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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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unbemerkt. »Nur wer die bösen Träume in diese Hallen bringt, ist ein Diener der Schatten. Denn hier ist der Ort, wo ein Traum mehr Macht hat als tausend Wirklichkeiten.«
    »Steckt eure Schwerter weg«, gebot Gilfalas. »Oder wir alle werden aus diesem Traum nie mehr erwachen.«
    Die beiden Streiter ließen ihre Waffen sinken. Einen Augenblick lang herrschte Stille.
    »Kann mir einmal jemand sagen, was hier eigentlich los ist?« Kim konnte nicht länger an sich halten. Das ganze Gerede von Träumen und Wirklichkeiten war ihm nicht nur ein wenig zu hoch, sondern ging ihm inzwischen gehörig auf die Nerven. »In was für einem Wahnsinn sind wir hier gefangen? Ich bekam eine Einladung, an den Rat von Elderland, zur Krönungsfeier nach Magna Aureolis zu kommen. Und jetzt finde ich Fabian als einen Waldläufer, der sich Gefechte mit den Bolgs liefert, und dich, Gilfalas, als einen König im Exil … und was ist mit Burin? Und Marina? Und was, um des allmächtigen Vaters und der heiligen Mutter willen, ist aus Elderland geworden?«
    Gilfalas sah ihn lange und mitleidig an.
    »Es gibt kein Elderland«, sagte er. »Nicht in dieser Welt, in der wir hier leben. Hier herrscht seit tausend Jahren das Dunkle Imperium des Schattenfürsten. Azanthul der Schreckliche ist Kaiser der Mittelreiche, und seine schwarzen Legionen üben eine Herrschaft der Gewalt aus. Talariël, der Wald der Elben, ging in Flammen auf, und mein Vater, König Inglorion, mit ihm. Von den Zwergen haben wir seit Jahrhunderten nichts mehr gehört; sie haben sich verkrochen in die tiefen Hallen, oder es gibt sie nicht mehr. Der Hohe Elbenfürst, der dieses Tal hier schuf, ist in den Nebeln der Geschichte verschwunden. Selbst das Göttliche Paar hat das Antlitz von uns abgewandt.
    Nur ein Häuflein Elben, im Verein mit den Letzten des Hohen Volkes der Menschen, bewahrt in diesen dunklen Tagen die Flamme des Lichts. Wir sind nur wenige; wir können den offenen Kampf mit den Mächten der Finsternis nicht wagen. Und wir wissen, dass wir einen vergeblichen Streit kämpfen, den wir nicht gewinnen können, aber wir werden trotzdem nicht aufgeben.
    So dachte ich – bis du kamst und den siebenten Ring in Kraft setztest. Denn in diesem Augenblick erinnerte ich mich an viele Dinge, die niemals gewesen waren. Und seitdem weiß ich, dass es eine Welt gibt jenseits dieser Welt und eine Hoffnung, dass nicht alles, was wir getan haben, vergebens gewesen ist.
    Wir haben auf dich gewartet, Kim.«
    Er schwieg.
    Kim drehte sich der Kopf. Vieles, das ihm bislang rätselhaft erschienen war, ergab im Lichte dieser Erklärung einen schrecklichen Sinn: das schwarze Fort in den Sümpfen, die Äußerungen von Gorbaz, Fabians seltsames Verhalten … aber wenn er die Weiterungen bedachte, dann war dies zu viel, als dass sein Geist es überschauen und fassen könnte.
    Aldo brach in Tränen aus. »Sagt, dass es nicht wahr ist, Herr Kimberon! Meine Mutter, mein Vater, meine ganze Familie, das ganze Ffolk – alle ausgelöscht? Wieso sind wir dann hier? Es kann alles nicht wahr sein! Gehen wir zurück, gehen wir sie suchen …« Seine Worte verebbten in einem Schluchzen.
    »Ich fürchte, es ist wahr«, sagte Kim leise. »Wir – das Ffolk – wurden nur geschaffen als Wächter, um jenen alten, blutdurchtränkten Boden zu hüten, wo einst die Feste der Finsternis stand – ein Ort mit zu viel Macht und Magie, als dass er Stärkere als uns nicht in Versuchung geführt hätte. Darum gehören wir zu keiner anderen Rasse, weder zu den Elben noch zu den Zwergen, noch zu den Menschen. Doch wenn die dunkle Macht nie besiegt wurde, dann konnte es auch das Ffolk niemals geben.«
    Aber warum , fuhr er in Gedanken fort, sind wir dann hier?
    Er blickte in die Runde, und bei allen Umstehenden sah er plötzlich einen Funken in den Augen glimmen, der vorher nicht da gewesen war – selbst bei Galdor, dem Anführer der Elbenwachen, der ihm zuvor mit solchem Misstrauen begegnet war. Ganz schien es immer noch nicht besiegt.
    »Und was sollen wir jetzt tun?«, brachte Galdor die Sache auf den Punkt.
    Kim seufzte. »Ich weiß es nicht.« Sein Blick fiel auf Ithúriël; sie lächelte, und unwillkürlich erwiderte er ihr Lächeln. »Herrin«, sagte er, »Ihr seid schön und klug und weise. Vielleicht könnt Ihr mir raten, was ich tun soll.«
    Ithúriël lachte, ein silberhelles Lachen.
    »Dies ist ein Kompliment, wie ich es selbst von den Elbenbarden selten höre, die Meister der Komplimente sind. Du wirst

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