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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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unter all dem Schmutz und all den Narben immer
     noch eine Schönheit war. «Der Preis für mein Leben», sagte sie ganz ruhig zu ihrem Bruder, «ist dein Tod.»
    «Nein», erklang da eine neue Stimme, «nein, das ist er nicht.»
    Es war Pater Beocca, der gesprochen hatte. Er hatte unter dem großen Torbogen gewartet, und nun hinkte er über das blutige
     Schlachtfeld und sprach mit machtbewusster Strenge. Thyra knurrte ihn an. «Du bist schon tot, Priester!», sagte sie und machte
     eines ihrer kläffenden Geräusche, worauf sich die Hunde Beocca näherten und |436| Thyra wieder anfing wie eine Wahnsinnige zu zucken. «Tötet den Priester!», schrie sie den Hunden zu. «Tötet ihn! Tötet ihn!
     Tötet ihn!»
    Ich lief los, doch da erkannte ich, dass ich nicht gebraucht wurde.
    Die Christen reden viel über Wunder, und ich wollte immer einmal selbst so eine Zauberei erleben. Sie behaupten, Blinde würden
     wieder sehend, Krüppel könnten wieder laufen und der Leprakranke geheilt werden. Ich habe sie Geschichten von Männer erzählen
     hören, die über Wasser laufen konnten, und sogar von Toten, die aus ihren Gräbern wiederauferstanden seien, aber mit eigenen
     Augen habe ich so etwas nie gesehen. Wenn ich eine dieser Zaubereien selbst gesehen hätte, dann wäre ich heute ein Christ,
     aber die Priester sagen, uns müsse stattdessen der Glaube genügen. Doch an diesem Tag, in dem unaufhörlichen Regen, sah ich
     etwas, das einem Wunder so nahe wie nur irgendetwas kam, das ich jemals erlebt habe.
    Pater Beocca hinkte in seiner schmutzstarrenden Priesterkutte geradewegs in die Meute der bösartigen Hunde. Sie hatten den
     Befehl bekommen, sich auf ihn zu stürzen, und Thyra schrie, sie sollten ihn töten, doch Beocca beachtete die Bestien gar nicht,
     und sie schreckten vor ihm zurück. Sie winselten sogar, als fürchteten sie den schielenden Krüppel, und er humpelte ruhig
     an ihren grässlichen Fängen vorbei und ließ Thyra nicht aus den Augen, deren Gekreisch langsam zu einem Wimmern und dann zu
     lautem Schluchzen wurde. Ihr Umhang stand offen und ließ ihre narbenübersäte Nacktheit sehen, und Beocca nahm seinen durchweichten
     Umhang und legte ihn um ihre Schultern. Sie hatte das Gesicht in ihre Hände gebettet. Sie wimmerte immer noch, und die Hunde
     jaulten aus Mitgefühl gemeinsam mit ihr, und Ragnar sah einfach |437| nur zu. Ich dachte, Beocca würde Thyra wegführen, doch er legte seine Hände um ihr Gesicht, und dann schüttelte er sie unvermittelt.
     Er schüttelte sie sehr fest, und als er es tat, rief er den Himmel an. «Herr!», rief er, «nimm diesen Dämon von ihr! Lass
     das Böse aus ihr herausfahren! Erlöse sie aus der Knechtschaft Abaddons!» Da schrie sie, und die Hunde warfen ihre Köpfe zurück
     und heulten den Regen an. Ragnar stand wie erstarrt. Beocca schüttelte erneut Thyras Kopf, und er tat es so heftig, dass ich
     fürchtete, er würde ihr das Genick brechen. «Erlöse sie von dem Bösen, Herr!», rief er. «Nimm sie auf in Deiner Liebe und
     Deiner großen Gnade!» Er starrte in die Wolken. Seine verkrüppelte Hand hielt Thyras Haar mit den toten Efeuranken, und er
     ließ ihren Kopf nach vorne und zurück fahren, während er mit einer lauteren Stimme als der eines Kriegsherrn auf dem Schlachtfeld
     seine Gebete intonierte. «Im Namen des Vaters», rief er, «und des Sohnes und des Heiligen Geistes, befehle ich euch, ihr verderbten
     Dämonen, aus diesem Mädchen auszufahren. Ich werfe euch in den Abgrund zurück. Ich verbanne euch! Ich schicke euch für die
     Ewigkeit und einen Tag in die Hölle, und ich tue es im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Fahrt aus!»
    Und da begann Thyra auf einmal zu weinen. Nicht zu kreischen und zu schluchzen und keuchend um Atem zu ringen, sondern einfach
     leise zu weinen, und sie ließ ihren Kopf an Beoccas Schulter sinken, und er legte seine Arme um sie und wiegte sie und sah
     uns voller Groll an, als stünden wir, blutbeschmiert, bewaffnet und kampfbereit, wie wir waren, im Bund mit den Dämonen, die
     er verbannt hatte. «Es geht ihr jetzt gut», sagte er unbeholfen. «Es geht ihr jetzt gut. Oh, weg mit euch!» Dieser gereizte
     Befehl galt den Hunden, und erstaunlicherweise gehorchten |438| sie ihm und schlichen sich davon und ließen Ragnar in Frieden. «Wir müssen dafür sorgen, dass sie es warm hat», sagte Beocca,
     «und wir müssen ihr etwas Richtiges zum Anziehen geben.»
    «Ja», sagte ich, «das müssen

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