Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
Vom Netzwerk:
innerhalb der gleichen Firmen gingen die Meinungen auseinander. Bei Morgan glaubte Thomas Lamont an das neue Zeitalter. Russell Leffingwell, früher Stellvertreter des Finanzministers und seit 1923 Partner bei Morgan gab Norman und Strong die Schuld an der Spekulationsblase. Im März 1929, am selben Tag, als Warburg seine ominöse Prognose abgab, prognostizierte Leffingwell gegenüber Lamont: »Monty und Ben haben den Wind gesät. Ich rechne damit, dass wir den Sturm ernten müssen … Ich denke, dass wir eine weltweite Kreditkrise erleben werden.«
    Die Finanzpresse war ebenso ratlos wie die Männer, über die sie schrieb. Während das Journal of Commerce und der Commercial and Financial
Chronicle auf die »spekulative Orgie« einprügelten, glaubte das Wall Street Journal an die Hausse und erläuterte: »Es gibt viele fundamentale Gründe, warum der Markt nun um ein Vielfaches größer sein sollte als vor einem Jahrzehnt.« Bei den Journalisten der Publikumspresse gab es viel Kopfschütteln. Alexander Dana Noyes, der bebrillte und professorale Finanzjournalist der New York Times , der den Markt seit 40 Jahren beobachtet hatte, warnte, dass »die Aktienspekulation ein äußerst gefährliches Ausmaß erreicht« habe. Die Washington Post schrieb in ihrem Editorial, dass »Tausenden Aktienkäufern ernsthafte Verluste bevorstehen.«
    Der New York Daily Mirror war dagegen von seiner Zukunftsvision derart hingerissen, dass er sich dieses Aufstiegs in rhetorische Höhen nicht enthalten konnte:
Die vorherrschende Hausse ist ganz einfach die Wette Amerikas darauf, dass es weiter expandieren wird, dass ihm die großen Ideen nicht ausgehen werden, dass der Ehrgeiz nicht nachlässt, dass das Morgen vor Wachstumsschmerzen zuckt. Diagrammfreunde und Statistiker mögen sich die Finger wund schreiben, weil sie anderer Meinung sind – die finanziellen Unheilspropheten mögen von den Tagen des Untergangs träumen, aber diese Minderheitsmeinungen verblassen vor dem jubelnden Tickerband und den nach oben schießenden Aktienkursen. Wir wetten auf eine Fortsetzung der Prosperität, Vollbeschäftigung und ungeminderte Kaufkraft – auf Frachtladungen, Automobilproduktion und die Expansion der Radiobranche – auf die Entwicklung der Luftfahrt, Getreideernten und Rindfleischpreise, auf Versandhandelsumsätze und einen gesunden Einzelhandel.
    Die größte Feinseligkeit schlug dem Aktienmarkt aus Washington entgegen. Jeder höhere Finanzbeamte in der Regierung glaubte nun, dass sich die Aktien in einer spekulativen Blase befanden – das heißt: jeder mit Ausnahme des Präsidenten Calvin Coolidge. Aus irgendwelchen, selbst für die Mitglieder seiner eigenen Administration unerfindlichen Gründen schien sich Silent Cal über die Entwicklungen an der Wall Street keinerlei Sorgen zu machen. Im Februar 1929, als er sich darauf vorbereitete, das Weiße Haus zu verlassen, erklärte er, Aktien seinen »bei den gegenwärtigen Kursen billig« und das Börsenumfeld sei absolut gesund – wahrscheinlich, um seinen Nachfolger Herbert Hoover zu ärgern.
    Der neue Präsident war derart bekannt dafür, ein glühender Gegner der Spekulation an der Wall Street zu sein, dass der Aktienmarkt in der Woche seiner Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner um sieben Prozent sank. Wie ganz Washington stand er vor einer verfahrenen Situation. Während er glaubte, der Markt lebe nun in einer Phantasiewelt, war die zugrunde liegende Wirtschaft gesund und es ging ihr gut. Es war fast unmöglich, seine Aussagen so zu gestalten, dass man den Markt verbal wieder zurück auf festen Boden brachte, ohne gleichzeitig die Wirtschaft zu schädigen und sich Beschuldigungen auszusetzen, man wolle den amerikanischen Traum unterminieren.
    Daher fühlte er sich gezwungen, sich extrem vorsichtig zu äußern. Im Frühjahr 1929 lud er die Herausgeber der größten Zeitungen des Landes ein, um sie für den Kampf gegen die Gefahren der Spekulation zu gewinnen. Er schickte Henry Robinson, den Präsidenten der First Security National Bank of Los Angeles als seinen persönlichen Abgesandten an die Wall Street, um dort zu warnen, der Markt sei nicht gesund; und er übte weiterhin Druck auf seinen Freund Adolph Miller aus, die Federal Reserve solle ihr Arsenal von Maßnahmen einsetzen, um die Luft aus der Spekulationsblase zu lassen. Alles ohne großen Erfolg.
    Im Finanzministerium war Andrew Mellon sogar noch erfolgloser. Bis 1929 hatte er unter drei Präsidenten gedient

Weitere Kostenlose Bücher