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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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konzentrierte, während Rom bereits in Flammen stand. Aber beide Parteien in dieser Debatte hatten in der Sache recht. Das Board war mit der Auffassung zweifellos im Recht, die Geldnachfrage an der Wall Street sei so hoch – mit Tagesgeldzinsen von über zehn, manchmal bis zu 20 Prozent und Spekulanten, die mit Gewinnen von mindestens 25 Prozent im Jahr rechneten –, dass eine Erhöhung des Diskontsatzes durch die Fed von fünf auf sechs oder sogar sieben Prozent in diesem Stadium fast keine Auswirkungen mehr haben würde. Um die Blase mit Sicherheit anzustechen, müsste man die Zinsen stärker erhöhen, vielleicht auf zehn oder 15 Prozent, was zu einem massiven Rückgang der geschäftlichen Investitionen führen und die Wirtschaft in eine Depression stürzen würde.
    Aber die New Yorker Fed hatte ebenfalls recht. Der ganze Streit über die Einschränkung der Kredite für Spekulanten erwies sich als bedeutungslos. Tatsächlich schränkte er die Geldsummen ein, die von den Banken an Brokerkrediten vergeben wurden – zwischen Anfang 1928, als das Board den Brokerkrediten erstmals den Krieg erklärt hatte, und Oktober 1929 reduzierten die Banken ihre Kreditvergabe an die Broker von 2,6 auf 1,9 Milliarden Dollar. Aber andere Kreditquellen – amerikanische Firmen mit überschüssigem Bargeld, britische Aktienbroker, europäische Bankiers mit hoher Liquidität und sogar einige orientalische Potentaten – glichen diesen Rückgang mehr als aus, indem sie ihre Kreditvergabe an Broker von 1,8 auf 6,6 Milliarden Dollar erhöhten. Es waren diese Marktteilnehmer, die alle nicht unter der Kontrolle durch die Fed standen, die bei Weitem den wichtigsten Faktor bei der Stützung gehebelter Positionen am Aktienmarkt darstellten.
    Sogar Adolph Miller, der lautstärkste Gegner der Spekulation im Allgemeinen und der Brokerkredite im Besonderen, konnte der Versuchung nicht widerstehen, auf seine Ersparnisse eine Rendite von zwölf Prozent zu verdienen. 1928 deckten Mitarbeiter der Fed auf, dass er 300 000 Dollar von seinem eigenen Geld über einen New Yorker Bankier am Tagesgeldmarkt investiert hatte und so höchstpersönlich mithalf, genau die Spekulation anzuheizen, die er im Board so vehement bekämpfte.
    Man neigt daher zu der unvermeidlichen, aber unbefriedigenden Schlussfolgerung, die Hausse von 1929 sei so gewaltig und intensiv gewesen, von so starken Leidenschaften angetrieben, dass die Fed nichts dagegen tun konnte. Jeder Verantwortliche hatte versucht, sie mit Worten zu bekämpfen. Der Präsident war dagegen und der Kongress ebenfalls. Selbst der sonst so zurückhaltende Finanzminister hatte sich freimütig dazu geäußert. Aber die Hausse war bemerkenswert schwer zu stoppen. Offenbar konnte die Fed nichts anderes tun, als beiseite zu treten und zu warten, bis sich die Raserei von selbst erledigen würde. Aber indem sie sich gegen den Markt wandte und dabei scheiterte, sah sie ebenso ohnmächtig aus wie jeder andere.
    Es war die vielleicht perverseste Konsequenz der Spekulationsblase, dass sie wegen der seltsamen Zusammenhänge des internationalen Geldwesens dazu beitrug, Deutschland den Stoß in die Rezession zu versetzen. Fünf Jahre lang waren Scharen von amerikanischen Bankiers nach Berlin gereist, um deutschen Unternehmen und Gemeinden Kredite aufzudrängen. Obwohl Schacht alles versucht hatte, sein Land vor dieser Abhängigkeit von ausländischem Kapital zu bewahren, konnte er wenig daran ändern. In den fünf Jahren von 1924 bis 1928 nahm Deutschland jährlich etwa 600 Millionen Dollar an Krediten auf. Davon floss die Hälfte in Reparationen, der Rest stützte die Erholung des Konsums nach den Jahren der Entbehrungen.
    Deutschlands Appetit auf Fremdwährungen war in der Tat so groß, dass sogar die Sintflut langfristiger Kredite von amerikanischen Bankiers nicht ausreichte, und Deutschland musste diese Lücke mit kurzfristigen Krediten an näher gelegenen internationalen Märkten füllen. Von den insgesamt drei Milliarden Dollar, die sich deutsche Institutionen in diesen Jahren ausliehen, entfielen weniger als zwei Milliarden auf stabile langfristige Kredite. Mehr als eine Milliarde war »heißes Geld«, kurzfristige Einlagen, die durch die hohen Zinsen – sieben Prozent in Berlin im Vergleich zu fünf Prozent in New York – an deutsche Banken geflossen waren und jederzeit wieder abgezogen werden konnten. Ende 1928, als der amerikanische Aktienmarkt weiter stieg und die Tagesgeldzinsen in den USA explodierten,

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