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Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition)

Titel: Die Herren des Geldes: Wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise auslösten und die Welt in den Bankrott trieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaquat Ahamed
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Zeit schrecklicher Tumulte. Obwohl die Novemberrevolution größtenteils friedlich verlaufen war, brach in den ersten Januarwochen Gewalt aus. In Berlin gab es Streiks, Demonstrationen und erbitterte Gefechte auf den Straßen zwischen den revolutionären Spartakisten und der Armee. Wie viele andere hatte Schacht damals den Eindruck, Deutschland sei die Frontlinie einer großen Schlacht, die in ganz Europa gegen die Kräfte des Bolschewismus geschlagen wurde. Wenn er auf dem Heimweg durch die verdunkelte Stadt war, konnte er Maschinengewehrfeuer hören. Einmal saß er im Hotel Kaiserhof fest, als eine Gruppe spartakistischer Demonstranten mit einer Gruppe von Regierungstreuen zusammenstieß. In der Menschenmenge explodierte eine Handgranate, die Leute liefen in alle Richtungen davon, und ein Toter blieb auf der Straße zurück. »Das Schicksal Deutschlands hing an einem seidenen Faden« erinnerte er sich viele Jahre später.
    Allerdings war es auch eine Zeit voller Chancen für talentierte Männer aus der Mittelschicht wie Schacht. Der Zusammenbruch des Reichs und die besiegte Armee hatten die alte Ordnung erschüttert. Schon 48 Stunden nach der Flucht des Kaisers hatten 25 Dynastien in Deutschland abgedankt. Die Junker, die das Land dominiert hatten, waren diskreditiert, ihre Macht hinweggefegt.
    Zunächst hatte Schacht geglaubt, seine Chancen in der Politik zu finden. Vor dem Krieg war er Mitglied der Jungliberalen gewesen, eines Zweigs der Nationalliberalen, einer nationalistischen, aber nicht besonders liberalen Partei, die die Expansionspolitik des Kaisers begeistert unterstützt hatte. 1901 hatte er sogar ein Angebot der Partei abgelehnt, für ein Reichstagsmandat zu kandidieren. Er wusste, dass die Macht im Kaiserreich für den Adel reserviert war, insbesondere für den preußischen Adel, und dass ein Mann von seiner Herkunft nicht auf ein politisches Amt von nennenswerter Bedeutung hoffen konnte. Da aber der neue Präsident der Republik ein früherer Sattler und der Reichskanzler ein früherer Journalist waren, sah es so aus, als habe sich die alte Gesellschaftsordnung nun aufgelöst.
    Am 10. November, als die Republik erst einen Tag alt war, lud man Schacht zu einer Versammlung ein und bat ihn, bei der Gründung einer neuen, gemäßigten Partei zu helfen, nämlich der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), die sich ebenso gegen den Sozialismus der Linken wie gegen den Nationalismus der Rechten wenden sollte. Die DDP selbst entwickelte sich für eine kurze Zeit sehr gut. Sie wurde zu einer Partei der Akademiker, Journalisten und Geschäftsleute, von denen viele Juden waren, und sie zog sogar solche Berühmtheiten wie Max Weber und Albert Einstein an. Bei der Reichstagswahl 1919 erreichte sie das drittbeste Ergebnis nach den Sozialdemokraten und der katholischen Zentrumspartei.
    Aber Schachts kurzer Flirt mit demokratischer Politik sollte nicht besonders erfolgreich verlaufen. Mit seinen finanziellen und geschäftlichen Beziehungen spielte er eine wichtige Rolle, Finanzmittel für die DDP zu besorgen, und er wirkte auch bei der Erstellung des Parteiprogramms mit. Aber er kam bei den Wählern nicht gut an und war zu stolz, um die nötigen persönlichen Allianzen zu schmieden; daher konnte er niemals eine Wählerschaft davon überzeugen, ihn als Kandidaten zu nominieren. Auch von den Chefs der Partei wurde er mit einigem Misstrauen betrachtet. Der wichtigste Kopf der Partei, Theodor Woolf, Herausgeber des Berliner Tageblatts , hielt ihn einfach für einen Opportunisten, der versuchte sich als Demokrat zu profilieren, obwohl er sich nicht wirklich zur neuen Republik bekannte.
    Schacht seinerseits war von der Partei immer mehr enttäuscht. 1925 brach er mit ihr, als sie dafür stimmte, die geheimen Zuwendungen an die ehemaligen Herrscherfamilien abzuschaffen. Ende der 1920er-Jahre versank die DDP wie alle anderen gemäßigten Parteien in der Bedeutungslosigkeit, bedrängt von beiden Enden des politischen Spektrums, vor allem von den Rechten. Damals hatte sich Schacht allerdings schon größeren Dingen zugewendet.
    Es war vielleicht nicht überraschend, dass er bei Wahlen so wenig Erfolg hatte. Es fiel einfach schwer, ihn zu mögen. Die Menschen empfanden ihn als kalt und gefühllos, übermäßig berechnend und gewieft. Wie er selbst zugestand, machte er einen »harten … gefühllosen … und zugeknöpften« Eindruck. Zum Teil lag es an seiner äußeren Erscheinung. Ein Bekannter bemerkte: »Er schaffte es, so

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