Die Herren des Nordens
schwang sein Schwert Herzbrecher,
um Kjartan am Helm zu treffen. Er schlug eine Beule in das Eisen, aber das Metall hielt, und Kjartan warf nur den Kopf zurück,
und Ragnar rammte seinen Schild gegen den Kjartans, um den kräftigen Gegner rückwärts aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sein
nächster Hieb zerschlug eines der Lindenholzbretter von Kjartans Schild, der nächste traf den Rand des Schildes und hinterließ
eine tiefe Kerbe in der eisenbeschlagenen Kante, und Kjartan machte einen Schritt rückwärts, und Ragnar stimmte ein Totenlied
an, das so schrecklich klang, dass die Hunde bei Thyra anteilnehmend mitjaulten.
Über zweihundert Männer sahen diesem Kampf zu. Wir alle wussten, was geschehen würde, denn nun war Ragnar vom Rausch des Tötens
ergriffen worden. Von der rasenden Wut des Schwert-Dänen. Kein Mann kann dieser Raserei widerstehen, und Kjartan schlug sich
gut, solange er es vermochte, doch schließlich stolperte er über einen toten Hund, als ihn Ragnar erneut rückwärts trieb.
Kjartan landete auf dem Rücken, und Ragnar wich seinem wilden Schwerthieb aus und stellte sich über ihn und stach mit Herzbrecher
zu. Er durchbrach damit den Ärmel von Kjartans Kettenhemd und durchtrennte die Sehnen seines Schwertarmes. Kjartan versuchte
wieder hochzukommen, aber Ragnar trat ihm ins Gesicht, und dann drückte er ihm seinen Stiefelabsatz auf die Kehle. Kjartan
würgte. Dann trat Ragnar zurück und ließ seinen Schild vom linken Arm |434| gleiten. Mit seiner verkrüppelten linken Hand nahm er Kjartan das Schwert ab. Er zog es mit den beiden Fingern, die er noch
bewegen konnte, aus Kjartans kraftloser Hand, warf es in den Schlamm und dann tötete er seinen Gegner.
Es war kein schneller Tod, doch Kjartan schrie kein einziges Mal. Zuerst wehrte er Ragnars Schwert noch mit seinem Schild
ab, aber Ragnar ließ ihn Hieb um Hieb langsam verbluten. Kjartan sprach nur noch einmal, bevor er starb, und da bat er um
sein Schwert, damit er ehrenvoll in die Totenhalle Odins einziehen konnte, doch Ragnar schüttelte den Kopf. «Nein», sagte
er, und das war sein einziges Wort bis zu seinem letzten Hieb. Dieser Hieb war ein zweihändig geführter Stich abwärts in Kjartans
Bauch, ein Stich, der sich durch das Kettenhemd in Kjartans Körper bohrte und auf der anderen Seite durch das Kettenhemd unter
Kjartans Rückgrat in die Erde fuhr. Und so ließ Ragnar den Herzbrecher stecken und trat zurück, um Kjartan seinem zuckenden
Todeskampf zu überlassen. Dann hob er den Kopf den Regentropfen entgegen, und während sein Schwert von einer Seite zur anderen
schwang, wo er seinen Gegner an den Boden genagelt hatte, rief er die Wolken an. «Vater!», rief er. «Vater!» Er sagte Ragnar
dem Älteren, dass sein Tod nun gerächt war.
Auch Thyra wollte ihre Rache. Sie hatte bei den Hunden gekauert, um Kjartan sterben zu sehen, doch nun richtete sie sich auf
und schickte die Hunde zu Ragnar. Zuerst dachte ich, sie wolle von ihnen Kjartans Leiche zerfleischen lassen, doch stattdessen
kreisten sie Ragnar ein. Es waren immer noch wenigstens zwanzig der wölfischen Bestien übrig, und sie knurrten Ragnar an und
schlichen um ihn herum, und Thyra kreischte ihn an. «Du hättest viel früher kommen müssen! Warum bist du nicht früher gekommen?»
|435| Er starrte sie an, fassungslos vor ihrem Zorn. «Ich bin gekommen, sobald …», fing er an.
«Du bist auf Beutezug gegangen!», schrie sie ihn an. «Du hast mich hier im Stich gelassen!» Die Hunde schienen Thyras Schmerz
zu spüren, und sie krümmten sich, das Fell bluttriefend und die Zungen aus blutverschmierten Mäulern hängend. Sie warteten
nur auf ein Wort, und dann würden sie ihn in eine blutigrote Masse verwandeln. «Du hast mich hier im Stich gelassen!», jammerte
Thyra wieder, und sie stellte sich zwischen die Hunde, um ihrem Bruder ins Gesicht zu sehen. Dann fiel sie auf die Knie und
begann zu schluchzen. Ich wollte zu ihr, doch die Hunde wandten mir ihre Köpfe zu und fletschten unter bösartigen Augen die
Zähne, sodass ich mich schnell wieder zurückzog. Thyra weinte, und ihr Kummer war so heftig wie der Sturm, der über Dunholm
tobte. «Ich werde dich töten!», schrie sie Ragnar an.
«Thyra», sagte er.
«Du hast mich hier im Stich gelassen!», beschuldigte sie ihn erneut. «Du hast mich hier im Stich gelassen!» Sie erhob sich,
und mit einem Mal wirkte sie wieder ganz vernünftig, und ich erkannte, dass sie
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