Die Herren von Buchhorn
das nicht verdient!«
»Leuthard, beruhig dich!«
»Wer hat sie getötet? Und wo ist Hilbert, dieser Schweinehund. Warum ist er nicht auch tot? Warum sie? Er war nicht gut genug für sie, aber sie war blind und taub. Ich hab es hingenommen, weil sie es so wollte! Und er ist fort! Nicht wahr? Er ist fort!« Er packte Eckhard an der Kutte und schüttelte ihn. »Wo ist der Schweinehund?«
Einen Augenblick lang ließ der Mönch den Mann gewähren, dann riss er plötzlich den Arm hoch. Das Kinn des Wirts flog zurück, er stolperte. Eckhard setzte nach und presste ihn gegen die Wand. »Du beruhigst dich jetzt. Ja, Hilbert ist fort, und wir suchen ihn auch. Also hilf uns!«
»Nichts werde ich tun!«, keuchte Leuthard. »Nimm deine Hände von mir. Ich werde …«
»Was?« Eckhards Stimme wurde schneidend. »Mit welchem Recht führst du dich eigentlich so auf? Du willst ein Vater sein und lässt deine Tochter in einem Badehaus arbeiten?«
»Was weißt du denn schon, Mönch?«
Eckhard sah dem Mann stumm ins Gesicht. Einen Augenblick lang hielt der dem Blick stand, dann ging ein Zittern durch seinen Körper, und er gab den Widerstand auf. »Ich hab erst vor ein paar Jahren erfahren, dass sie meine Tochter ist. Erst als ihre Mutter starb. Jetzt sind also beide tot.« Sekundenlang starrte er ins Leere, dann richtete er den Blick auf Gerald. »Ich weiß, wie das ist, wenn man jemanden verliert. Und heut hab ich’s noch mal erfahren. Vielleicht ist das meine Strafe. Ich werd mich umhören. Für Berta, nicht für dich. Und wenn ich Hilbert finde, bringe ich ihn um. Erst ihn und dann Bertas Mörder. Das schwöre ich!«
Eckhard schüttelte den Kopf. »Sprich nicht vom Töten! Und denk daran, dass deine Tochter Hilbert geliebt hat!«
»Und was hat es ihr gebracht? Scheißkerl, der.«
Er ließ sich wieder auf das Bett fallen. Eine Weile herrschte Schweigen, das so tief war, dass die Stimmen aus der Gaststube zu hören waren.
Gerald konnte den Blick nicht von der schmalen Bettstatt wenden. »Hast du ihm den Botengang für Adalbert vermittelt?«, fragte er endlich.
»Ja und?«
»Damit hat alles angefangen. Mit Adalbert.«
Leuthard schnaubte durch die Nase. »Noch so ein Niemand, der sich vor den Mädchen wichtig gemacht hat. Die Pest über sie alle.«
»Trauerst du um deine Tochter?«
Leuthards Augen blitzten auf. »Sie ist tot, Mönch. Es ist zu spät für Trauer.«
»Es würde dir Frieden bringen!«
»Leck mich!«
»Hüte deine Zunge!«, fuhr Gerald auf, aber Eckhard schüttelte rasch den Kopf.
»Vielleicht hast du recht. Wir haben alle unsere eigene Art, zu trauern. Du willst Vergeltung?«
»Ja.«
»Dann sag uns, wo wir Hilbert finden können.«
Die schweren unregelmäßigen Atemzüge des Wirts schnitten durch die Stille. Plötzlich stand er ruckartig auf. »Ich kenne nur einen Ort, an dem sich Hilbert verkrochen haben könnte.«
»Und wo ist der?«
»Kommt mit!«
Sie waren schon ein paar Gassen weit gegangen, als Gerald seinen beiden Begleitern zuraunte: »Wir werden wieder verfolgt.«
»Das sind meine Leute.« Leuthard drehte sich nicht einmal um. »Die halten uns den Rücken frei.«
»Du rechnest also mit einem Überfall?«
Der Wirt sah Eckhard an. Seit er vom Tod seiner Tochter erfahren hatte, hatte sich etwas in seinem Gesicht verändert. Es wirkte älter und härter. »Wenn ihr mich gefunden habt, können die das auch!«
»Wohin gehen wir eigentlich?«
»Halt doch einmal dein Maul, Schmied!«
Gerald ballte die Hände zu Fäusten, aber er beherrschte sich. »Hat dich Hilbert nach Adalberts Tod noch einmal aufgesucht?«
Leuthard biss die Zähne zusammen. »Ja«, stieß er endlich hervor. »Er wollte mir etwas verkaufen. Aber ich kaufe nur nach Prüfung der Ware. Die wollte er mir nicht zeigen. Er hat gesagt, er handelt im Auftrag.« Er hielt abrupt inne. »Hat sie deshalb sterben müssen?«
»Hat er gesagt, für wen er arbeitet?«
»Nein.«
»Die Mörder meiner Eltern?«
Leuthard fuhr herum. »Sie haben sich mir nicht vorgestellt!«
Eckhard riss die Hand hoch. »Haltet euch zurück. Beide!«
Sie schwiegen. Leuthard führte sie aus der Unterstadt hinaus am Hafen entlang und schwenkte in eine Gasse ab, die sich zur Oberstadt schlängelte und mehr und mehr einem Trampelpfad glich. Der Pfad führte steil bergauf durch Dickicht und einen lichten Wald, der die Sicht auf die Oberstadt versperrte.
Plötzlich blieb Leuthard stehen. »Wo stecken die zwei Halunken?«
Sie drehten sich um, doch
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