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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Überraschung abgehangen, und jetzt waren wir entdeckt und hatten
     keinerlei Aussicht mehr, den nördlichen Festungswall zu erreichen. Die Männer auf dem Umgang hatten sich zu uns herumgedreht,
     und einige waren von dem Wall herunterbefohlen worden und bildeten nun hinter dem Tor einen Schildwall. Die Reiter, es waren
     etwa dreißig, sprengten auf uns zu. Wir waren nicht nur gescheitert, sondern wir konnten uns glücklich schätzen, wenn wir
     überhaupt am Leben blieben. «Zurück!», rief ich. «Zurück!» Wir konnten nur noch hoffen, dass es uns gelang, uns in die engen
     Gassen zurückzuziehen, irgendwie die Reiter abzuwehren und das Brunnentor zu erreichen. Dann müssten wir Gisela vom Brunnen
     holen, und daran würde sich ein hastiger Rückzug den Berg hinunter anschließen, |419| die rachsüchtigen Verfolger dicht auf den Fersen. Vielleicht, überlegte ich, würde es uns gelingen, über den Fluss zu kommen.
     Wenn wir durch den angeschwollenen Wiire waten könnten, würden sie die Verfolgung möglicherweise einstellen, doch das war
     bestenfalls eine schwache Hoffnung. «Steapa!», rief ich. «Steapa! Clapa!», und die beiden tauchten aus dem Gebäude auf, Steapa
     mit einer blutüberströmten Axt in der Hand. «Zusammenbleiben», brüllte ich. Die Reiter hatten uns schon fast erreicht, doch
     wir rannten zurück zu den Ställen, und den Berittenen schienen die düsteren Winkel und unübersichtlichen Ecken zwischen den
     Gebäuden zu gefährlich, denn sie zügelten ihre Pferde neben der Esche, an deren Stamm immer noch der Tote von dem Speer aufrecht
     gehalten wurde, und ich dachte, ihre Vorsicht würde uns lange genug Zeit geben, um aus der Festung zu kommen. Die Hoffnung
     kehrte zurück, nicht auf den Sieg, aber auf das Leben. Und dann hörte ich den Lärm.
    Es war Hundegebell. Die Reiter hatten nicht angehalten, weil sie sich fürchteten uns anzugreifen, sondern weil Kjartan seine
     Hunde losgelassen hatte, und ich starrte entsetzt hin, als die Meute um die Ecke des kleineren Palas herum auf uns zuraste.
     Wie viele es waren? Fünfzig? Wenigstens fünfzig. Sie waren unmöglich zu zählen. Ein Jäger trieb sie mit kläffenden Rufen an,
     und sie sahen mehr nach Wölfen als nach Hunden aus. Sie hatten ein raues Fell, waren riesenhaft groß, und sie jaulten so schreckenerregend,
     dass ich unwillkürlich einen Schritt zurücktat. Das war die Höllenmeute der wilden Jagd, es waren die Geisterhunde, die in
     der Finsternis ihr Unwesen treiben und ihre Beute über die Grenzen der Schattenwelt jagen, wenn es Nacht wird. Wir konnten
     das Tor nicht mehr erreichen. Die Hunde würden uns einkreisen, uns zu Boden zerren, uns zerfleischen, und |420| ich dachte, das müsse meine Strafe dafür sein, dass ich den wehrlosen Bruder Jænberht in Cetreht getötet hatte, und dann ergriff
     mich das kalte, weibische Zittern verächtlicher Angst. Stirb gut, mahnte ich mich, stirb gut, aber wie konnte man zwischen
     den Reißzähnen von Hunden gut sterben? Unsere Kettenhemden würden ihren wilden Angriff verlangsamen, aber nicht sehr. Außerdem
     rochen die Hunde unsere Angst. Sie gierten nach unserem Blut und stürzten in einem jaulenden, klauenbewehrten Wirbel aus Morast
     und Fängen auf uns zu, und ich senkte Schlangenhauch, um ihn der ersten zähnefletschenden Bestie ins Maul zu rammen, und da
     wurden sie unvermittelt von einer neuen Stimme gerufen.
    Es war die Stimme einer Jägerin. Sie war klar und laut, und es erklangen keine Worte, sondern ein seltsamer, kreischender
     Ruf, der die Morgenluft durchschnitt wie ein Jagdhorn, und die Hunde erstarrten augenblicklich, dann drehten sie sich um sich
     selbst und winselten erbärmlich. Einer war mir bis auf drei oder vier Schritte nah gekommen, ein Untier mit schlammverklebtem
     Fell, und es krümmte und wand sich, als die unsichtbare Jägerin ihren Ruf erneut erklingen ließ. Es lag etwas Trauriges in
     diesem wortlosen Ruf, der sich mehr wie ein zitternder Todesschrei anhörte, und die Hündin jaulte im Gleichklang. Der Jäger,
     der die Hunde losgelassen hatte, versuchte sie mit der Peitsche wieder auf uns zu hetzen, aber erneut tönte die seltsame,
     heulende Stimme deutlich durch den Regen, doch dieses Mal klang sie drohender, als jaule die Jägerin vor unvermitteltem Ärger.
     Und da stürzten sich drei der Hunde auf den Jäger. Er schrie, und dann versank er in einer Masse aus Fell und Zähnen. Die
     Reiter trieben ihre Pferde zu den Hunden, um sie von dem

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