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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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standen – war ihm voll bewusst, welche Probleme der Markt verursachen konnte. Aktiencrashs und Bankpaniken waren in der Zeit vor der Gründung der Fed immer eng miteinander verbunden gewesen, und viele der vergangenen Finanzkrisen des Landes waren von der Wall Street ausgegangen: 1837, 1857, 1896 und 1907. In seinen jungen Jahren als Aktienhändler hatte er den Crash von 1896 selbst aus nächster Nähe miterlebt, und er war aktiv dabei, als man nach der Panik von 1907 die Ordnung wiederherstellte.
    Aber als erfahrener Börsianer wusste er sehr wohl, wie schwierig es war, eine Spekulationsblase zu identifizieren, also eine Unterscheidung zu treffen zwischen einem durch höhere Gewinne gerechtfertigten Kursanstieg und einem Anstieg, der ausschließlich von der Marktpsychologie verursacht wurde. Fast per definitionem gab es immer Leute, die glaubten, der Markt sei zu hoch gestiegen. Der Aktienmarkt war von Meinungsverschiedenheiten abhängig, und für jeden Käufer, der 1925 von Reichtümern träumte, gab es einen Verkäufer, der meinte, die ganze Sache schien schon zu weit gegangen zu sein. Strong erkannte, dass sein eigenes, höchst fehleranfälliges Urteil über Aktien eine sehr dünne Grundlage für die Gestaltung der Geldpolitik des Landes war. Obwohl seine erste Reaktion war, der Markt könne zu hoch gestiegen sein, fragte er sich: »Kann es nicht sein, dass die Welt in eine Phase eintritt, in der die Geschäftsentwicklung der Wiederherstellung des Vertrauens folgt, das als Folge des Kriegs so lange verloren gegangen war? Das weiß niemand, und ich werde nicht wagen, eine Prophezeiung abzugeben.« Angesichts einer derartigen Unsicherheit war er überzeugt, dass die Federal Reserve nicht versuchen sollte, sich zum Richter über Aktienkurse zu erklären.
    Hinzu kam: Selbst wenn er sicher war, dass der Markt allmählich eine spekulative Blase bildete, war ihm klar, dass die Fed neben dem Niveau der Börse noch viele andere Ziele hatte, um die sie sich kümmern musste. Er fürchtete, er würde das System überlasten, wenn er der Liste noch ein weiteres Ziel hinzufügte – die Verhinderung von Aktienblasen. Einmal zog er eine recht weit hergeholte Analogie zwischen der Federal Reserve mit ihren verschiedenen und widersprüchlichen Aufgaben für die Wirtschaft und einer Familie mit vielen Kindern: »Müssen wir die Elternschaft für jede ökonomische Entwicklung im Land übernehmen? Das würde uns schwerfallen. Wir hätten dann eine Familie mit vielen Kindern. Und immer wenn sich eines von ihnen danebenbenimmt, müssten wir ihnen allen den Hintern versohlen.« Er wollte, dass sich die Fed darauf konzentrierte, die Gesamtwirtschaft zu stabilisieren, und es widerstrebte ihm, dass ihre Politik von dem Bedürfnis dominiert werden könnte, die »Angelegenheiten von Glücksspielern« zu regulieren, die sich an der Landspitze Manhattans herumtrieben.
    Nach Strongs Meinung hatten Phasen spekulativer Exzesse etwas vom typisch amerikanischen Charakter – Überschwang, starker Optimismus und die naive Begeisterung für Modeerscheinungen. »Es scheint eine Schande zu sein, dass die besten Pläne von einer spekulativen Orgie behindert werden können«, schrieb er Ende 1925 in fast philosophischer Weise an Norman, »aber das Temperament der Menschen in diesem Land ist so, dass man diese Situationen nicht vermeiden kann.«
    Trotz der Agitation von Seiten Hoovers und Millers Ende 1925 kam Strong zu dem Schluss, jetzt, da es im Inland absolut keine Anzeichen für Inflation gab, das Pfund erst gerade eben zum Goldstandard zurückgekehrt und die Währungssituation in Europa noch immer fragil war, sei nicht der richtige Zeitpunkt, die Kreditzügel anzuziehen. Für den Moment würde er den Aktienmarkt einfach ignorieren müssen.
    Selbst gemeinsam konnten Hoover und Miller wenig tun, um Strong zu etwas zu zwingen. Als Handelsminister durfte sich Hoover nicht in die Überlegungen einer unabhängigen Agentur wie der Fed einmischen. Miller war im Aufsichtsrat in der Minderheit. Und obwohl beide versuchten, im Kongress Verbündete zu finden, um die Politik der Fed zu ändern, sind Senatoren und Kongressabgeordnete selten gut genug informiert, um überzeugend für eine Veränderung der Geldpolitik eintreten zu können.
    Für Strong war es eine enorme Hilfe, dass die Statuten der Fed eine inhärente Neigung zur Untätigkeit aufwiesen. Bei der damaligen Gesetzeslage konnten nur die Reservebanken eine Änderung der Politik einleiten. Der

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