reden kann er nicht – oder mit Zahlen umgehen. Aber Marti wollte unbedingt einen Kaufherrn aus ihm machen.«
    Langsam verstand Kim. »Das ist schade, wenn Väter nicht einsehen, dass ihre Kinder nicht so sein können wie sie.«
    »Inzwischen hat er es eingesehen. Karlo arbeitet jetzt als Knecht bei Ohm Hinner im Zwickel. Der alte Ohm hat ein Bein im Krieg verloren, darum kann er nicht mehr arbeiten. Außerdem ist er inzwischen völlig taub, so macht es ihm nichts aus, dass Karlo wenig redet. Und arbeiten, das kann Karlo. Vielleicht vermacht Ohm Hinner ihm eines Tages sogar den Hof; wer weiß?«
    Kim lächelte. »So fügt sich alles zum Guten«, sagte er. »Nur der kleine Alexis tut mir jetzt schon leid.«
    Dann ging er hinein in sein Kaminzimmer, um allein mit seinen Gedanken noch ein letztes Pfeifchen zu rauchen.
    Und so ging der Winter dahin, und der Frühling brach an. Am ersten Tag des Monats Maien, den man auch den

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