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Die Herren des Nordens

Titel: Die Herren des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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folgten, so schnell es ging. Ich befahl einigen Mönchen, auf Witnere
     und Hilds Stute zu achten. Sie wollten es nicht, sie wollten in die Kirche, aber ich erklärte ihnen, ich würde ihnen ihre
     tonsurierten Schädel spalten, wenn die Pferde abhanden kämen, und da gehorchten sie mir.
    Es war düster in der Kirche. Auf dem Altar brannten Binsenlichter und noch einige mehr auf dem Boden des Kirchenschiffs, wo
     sich eine große Mönchsgruppe verneigte und Psalmen sang. Doch die schwachen, rußigen Lichter konnten die Schatten kaum durchdringen.
     Die Kirche war wenig beeindruckend. Sie war zwar groß, sogar größer als die Kirche, die Alfred in Witanceaster baute, doch
     sie war in höchster Eile errichtet worden, und die Wände bestanden aus unbearbeiteten Baumstämmen, und als sich meine Augen
     an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich, dass das Dach stümperhaft mit grobem Stroh gedeckt war. Bei uns in der Kirche befanden
     sich ungefähr |83| fünfzig oder sechzig Geistliche und etwa noch einmal halb so viele Thegn, wenn die Männer in Cumbrien diesen Rang überhaupt
     kennen. Es waren die vermögenderen Männer der Region, und sie hatten ihre Gefolgsleute mitgebracht. Neugierig stellte ich
     fest, dass einige das Kreuz und andere den Hammer trugen. In der Kirche standen Dänen und Sachsen beieinander, und sie waren
     sich offenbar nicht feindlich gesinnt. Im Gegenteil hatten sie sich versammelt, um Eadred zu unterstützen, der ihnen einen
     König von Gottes Gnaden versprochen hatte.
    Und da war Gisela.
    Ich bemerkte sie fast augenblicklich. Sie war groß, dunkelhaarig und hatte ein langes, sehr ernstes Gesicht. Ihr Umhang und
     ihr Kleid waren grau, sodass ich sie zuerst für eine Nonne hielt, doch dann sah ich die silbernen Armreifen und die schwere
     Brosche, die ihren Umhang am Hals zusammenhielt. Ihre großen Augen glitzerten, doch das lag daran, dass sie weinte. Es waren
     Tränen der Freude, und als Guthred sie erblickte, eilte er sofort zu ihr, und sie umarmten sich. Er hielt sie fest an sich
     gedrückt, dann trat er einen Schritt von ihr weg, ohne ihre Hände loszulassen. Sie schwankte zwischen Weinen und Lachen, und
     er führte sie noch ganz überwältigt zu mir. «Meine Schwester», stellte er sie vor, «Gisela.» Immer noch hielt er ihre Hände.
     «Dass ich frei bin», sagte er zu ihr, «habe ich Uhtred zu verdanken.»
    «Ich danke Euch», sagte sie zu mir, und ich sagte nichts. Mir war bewusst, dass Hild neben mir stand, aber Giselas Anwesenheit
     war stärker. Fünfzehn? Sechzehn? Aber unverheiratet, denn ihr schwarzes Haar war nicht zusammengenommen. Was hatte ihr Bruder
     mir erzählt? Dass sie ein Pferdegesicht hätte, aber mir erschien dieses Gesicht so schön wie ein Traum, ein Gesicht, das den
     Himmel in |84| Flammen setzen und einen Mann verfolgen konnte. Nach all diesen Jahren sehe ich immer noch dieses Gesicht vor mir. Es war
     schmal, mit einer langen Nase und dunklen Augen, die manchmal in eine weite Ferne zu blicken schienen und manchmal einen mutwilligen
     Ausdruck hatten, und als sie mich das erste Mal ansah, war ich verloren. Die Spinnerinnen, die unsere Schicksalsfäden verweben,
     hatten sie mir gesandt, und ich wusste, dass von nun ab nichts mehr so sein würde wie zuvor.
    «Du bist nicht verheiratet, oder?», fragte Guthred sie beunruhigt.
    Sie strich sich übers Haar, das immer noch frei wie das eines Mädchens über ihre Schultern fiel. Wenn sie heiratete, würde
     es aufgesteckt werden. «Natürlich nicht», antwortete sie und sah mich dabei immer noch an. Dann wandte sie sich zu ihrem Bruder:
     «Und du?»
    «Nein», sagte er.
    Gisela ließ ihren Blick zu Hild wandern und dann wieder zu mir, und gerade in diesem Moment kam Abt Eadred und zog Guthred
     fort, und Gisela ging wieder zu ihrer Begleiterin. Über die Schulter sah sie mich noch einmal an, und ich sehe diesen Blick
     immer noch vor mir. Die gesenkten Augenlider und der kleine Stolperschritt, als sie sich umdrehte, um mich ein letztes Mal
     anzulächeln.
    «Ein hübsches Mädchen», sagte Hild.
    «Ich hätte lieber eine hübsche Frau», sagte ich.
    «Dann musst du heiraten», sagte Hild.
    «Ich bin verheiratet», erinnerte ich sie, und das stimmte. Ich hatte in Wessex eine Frau, eine Frau, die mich hasste, aber
     Mildrith lebte inzwischen in einem Nonnenkloster, und daher wusste ich weder, ob sie sich eher mit mir oder eher mit Gott
     als verheiratet betrachtete, noch kümmerte es mich.
    |85| «Dieses

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