Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
vorbeigedrängt und stapfte über das knirschende Eis am Rande des Teiches in Richtung der Felswand.
    Von der Straße aus hatte es ausgesehen, als trete der Felsbach, der den kleinen Teich zu anderen Jahreszeiten speiste, unmittelbar aus dem Geröll am Fuße des Felsens hervor. Doch im Näherkommen verschob sich die Sicht. Plötzlich war da, wo sich dem Auge zuvor schierer Fels dargeboten hatte, ein Durchgang. Es war nicht die Täuschung der Sinne, wie sie dem elbischen Zauber zu Grunde lag, vielmehr war es eine Kunst, die auf der Ausnutzung der natürlichen Struktur der Umgebung beruhte.
    »Zwergenwerk«, sagte Gilfalas.
    In der Tat, der Eingang war zu regelmäßig beschaffen, um natürlichen Ursprungs zu sein. Zu gerade und scharf waren die Kanten, zu glatt die Mauern des Stollens, der in die Tiefe führte. Und über dem Scheitel des Türbogens prangte ein eingehauenes Zeichen, wie ein Pfeil mit doppelter Spitze.
    »Was bedeutet das?«, fragte Aldo.
    »Das ist eine Zwergenglyphe«, klärte ihn Gilfalas auf. »Doch was sie bedeutet, kann dir nur Burin sagen.«
    »Es ist das Zeichen Fregorins«, knurrte Burin, »des Herrn von Zarakthrôr.«
    »Gehen wir dorthin?«, fragte Gorbaz, der allmählich ungeduldig wurde.
    »Fregorin ist seit langem tot«, klärte ihn Aldo auf. »Er sitzt auf seinem Thron in der Gewölbten Halle, zu Stein verwandelt, wie es allen Zwergen früher oder später ergeht«, fügte er mir einem Seitenblick auf Burin hinzu. »Das jedenfalls erzählt man sich im Elderland.«
    Burin schwieg.
    Sie waren bei diesem Wortwechsel allmählich in den Gang hineingetreten, der sich vor ihnen aufgetan hatte. Er war hoch genug, dass selbst Gorbaz ohne Schwierigkeiten aufrecht stehen, und so bereit, dass man zu zweit nebeneinander gehen konnte. Der Gang erstreckte sich, soweit man etwas erkennen konnte, schnurgerade in die Tiefen des Berges.
    »Ich weiß nicht, was uns erwartet«, ergriff Burin schließlich das Wort. »Ich weiß nur, dass dies der einzige Weg ist, der uns einer Lösung des Rätsels näher bringt. Darum müssen wir ihn gehen.«
    Ein Geräusch ließ sie aufschrecken. Es klang, als mahle Stein auf Stein. Der Gang verdunkelte sich. Sie blickten zurück und sahen, wie sich der Eingang hinter ihnen schloss. Es ging alles so schnell, dass keiner ein Wort sagen, geschweige denn ein Glied rühren konnte. Sie standen nur da und sahen zu, wie ihnen der einzige Rückweg, der ihnen offen gestanden hatte, wie von einer Naturgewalt versperrt wurde.
    »Und es scheint«, fuhr Burin in der Düsternis fort, »als hätten wir gar keine andere Wahl.«

K APITEL VI
DIE MAUERN DER FINSTERNIS
    Der Schmerz war so gewaltig, dass er Kim in Wellen überlief, als sei das Bewusstsein zu begrenzt, um ihn vollends zu erfassen. Doch schlimmer noch als der Schmerz war die Stimme, die ihn aus der Dunkelheit rief:
    »Komm zu mir!«
    Er konnte dem Zwang dieser Stimme nicht widerstehen. Aber er konnte auch die Faust nicht öffnen, die immer noch den Zipfel eines Mantels umklammert hielt. Er war hin und her gerissen zwischen einer unwiderstehlichen Kraft und einem unbeweglichen Objekt. Und der Schmerz in seinem Kopf war so groß, dass er nicht einmal darüber nachdenken, geschweige denn handeln konnte.
    Dann explodierte alles in seinem Kopf, und er schlug aus niedriger Höhe auf einen harten Steinboden auf, wurde über das Pflaster geschleudert und blieb schließlich wimmernd in einem Winkel liegen.
    Alles drehte sich um ihn, aber der Wirbel war zum Stillstand gekommen; es war nur die Nachwirkung der rasenden Fahrt. Er schmeckte Blut im Mund, und auch der Kopf tat ihm weh. Es tat ihm eigentlich alles weh. Seine Hand hielt immer noch etwas umklammert, und er zog es an sich. Wie von tausend Nadelstichen brannte es in seinem Arm; der Schmerz pflanzte sich fort über Brust und Beine. Er stöhnte und konnte es nicht fassen.
    Was er in seiner Hand hielt, war ein Fetzen eines grünen Mantels.
    »F-Fabian?«
    Jemand kam herangekrochen, ein großer Schatten, der sich als die Gestalt seines Freundes entpuppte. »Du bist wach?«
    Ich habe überhaupt nicht geschlafen , wollte Kim erwidern. Stattdessen fragte er: »Wo sind wir?«
    »Ich habe keine Ahnung«, meinte Fabian. »Nur eines weiß ich mit Sicherheit: In Thurion sind wir nicht.«
    »Sind wir in der Untererde?«
    »Nicht so laut!«, zischte Fabian anstelle einer Antwort. »Man könnte uns hören.«
    Langsam klärte sich Kims Sichtfeld. Sein Blick fiel auf einen Boden aus Stein, fest gefügt

Weitere Kostenlose Bücher