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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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A. J. P. Taylor darstellte, durch eine Kombination von »Vorurteilen, Ignoranz und Panik«, und dies führte nur zu weiteren Unruhen, weil der Ansturm auf das Pfund ja bereits in Gang war. Das May-Komitee schlug vor, die Regierung solle das Abrutschen des Haushalts umzudrehen versuchen, indem sie ihre Ausgaben um 500 Millionen Dollar verringerte – einschließlich einer 20-prozentigen Kürzung der Zuwendungen an die Arbeitslosen – und weitere 100 Millionen Dollar durch Steuererhöhungen eintrieb. Nach allem, was wir über die Funktionsweise der Wirtschaft wissen, war der Vorschlag des Komitees völlig absurd, die ökonomischen Probleme Großbritanniens dadurch zu lösen, dass man die Arbeitslosenunterstützung um 20 Prozent kürzen und die Steuern erhöhen sollte – angesichts von 2,5 Millionen Arbeitslosen, eines Rückgangs der Produktion um 20 Prozent und Preisen, die pro Jahr um sieben Prozent sanken. Damals herrschte aber die überlieferte Meinung vor, Haushaltsdefizite seien immer schlecht, sogar mitten in einer Depression. Maynard Keynes nannte den May-Report »das idiotischste Dokument, das zu lesen ich jemals das Unglück hatte.«
    Die Empfehlungen des Komitees spalteten das Kabinett. Die Mehrheit unter Führung von Premierminister Ramsay MacDonald und Finanzminister Philip Snowden – obwohl es sich durchwegs um glühende und überzeugte Sozialisten handelte – hing dem Glauben an, der Haushalt müsse ausgeglichen sein, und dabei spielte es auch keine Rolle, dass Großbritannien in einer Depression steckte.
    Inzwischen war der 250-Millionen-Dollar-Kredit von der New Yorker Fed und der Banque de France bereits aufgebraucht. Die Bank of England hatte nun insgesamt 500 Millionen Dollar in Gold ausgezahlt, und die Reserven verringerten sich weiterhin. Die Verantwortlichen der Bank of England waren erschrocken über die Intensität des Goldabflusses, aber auch davon überzeugt, dass Zinserhöhungen nicht die richtige Antwort darauf waren. Sie konnten nur eine weitere Kreditaufnahme vorschlagen – diesmal nicht seitens der Bank selbst, deren Kreditlinien ausgeschöpft waren, sondern durch die Regierung. Anfang August bat die Regierung die Bank, ihre Fühler auszustrecken und sich informell nach den Bedingungen zu erkundigen, die amerikanische Bankiers für einen solchen Kredit fordern würden. Die New Yorker Fed, deren Statuten es nicht erlaubten, direkt Kredite an ausländische Regierungen auszureichen, leitete die Anfrage an J. P. Morgan & Co. weiter.
    Wenn Bankiers mit einem Land konfrontiert sind, das Geld braucht, dann nennen sie fast instinktiv Haushaltskürzungen, am besten in Form einer Reduzierung der öffentlichen Ausgaben, als die richtige Lösung für fast jedes Problem. Als in den folgenden Wochen die Bedingungen ausgehandelt wurden, hielt man die Diskussionen zwischen der Regierung, der Bank of England und dem Haus Morgan streng geheim. Morgan wollte unbedingt den Eindruck vermeiden, man habe einer souveränen britischen Regierung »politische Bedingungen« abverlangt. Und der Labour-Premierminister wollte nicht einmal seinem eigenen Kabinett offenbaren, dass er die Erlaubnis ausländischer Bankiers eingeholt hatte, ehe er handelte. Der Finanzminister stellte ein Maßnahmenpaket zusammen, das eine Ausgabenkürzung von 350 Millionen Dollar vorsah. Dazu gehörten auch eine zehnprozentige Kürzung der Arbeitslosenunterstützung und eine Steuererhöhung um 300 Millionen Dollar. Durch Kanäle in der Bank of England wurde das Paket Morgan zur Begutachtung vorgelegt.
    Am Wochenende um den 22. August, als sich der Goldabfluss verstärkte, machte sich in London ein Gefühl von Krise breit. Plötzlich und unerklärlicherweise brach der König seinen dreiwöchigen Urlaub in Balmoral ab und kehrte in den Buckingham-Palast zurück. Das Kabinett tagte über das Wochenende, zum ersten Mal seit dem Krieg. Trotz aller Bemühungen des Premierministers, die Verhandlungen geheim zu halten, erwartete offenbar das ganze Land das Telegramm aus New York, das Morgans Einverständnis beurkundete. »Das ist sicherlich eine tragische und komische Situation«, schrieb Beatrice Webb, die Frau von Sidney Webb, der zu der Minderheit im Kabinett gehörte, die sich gegen die Haushaltskürzungen aussprach, »dass die Finanziers, die das britische Volk in dieses gigantische Durcheinander manövriert haben, nun entscheiden, wer die Last tragen soll. Das ist die Rache der kapitalistischen Diktatur!«
    Am Samstag, dem 22. August,

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