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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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einen Verkäufer, und wenn Geld in den Aktienmarkt fließt, dann fließt sofort ebenso viel Geld heraus.
    Im Herbst 1925 war Miller zudem besonders wegen der Daten über die sogenannten Brokerkredite beunruhigt. Diese Kredite wurden von Banken an Aktienbroker ausgereicht, die das Geld dazu verwendeten, ihre eigenen Wertpapierbestände zu finanzieren oder es ihren Kunden zu leihen, damit diese Aktien auf Kredit oder Margin kaufen konnten. Typischerweise bezahlten solche Margin-Investoren nur 20 bis 25 Prozent des Werts der Aktien mit ihrem eigenen Geld und borgten sich den Rest. Das Gesamtvolumen solcher Brokerkredite, das am Beginn des Jahrzehnts etwa eine Milliarde Dollar betragen hatte, war Ende 1924 plötzlich auf 2,5 Milliarden angeschwollen und es sah so aus, als sollte es Ende 1925 3,5 Milliarden Dollar erreichen. Miller sah diese Kredite als Symptom der Spekulation und war fest davon überzeugt, es sei für Banken irgendwie »inflationär«, Aktienkäufe statt anderer Aktivitäten zu finanzieren. Wie wir wissen ist auch das falsch – die inflationären Folgen leichter Kredite haben viel mehr mit der Summe zu tun, die sich das Publikum borgt, als mit dem Zweck, für den es dieses Geld einsetzt.
    An einem ruhigen Sonntagnachmittag bekam Millers Feldzug einen zusätzlichen Schub, denn die Türklingel ertönte, als er im Studierzimmer seines Hauses in der S Street in Washington saß und einen der vielen Unternehmensberichte las, die er sich besorgt hatte. »Noch ehe der Butler reagieren konnte«, drängte sich Millers Nachbar, der zwei Etagen tiefer wohnte, unangekündigt ins Haus, »stürmte die Treppe hinauf, wobei er immer zwei Stufen auf einmal nahm«, platzte in die Wohnung und fragte: »Sind Sie über diese Spekulation auch so besorgt wie ich?«
    Millers ungewöhnlich energischer Nachbar war kein anderer als der »Wunderknabe« Herbert Hoover, der Handelsminister. Hoover, ein Quäker-Waisenkind aus Iowa, war von Beruf Ingenieur, hatte seinen Studienabschluss im allerersten Jahrgang in Stanford gemacht und im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts als Promoter von Bergbauunternehmungen in allen Ecken der Welt ein Vermögen verdient – von China bis Transvaal, von Sibirien bis zum Yukon und von der malaiischen Halbinsel bis Feuerland. Zufällig war er international bekannt geworden als der Mann, dessen Aufgabe es war, 1914 die Amerikaner aus Europa zu evakuieren, und der später als Nahrungsmittelbeauftragter im Krieg unter der Wilson-Administration und als Chef des Hilfsfonds für Belgien gewirkt hatte – nach Maynard Keynes »der einzige Mann, der aus der Feuerprobe von Paris mit einem höheren Ansehen herauskam.« Nachdem er von Harding ins Kabinett berufen worden war, hatte er sich von seinen untätigigen Kollegen durch sein großartiges Organisationstalent, den Glauben an sich selbst und die ständige Hektik unterschieden, die ihn permanent umgab.
    Im Herbst 1925 beschloss Hoover, der sich nicht scheute, sich in die Angelegenheiten seiner Kabinettskollegen einzumischen – Parker Gilbert nannte ihn den »Handelsminister und Unterminister aller anderen Ressorts« – einen Feldzug gegen die verbreitete Atmosphäre der Spekulation zu beginnen, von der er behauptete, sie infiziere das ganze Land, von den Immobilien in Florida bis zum Aktienmarkt.
    Sowohl für Miller als auch für Hoover war Strong an diesem spekulativen Fieber schuld. Sie glaubten, seine Politik, die Zinsen künstlich niedrig zu halten, um den europäischen Währungen zu helfen, sei für das Entstehen der bevorstehenden Spekulationsblase verantwortlich. Hoover war früher ein überzeugter Anhänger der amerikanischen Einmischung in die Angelegenheiten Europas nach dem Krieg und ein guter Freund Strongs gewesen. Nun aber war er überzeugt, dass die Politik, Europa künstlich mit billigen Krediten aufzupäppeln, zu weit gegangen war. Wie er es ausdrückte, war Strong »ein mentales Anhängsel Europas« geworden.
    Wie jeder andere Verantwortliche im Finanzbereich war Strong über die überraschende Stärke des Aktienmarkts verblüfft und machte sich seinerseits Sorgen über eine mögliche Spekulationsblase. Seine Briefe an Norman sind voller Bedenken über den Kursanstieg an der Wall Street. Obwohl er den Aktienmarkt mit Misstrauen betrachtete, so stark wie die Börse von einer bunten Schar von Außenseitern dominiert wurde – von gierigen Spekulanten und Aktienpool-Organisatoren, die auf der sozialen Leiter der Wall Street alle sehr weit unten

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