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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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allem für die Farmer verbunden. Zudem hatte wieder ein Kapitalfluss aus dem Ausland eingesetzt, angezogen von den Renditen an der Wall Street. Wenn die Fed nun die Zinsen erhöhte, könnte sie womöglich noch mehr Gold ins Land holen und eventuell das Pfund Sterling aus dem Goldstandard zwingen.
    Strong setzte sich bis ganz zum Schluss mit diesen Themen auseinander. Er war bereit einzuräumen, dass er Anfang 1928 einen Fehler gemacht hatte, weil er die Verschärfung der Kreditbedingungen so lange hinausgezögert und somit zugelassen hatte, dass die Hausse derart viel Fahrt aufnehmen konnte. In den letzten Wochen vor seinem Tod hatte er dennoch zu argumentieren begonnen, die Fed sollte die Zinsen nicht weiter erhöhen, sondern in der Hoffnung beiseite treten, dass die Raserei von selbst ausbrennen werde.
    Strongs Nachfolger bei der New Yorker Fed war George L. Harrison, ein 42-jähriger Anwalt mit makelloser Qualifikation. In San Francisco als Sohn eines Obersten der Armee geboren, musste er in seiner Kindheit oft umziehen, weil sein Vater in verschiedene Forts im ganzen Land versetzt wurde. Infolge eines Sturzes war er von Kindheit an gelähmt und humpelte, gestützt auf einen schweren Gehstock. Er hatte in Yale studiert, wo er sich den »richtigen Leuten« angeschlossen hatte und Mitglied von »Skull and Bones« geworden war, der elitären Geheimgesellschaft für Studenten der Oberstufe, die angeblich als Eintrittskarte in die oberen Ränge der Wirtschaft und der Politik dient. Sein Zimmerkollege in Yale und enger Freund war Robert Taft, der Sohn des Präsidenten William Taft, und sie hatten später zusammen die Harvard Law School besucht. Da sein Abschluss einer der besten seines Jahrgangs war, bot man Harrison eine Stellung am Supreme Court bei Richter Oliver Wendell Holmes an. Seine Nachfolger in dieser Position waren Harvey Bundy, der Vater der Bundy-Brüder William und McGeorge sowie Alger Hiss, ein hoher Beamter im Außenministerium, der später wegen Spionage für die Sowjetunion angeklagt wurde.
    Harrison war schon kurz nach der Gründung des Federal Reserve Board 1914 dort als stellvertretender Generalanwalt eingetreten und ließ sich 1920 von Strong überzeugen, als sein Stellvertreter nach New York zu kommen. Er sah aus wie ein Gelehrter mit einem großen Kopf, gewelltem Haar, freundlichen blauen Augen, mit warmen, angenehmen Umgangsformen, war überzeugter Junggeselle, lebte in einer kleinen Suite im Yale Club und verbrachte die Abende gern beim Pokern mit seinen Freunden. Da er für den Job herangebildet worden war, war er der logische Nachfolger Strongs. Er teilte die internationale Sichtweise seines Mentors, und als stellvertretender Bankpräsident, der für die alltäglichen Kontakte mit den europäischen Zentralbanken verantwortlich war, hatte er enge Arbeitsbeziehungen mit Norman und Moreau aufgebaut.
    Dennoch war es eine beängstigende Aufgabe, in Strongs Fußstapfen zu treten. Wie Russell Leffingwell, der Partner bei Morgan, es ausdrückte, hatte Harrison den doppelten Nachteil, »jung und neu zu sein«, während er als Strongs Schützling »alle Antagonismen geerbt hatte, die der arme Ben ihm hinterließ.« Harrison war auch eine völlige andere Persönlichkeit als sein Vorgänger. War Strong kraftvoll und aggressiv gewesen, so war der umgängliche und unkomplizierte Harrison vorsichtig und diplomatisch. Strong hatte ein schreckliches Temperament und war ungeduldig, was mangelnde Kompetenz seiner Untergebenen betraf. Harrison dagegen fiel es schwer, jemanden zu entlassen. Es bestand kaum einmal ein Zweifel daran, welchen Standpunkt Strong bezüglich eines bestimmten Themas einnahm, und er scheute vor keiner Konfrontation zurück, während Harrison es für besser hielt, sich nicht in die Karten schauen zu lassen.
    Strongs Tod hatte im ganzen System ein politisches Vakuum hinterlassen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Roy Young, der diesen Posten Ende 1927 von Daniel Crissinger übernommen hatte, war ein Bankier aus Minnesota mit kräftiger roter Gesichtsfarbe und schmeichlerischen Umgangsformen, der es liebte, die Leute mit seinen Geschichten aufzuheitern. Nach Strongs Tod versuchte Young sehr bewusst, die Führerschaft wieder an sich zu ziehen, um die Kontrolle Washingtons über die Entscheidungsprozesse zu sichern und, in seinen Worten, »das Ansehen des Boards innerhalb des Systems zu erhöhen.«
    Eine Mehrheit des Boards in Washington, darunter Young, Miller und Hamlin, also dieselben

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