Die Herren des Nordens
finden, dass meine Frage eine Antwort verdiente. Mit einer |310| Geste brachte er Beocca zum Schweigen, dann spielte er an Guthreds Siegel herum und kratzte gedankenversunken kleine grüne
Wachsstückchen davon ab. «Die Äbtissin Hildegyth hat mich davon überzeugt», sagte er schließlich. Ich wartete. Alfred warf
mir einen Blick zu und stellte fest, dass ich glaubte, es müsse mehr gegeben haben als Hilds Bitten. Er zuckte mit den Schultern.
«Außerdem schien es mir so», fuhr er mit sichtlichem Unbehagen fort, «dass ich dir mehr schuldete als das, womit ich dich
für deine Dienste in Æthelingæg entlohnt habe.»
Das war noch keine Entschuldigung, aber es war die Anerkennung, dass Fifhaden nicht die angemessene Belohnung für ein Königreich
war. Ich neigte den Kopf. «Ich danke Euch, Herr», sagte ich, «und Ihr sollt meinen Eid bekommen.» Ich wollte ihm nichts schwören,
aber welche Wahl blieb mir? So entscheidet sich unser Lebensweg. Lange Jahre hatte ich zwischen meiner Liebe zu den Dänen
und meiner Zugehörigkeit zu den Sachsen geschwankt, und nun stand ich neben einer flackernden Kerzenuhr und diente mich einem
König an, den ich nicht leiden konnte. «Doch darf ich fragen, Herr», fuhr ich fort, «in welcher Sache Guthred einen Rat braucht?»
«Ivarr Ivarson ist seiner müde», sagte Alfred, «und Ivarr möchte einen anderen, einen willfährigeren Mann auf dem Thron Northumbriens
sitzen sehen.»
«Oder den Thron für sich selbst erobern?», legte ich Alfred nahe.
«Ich glaube nicht, dass sich Ivarr mit der schweren Verantwortung des Königtums belasten will», sagte Alfred. «Er will Macht,
er will Geld, er will Krieger, und er will einen neuen Mann, der ihm die schwere Aufgabe abnimmt, unter den Sachsen die Gesetze
durchzusetzen und von den Sachsen Steuern einzuziehen. Und dafür wird er einen |311| Sachsen aussuchen.» Dieser Gedanke ergab Sinn. Auf diese Art herrschten die Dänen gewöhnlich über die besiegten Sachsen. «Und
Ivarr», sprach Alfred weiter, «will Guthred nicht mehr.»
«Warum nicht, Herr?»
«Weil König Guthred», sagte Alfred, «versucht, seinen Gesetzen bei Dänen und Sachsen gleichermaßen Geltung zu verschaffen.»
Ich erinnerte mich an Guthreds Hoffnung, einfach nur ein König sein zu können. «Ist das schlecht?», fragte ich.
«Es ist Torheit», sagte Alfred, «wenn er bestimmt, dass jeder Mann, gleich ob Heide oder Christ, den Zehnten an die Kirche
abgeben muss.»
Offa hatte diese Kirchensteuer erwähnt, und es war wirklich ein törichter Einfall. Der Zehnte war der zehnte Teil all dessen,
was ein Mann erntete, züchtete oder herstellte, und die heidnischen Dänen würden solch ein Gesetz niemals annehmen. «Ich hätte
gedacht, so etwas müsstet Ihr befürworten, Herr», sagte ich boshaft.
«Natürlich befürworte ich den Kirchenzehnten», sagte Alfred müde, «aber er sollte mit Überzeugung gegeben werden.»
«Hilarem datorem diligit Deus», warf Beocca wenig hilfreich ein. «So steht es in der Heiligen Schrift.»
«Gott liebt einen fröhlichen Geber», steuerte Alfred die Übersetzung bei, «aber wenn ein Land halb heidnisch und halb christlich
ist, befördert man die Einheit nicht, indem man die mächtigere Hälfte beleidigt. Guthred muss den Dänen ein Däne sein und
den Sachsen ein Christ. Das ist mein Rat an ihn.»
«Wenn sich die Dänen erheben», fragte ich, «ist Guthred dann stark genug, um sie zu besiegen?»
«Er verfügt über den sächsischen Fyrd, jedenfalls über |312| das, was noch davon übrig ist, und einige dänische Christen, wenn es auch leider viel zu wenige sind. Meiner Schätzung nach
kann er sechshundert Männer zu den Waffen rufen, aber weniger als die Hälfte von ihnen sind zuverlässige Kämpfer.»
«Und Ivarr?», fragte ich.
«Eher tausend. Und wenn ihn Kjartan unterstützt, werden es noch viel mehr. Und Kjartan ermutigt ihn.»
«Aber Kjartan», sagte ich, «verlässt Dunholm nicht.»
«Er muss Dunholm auch nicht verlassen», sagte Alfred, «er muss Ivarr nur zweihundert Männer zur Unterstützung schicken. Und
Kjartan, so wurde mir erzählt, hasst Guthred ganz besonders.»
«Das liegt daran, dass Guthred auf seinen Sohn gepisst hat», sagte ich.
«Er hat was getan?» Fassungslos starrte mich der König an.
«Er hat Pisse auf seine Haare regnen lassen», sagte ich. «Ich war selbst dabei.»
«Gott im Himmel», sagte Alfred, der offensichtlich dachte, sämtliche Männer nördlich des
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