Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
Vom Netzwerk:
nicht begriffen. Der andere, der hier wartete, nannte den, mit dem wir gekommen sind, Vater …«
    Fabian ging ein paar Schritte unruhig auf und ab. »Ich weiß«, sagte er. »Das habe ich verstanden. Und ich kenne diese Stimme. Ich habe sie gehört, auf dem Schlachtfeld von Elderland. Das war Azanthul, der Heerführer der Dunkelelben.«
    »Dann war der aus der Bibliothek …«
    »… Azrathoth, sein Vater, der Schattenfürst.«
    Kim fühlte sich plötzlich unendlich müde. Seine rechte Hand brannte wie Feuer.
    »Aber ich dachte, der sei lange tot.«
    »Das ist er auch, selbst in dieser Welt. Auch die Elben leben nicht ewig, zumindest nicht in den Mittelreichen. Er galt als der mächtigste Magier der Welt, doch es heißt, sein Zauber habe ihn geschwächt, sodass er schließlich dahinsiechte. Andere sagen, sein eigener Sohn, Azanthul, habe ihn getötet.« Fabian hatte sein zielloses Auf-und-Ab-Gehen wieder aufgenommen. »Jedenfalls dürfte er nicht hier sein. Er dürfte nicht mehr existieren, verstehst du?«
    Kim seufzte. »Ich weiß nicht mehr, was nicht sein kann oder nicht sein darf«, sagte er. »Aber eines weiß ich, und das ist noch viel schlimmer: Er hat einen Ring.«
    »Was?«
    »Ja«, sagte Kim. »Einen Ring der Macht. Ich habe ihn gesehen. Und schau, das hat er mit mir gemacht.«
    Er hob seine rechte Hand. Sie war rot, und die Finger waren so dick, dass er sie kaum bewegen konnte. Sein eigener Ring, der Ring des Kustos, wurde von dem angeschwollenen Fleisch so fest umschlossen, dass er sich nicht mehr abziehen ließ.
    »Es wird langsam besser«, fuhr er fort. »Aber ich glaube, es muss ihm ähnlich ergangen sein. Dem Schattenfürsten, meine ich. Vermutlich ist er darum gar nicht erst auf den Gedanken gekommen, nach uns zu suchen. Er war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.«
    Fabian hob die Hand, an der sein eigener Ring steckte, Silber mit grünem Stein. »Ich merke nichts«, meinte er verwundert. »Wieso hat er nur auf dich eine solche Wirkung und nicht auf mich.« Es klang fast ein wenig gekränkt, auch wenn Kim wusste, dass es nicht so gemeint war.
    »Er hat einen Ring«, wiederholte er. »Ich habe ihn gesehen. «
    »Ich zweifle ja gar nicht daran«, sagte Fabian. »Aber welcher Ring sollte es sein. Den Siebenten trägst du. Von den Drei wissen wir. Die Zwei sind an der Hand der Zwergenmeister, so will es die Legende, und es sind Wächterringe, deren Macht es ist zu öffnen und zu schließen, zu binden und zu lösen – aber nicht mehr. Der Eine Ring des Hohen Elbenfürsten?« Ein Schauder überlief ihn. »Der gilt seit vielen Jahren als verschollen.«
    »Der Eine Ring ist in Sicherheit, glaub mir«, entgegnete Kim. »Ich habe ihn selbst gesehen.«
    Fabian sah ihn scharf an, sagte aber nichts. Offensichtlich war sein Freund nicht willens oder imstande, mehr darüber zu erzählen.
    »Aber welcher ist es dann?«
    »Der achte Ring?«, meinte Kim. »Der, von dem der Spruch in Magister Queribus’ Bibliothek handelte? Der Ring, den es nie gegeben hat?«
    Er rutschte von der Kante des Podiums herab und stand auf. »Wir können hier nicht bleiben«, erklärte er. »Jeden Augenblick kann jemand kommen, und was dann? Vielleicht finden wir draußen die Lösung dieses Rätsels.«
    Fabian zuckte die Achseln. »Und wenn nicht«, meinte er »dann gibt es schließlich noch Izrathôr. Dieses Schwert war immer schon gut gegen Dunkelelben.«
    Ein Rest des bläulichen Schimmers lag noch über dem Podium, auf dem Kim gesessen hatte. Es gab keinen Altar dort, wie er feststellte, nur eine erhöhe kreisrunde Fläche, die von einer Nische eingefasst wurde. In die Oberfläche waren Zeichnungen eingeritzt, die sich in die Höhe fortsetzten und an der Decke, wo sich die Rippen des Gewölbes in einem Schlussstein trafen, ihre Entsprechung fanden. Von der Neugierde des Forschers erfüllt, strich Kim mit der Hand über das Podium. Dort, wo seine Finger es berührten, glomm das blaue Leuchten aus der Tiefe in den Ritzen und Markierungen auf.
    Und plötzlich wusste er, woran ihn die Zeichnung erinnerte. Während seiner Studien hatte er einmal ein Buch über Astronomie in die Hand bekommen, das berühmte Liber Astrolabicum des Magisters Jordanus Clavis, es aber bald wieder beiseitegelegt. Da war die Rede gewesen von homo- und heterozentrischen Sphären, von Epizyklen und Deferenten und Zyklen innerhalb von Epizyklen, deren Gesamtbewegung sich, abhängig vom Maß der Exzenter und Äquanten, addierte, das Ganze verschlüsselt in

Weitere Kostenlose Bücher