Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
Vom Netzwerk:
Botschafter, der nach einigen Wochen der Abwesenheit nach Berlin zurückkehrte, bemerkte, er sei »betroffen wegen der leeren Straßen und der unnatürlichen Stille, die über der Stadt hing, besonders aber von der Atmosphäre extremer Anspannung, die in vielerlei Hinsicht dem ähnelt, was ich in den kritischen Tagen kurz vor dem Ausbruch des Kriegs in Berlin beobachtet habe … eine fast orientalische Lethargie und Fatalismus.«
    »Unter solchen Umständen«, fuhr er fort, »ist Dr. Schachts Reputation als Finanzexperte zu neuem Leben erweckt worden, und er ist wieder auf der Bühne erschienen … es gibt kleine, aber immer größer werdende Kreise, die glauben, Dr. Schacht könnte zum Retter Deutschlands werden, wenn es ihm gelingt, seine Unbeliebtheit im Ausland, besonders in den USA, und bei den Sozialdemokraten im Inland zu überwinden.« Die Regierung versuchte tatsächlich, Schacht zurück an die Macht zu holen und bot ihm die Position eines Bankenzars an, verbunden mit der Verantwortung, einen Weg aus dem Chaos zu bahnen, das durch den finanziellen Niedergang verursacht worden war. Er befürchtete allerdings, dass man ihm da einen Giftkelch anbot, lehnte ab und zog sich auf sein Landgut zurück, um den Lauf der Dinge abzuwarten.
    Der Zusammenbruch des deutschen Bankensystems im Sommer 1931 ließ die Wirtschaft erneut nach unten taumeln. In den folgenden sechs Monaten sank die Produktion um weitere 20 Prozent. Anfang 1932 erreichte der Index der Industrieproduktion 60 Prozent des Niveaus von 1928. Fast sechs Millionen Menschen – ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung – waren arbeitslos.
    Im Oktober 1931 hielten die Parteien der politischen Rechten gemeinsam eine Kundgebung im kleinen, in den Bergen gelegenen Erholungsort Bad Harzburg ab, einem der wenigen Orte, wo das Tragen der braunen Nazi-Uniformen nicht verboten war. Es war eine Versammlung aller ehemaligen und aktuellen Gegner der Demokratie in Deutschland. Die Stadt war mit Fahnen in den alten kaiserlichen Farben geschmückt. Gealterte Generäle und Admiräle aus Kriegszeiten tauchten auf, ebenso wie zwei Söhne des ehemaligen Kaisers, die Prinzen Eitel Friedrich und August Wilhelm. Sie verbrüderten sich mit einer ausgewählten Ansammlung von Industriellen und Politikern, sowie mit 5 000 im Stechschritt marschierenden Mitgliedern paramilitärischer Organisationen und Sturmtruppen aus verschiedenen Fraktionen. Eingeleitet wurde die Veranstaltung durch die Bitte um göttliche Führung, ausgesprochen von einem katholischen und einem protestantischen Geistlichen. Der Star der Kundgebung war Hitler, der mit seinen spontanen Ansprachen im Mittelpunkt stand.
    Zu ähnlich großem Aufsehen kam es allerdings, als Schacht bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Verbündeter der Nazis die Bühne betrat, um eine Rede zu halten. Er beschuldigte die Regierung, das Land bezüglich der Höhe der Auslandsschulden und der Goldreserven in die Irre zu führen. Was die Wirtschaftspolitik der Opposition betraf, blieb er unklar und vage; er sagte nur, »das Programm einer nationalen Regierung beruht auf den sehr wenigen fundamentalen Wertvorstellungen, die denen Friedrichs des Großen nach dem Siebenjährigen Krieg entsprechen.«
    Die Rede löste im Reichstag und innerhalb der Regierung Empörung aus. Dass der ehemalige Präsident der Reichsbank öffentlich erklärte, das Land sei bankrott – obwohl dies eigentlich die Wahrheit war –, wurde als Akt rachsüchtiger Unverantwortlichkeit und als Verrat gesehen, der die ökonomischen Verwerfungen nur noch weiter verschlimmern konnte. Der Zorn war umso größer, da sich der größte Teil der Auslandsschulden während Schachts Amtszeit als Präsident der Reichsbank angesammelt hatte. Im Parlament und in der Presse gab es sogar Stimmen, die sich für eine Anklage wegen Hochverrats aussprachen. Mit der politischen Linken hatte Schacht seit Langem gebrochen, und nun hatte er sich auch der demokratischen Mitte entfremdet. Seine einzige politische Heimat war bei den Nazis. Und obwohl der Kampf gegen die Reparationen nun eigentlich vorbei war, stand der Kampf um die Zukunft Deutschlands noch vor seinem letzten Akt.
    20. Goldene Fesseln
    1931 bis 1933
    Chaos, deine schreckliche Herrschaft ist wieder errichtet:
    Das Licht erbleicht vor deinem zerstörerischen Wort.
    Deine Hand, großer Zerstörer, lässt den Vorhang fallen,
    und die große Finsternis begräbt alles unter sich.
    Alexander Pope, The Dunciad
    Am 14. Juli

Weitere Kostenlose Bücher