Die Herren von Buchhorn
Gesicht zu erkennen.
»Eckhard?«
»Ja, Herr.«
Gerald runzelte die Stirn. Die tiefe Männerstimme, die verzerrt von den Wänden zurückgeworfen wurde, kam ihm bekannt vor. Noch einmal versuchte er, das Gesicht hinter den tanzenden Schatten zu erkennen. Der Mann lächelte. »Und Gerald der Schmied. Du erkennst mich doch, junger Mann?«
Gerald schwieg. Der Mann wandte sich an den Mönch, seine Stimme klang belustigt. »Darum mag ich die Kutte nicht, die Menschen sehen nur noch den Mann Gottes in mir.«
Geralds Blick huschte zwischen den beiden Männern hin und her. Plötzlich dämmerte ihm, wen er vor sich hatte. »Bischof Salomo!«, stieß er hervor und verneigte sich tief. »Verzeiht, ich habe Euch wirklich nicht erkannt.«
»Umso besser. Ich bin auch gar nicht hier.«
»Aber …«
Gerald verstummte verwirrt, als der Mönch ihn streng unterbrach: »Was der ehrwürdige Bischof meint, ist, dass er nicht erkannt werden möchte. Also wirst du über alles, was sich heute Abend zuträgt, schweigen. Hast du das verstanden?«
Gerald fühlte, wie der Ärger in ihm aufstieg. Er nickte mürrisch.
An den Wänden zeichneten sich die Schatten der drei Männer übergroß und bedrohlich ab.
»Tritt näher«, forderte der Bischof ihn auf. »Du fragst dich sicher, warum ich dich auf so geheimnistuerische Weise zu mir gebracht habe. Ich habe mich über dich erkundigt und dich in Rorscahun beobachtet. Auch Bruder Eckhard hat für mich Erkundigungen eingezogen.«
»Er hat keine Ahnung, worum es geht!«, zischte der Mönch. »Er hat in aller Öffentlichkeit diese Schankdirne befragt und sie …«
»Sie heißt Fridrun!«
Salomo hob die Hand. »Natürlich weiß er nicht, worum es geht. Wie sollte er, wo wir selber es nicht wissen.« Erneut wandte er sich an Gerald, und diesmal gab es kein Entkommen vor seinen durchdringenden grauen Augen. »Alles, was ich gehört habe, hat mich in der Ansicht bestärkt, mich selbst um die Sache zu kümmern, auch wenn das nicht in meinen Amtsbereich fällt.«
»Ihr wollt Euch um den Tod meiner Eltern kümmern?«, fragte Gerald ungläubig. »Was kümmern Euch ein einfacher Schmied und seine Frau?«
»Sehr wenig, da hast du recht«, entgegnete der Bischof ruhig. »Aber ich bin überzeugt, dass es hier um mehr geht. Und du scheinst mir der richtige Mann zu sein, dort Fragen zu stellen, wo es für mich nicht schicklich wäre. Außerdem …«, Salomo lächelte, und plötzlich wirkte sein Gesicht um Jahre jünger, »… hast du bereits angefangen, Fragen zu stellen, nicht wahr?«
»Und ich habe auch einige Antworten erhalten.«
Mit einer leutseligen Geste forderte Salomo Gerald zum Sprechen auf.
Als Gerald geendet hatte, sah der Bischof sehr nachdenklich aus. »Das ist interessant. Hat das Mädchen Fridrun auch eine Botschaft erwähnt? Ein Dokument, eine Pergamentrolle, irgendetwas, das sich in Adalberts Besitz befunden hat?«
»Nein, Herr. Nur die Spange mit dem Wappen.«
»Und die hatte Adalbert bei sich, als er lebte, aber nicht mehr, als er tot war? Interessant. Und das Bündel, das deine Mutter mit sich führte, hast du nicht gefunden. Da könnte sich der Schluss aufdrängen, dass sowohl Adalbert als auch deine Eltern wegen dieses Schmuckstücks überfallen wurden.«
»Ist es denn so wertvoll?«
»Es hat den Anschein.« Salomo begann, vor dem Altar auf und ab zu gehen. »Ich bin froh, dass Wendelgard bei Ludowig in guten Händen ist.« Gerald machte eine rasche Bewegung, und der Bischof sah auf. »Was ist?«
»Nichts.«
»Sprich.«
»Ich habe ein Gespräch mit angehört. Angeblich wollte er ihre Kinder adoptieren.«
Salomo wechselte einen Blick mit Eckhard, der reglos an der Wand lehnte. »Ludowig will Wendelgards Kinder? Das ist Unsinn! Obwohl …« Er strich sich über das Kinn. »Gesetzt den Fall, es ist so, wie du sagst, dann müsste er diesen Plan gefasst haben, nachdem Wendelgard ihn abgelehnt hatte. Aber wozu? Das lässt sich herausfinden.«
»Ihr glaubt mir also?«, fragte Gerald.
»Warum sollte ich nicht? Wir müssen als Erstes diese Spange finden. Ich glaube, sie ist der Schlüssel zu dem ganzen Rätsel. Traust du dir das zu, junger Mann? Eckhard wird dir helfen.« Salomo schmunzelte. »Er sieht zwar aus wie ein ältlicher Mönch, aber er hat ganz besondere Talente.«
Eckhard neigte den Kopf und lächelte dünn.
»Dann hoffe ich, dass er das Talent hat, früh aufzustehen. Ich fahre morgen vor Sonnenaufgang nach Bregenz.«
»Die ersten Gebete verrichte ich um drei Uhr
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