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Die Herren der Zeit

Die Herren der Zeit

Titel: Die Herren der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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zwischen Fabians Brauen. »Dies ist mein Land«, sagte er scharf. »Ich bin –« … der König , hatte er sagen wollen, aber seine Zunge stockte. Trotzdem hatte er in diesem Augenblick etwas an sich, das die anderen zu ihm aufblicken ließ, fast, als sei er wirklich von einer höheren Macht zu ihrer Rettung gesandt worden. Der Ring an seiner Faust glänzte im Sonnenlicht.
    Doch der Moment verflüchtigte sich rasch. »Ich bringe euch von hier fort«, fuhr Fabian fort. »Es muss doch einen Weg nach draußen geben.«
    Der Alte lachte bitter, ein Lachen, das in einem Husten endete. »Nur die Toten kommen von hier fort.« Sein Blick wandelte sich; Misstrauen kam darin auf. »Ich glaube, du bist ein Aufrührer. Ein Rebell.« Seine Stimme brach. »Wachen!«, krächzte er. »Wachen!«
    »Shagronk!«
    Eine Peitschenschnur zuckte über Fabians Schulter und hinterließ eine rote Strieme im Gesicht des Alten. »Skâsh!«
    Ein Bolg-Aufseher war unbemerkt herangetreten. »Nein, Fabian!«, rief Kim. Aber Fabian war schon herumgefahren, und ehe der Aufseher seine Peitsche zu einem neuen Schlag heben konnte, hatte der Prinz die Peitschenschnur gepackt und den Bolg zu sich herangezogen.
    »Fabian!«, beschwor Kim seinen Freund. »Es hat keinen Zweck. Sie werden es an den Sklaven auslassen, wenn du ihm was tust.«
    Fabians Augen bohrten sich in die des Bolg, und es war der Bolg, der seinen Blick als Erster abwandte. Fabian ließ die Schnur los. Der Bolg knurrte unwillig, dann ließ er die Peitsche klatschen, aber ohne jemanden zu treffen.
    »Atash!«
    Sie wussten schon, was das hieß: Folgen!
    Während ein anderer Bautrupp damit begann, ein Gerüst zu errichten, um die Mauer wieder instand zu setzen, führte der Bolg die Steinklopfer durch das nächste Torhaus und hinunter zu den Rampen, wo mit großen Karren, an Seilen gezogen, weitere Quadersteine zum Bau der Festung hochgeschleppt wurden.
    »Wir können nicht bei ihnen bleiben«, sagte Kim mit unterdrückter Stimme zu Fabian. »Früher oder später wird man uns finden.«
    Fabian sah sich um. »Komm«, sagte er. »Wir setzen uns ab.«
    Sie duckten sich in den Schatten eines Baugerüsts und ließen die anderen weiterziehen. Keiner von ihnen sagte etwas, nicht einmal der Alte, der nach den Wachen gerufen hatte. Sie schlurften mit gesenktem Blick weiter, in ihr Schicksal ergeben. Nur das Mädchen Jadi, dem Kim geholfen und mit dem er das Essen geteilt hatte, blickte noch einmal zurück. Für einen Augenblick überzog ein Lächeln ihr Gesicht. Dann wandte sie den Kopf ab und ging weiter, den anderen nach.
    »Verdammt!«, sagte Fabian. »Etwas in mir sagt: Das ist mein Volk. Ich kann diese Menschen nicht im Stich lassen.«
    »Ich fürchte«, meinte Kim vorsichtig, »die Sache ist nicht ganz so einfach.«
    Fabian sah ihn scharf an. »Wie meinst du das?«
    »Schau dich doch um.« Kim machte eine Handbewegung, die alles umfasste, was sie sahen: die unfertigen Mauern, die Baugerüste, die Arbeiter und die Aufseher mit ihren Peitschen, alles überpudert von grauem Gesteinsstaub. »Sind das die Hohen Mauern der Finsternis, an denen Bolgs und menschliche Sklaven viele Generationen lang gearbeitet haben? Schau dir die Aufseher an: halb Bolg, halb Mensch; man hat gerade erst angefangen, sie zu züchten. Vor nicht einmal einer Generation, sagte mir das Mädchen, sind die Dunklen ins Land gekommen. Das Imperium gibt es noch nicht, Fabian. Der Zauber, den der Schattenfürst in der Bibliothek wirkte, hat uns nicht nur dreihundert Meilen nach Norden versetzt, sondern auch …«
    »… tausend Jahre«, vollendete Fabian. »In die Vergangenheit.«
    Ein Trupp von Bolgs kam vorbei, geführt von einem Dunkelelben, und Fabian und Kim duckten sich tiefer in die Schatten. Anscheinend suchte man immer noch nach ihnen. Aber in dem allgegenwärtigen Schutt und Unrat war es leicht, sich zu verstecken. Am Rande des Baugerüsts gab es eine Art Bretterverschlag, in dem Gerätschaften aufbewahrt wurden und der von draußen kaum zu sehen war. Er bot ihnen Schutz.
    Als der Trupp vorüber war, streckten die beiden wieder die Köpfe hervor.
    »Aber warum hat er das getan?«, fuhr Fabian fort. »Er hat doch erreicht, was er wollte. Das Imperium gibt es nicht mehr; das Haus Alexis ist zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken; die schwarze Feste steht immer noch. Warum musste er noch einmal in die Zukunft reisen? Er hat sie doch bereits verändert.«
    Kim kratzte sich am Kopf, dann am Rücken; der allgegenwärtige Staub hatte

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