Die Herren von Buchhorn
beiden. »Ja, es ist wahr, ich habe einmal geliebt. Ich war jung, ein Schüler noch, kein Mönch, und ich habe Buße getan. Wir haben bittere Reue empfunden über unseren Fehltritt. Sie ist heute Äbtissin, und wir haben nie wieder …« Seine Stimme verlor sich.
»Salomo, verzeih, ich wollte nicht an alte Wunden rühren.«
Er drückte ihre Hand sanft und zwang sich zu einem Lächeln. »Schon gut. Mein Fehltritt hat mich vieles gelehrt. Und er hat mir eine wundervolle Tochter beschert.«
»Dann weißt du, was ich fühle, wenn es um meine Kinder geht. Ich will sie sehen. Egal, was Agnes sagt, ich will!«
»Oh Wendelgard, wie willst du jemals ein Leben in Demut verbringen!«, rief er aus.
Sie streckte das Kinn vor und funkelte ihn an. »Ich kann das. Und ich weiß, was sittsames Verhalten ist, dazu brauche ich keine Agnes und …«
»Keinen Salomo?«
Wendelgard wurde rot. »Das hab ich nicht gemeint«, murmelte sie. »Verzeih.«
»Ich verzeihe dir.« Er musterte sie mit einem selbstironischen Lächeln. »Wie sollte ich nicht. Aber dafür versprichst du mir, dich von Ludowig fernzuhalten. Du hast ein Gelübde abgelegt, das dich an die Weisungen des Bischofs und der Synode bindet. Nur auf meine Fürsprache hin wurde dir gestattet, den Schleier zu nehmen. Außerdem bin ich dein Abt, und als dein Abt stelle ich mit Besorgnis fest, dass du dich den weltlichen Dingen wieder sehr zugeneigt zu fühlen scheinst.«
»Ja.« In ihren Augen glänzten Tränen.
Salomo stand beinahe heftig auf. »Wendelgard, ich meine es doch nur gut mit dir. Als dein Freund. Halte dich von Ludowig fern.«
»Er ist mein Gast. Soll ich mich etwa einschließen, wie Agnes es verlangt?«
»Als Inkluse solltest du das tatsächlich machen. Buchhorn kam in den letzten Jahren auch ganz gut ohne dich zurecht.«
»Aber es ist doch mein Zuhause.«
»Du hast es aufgegeben und dein Leben Gott geweiht.«
Wendelgard stand auf und folgte dem Bischof durch den Raum. »Daran hat sich auch nichts geändert, wirklich nicht. Aber in diesen Mauern fühle ich auch die Verantwortung, die ich früher hatte. Kann ich nicht beides miteinander vereinen?«
Salomo musterte sie nachdenklich. »Nun, dann müsstest du jemanden um dich haben, der dir die weltlichen Arbeiten abnimmt.« Er hob die Hand. »Nein, nicht Ludowig, meine Liebe! Der Zufall will, dass ich mich einer jungen Waise angenommen habe, die sehr tüchtig ist. Sie könnte als deine Dienerin Agnes entlasten, damit ihr euch auf eure geistlichen Pflichten besinnen könnt. Ich kann sie gleich rufen lassen. Sie steht vor der Tür.«
Wendelgard starrte den Bischof verwirrt an. »Ja … wenn du meinst.«
»Dann komm herein, Fridrun!«
Die Tür wurde geöffnet, und Wendelgard sah ein schlankes, blondes Mädchen, das sie scheu anblickte. »Eure untertänige Dienerin, Euer Gnaden, ehrwürdige Mutter.«
»Ich bin Inkluse, keine Nonne, Mädchen. Der Bischof hat gesagt, du möchtest hier arbeiten?«
»Ja, Herrin.«
Salomo lächelte Wendelgard zu und ging zur Tür. »Ich habe noch zu tun. Wenn ihr mich entschuldigen wollt.«
Fridrun warf ihm einen Hilfe suchenden Blick zu, aber er nickte ihr nur vergnügt zu und verließ das Zimmer.
Sekundenlang standen die beiden Frauen sich stumm gegenüber. Fridrun knetete ihre Finger.
Endlich brach Wendelgard das Schweigen. »Du heißt Fridrun?«
»Ja, Herrin.«
»Hab keine Angst, Fridrun. Das Wort des Bischofs ist für mich eine wichtige Empfehlung.«
»Ja, Herrin.«
»Was kannst du denn, hm?«
Fridrun hob den Kopf und schien etwas an Sicherheit zu gewinnen. »Ich kann nähen und flicken, kochen und bedienen.«
Wendelgard lächelte leicht. »Eine Köchin habe ich schon, und eine Schänke führe ich auch nicht, aber ich werde schon etwas für dich finden. Kennst du schon jemanden hier auf Buchhorn?«
»Die Köchin, Herrin.«
Wendelgard lachte leise. »Die gute Gudrun. Geh zu ihr, ich lasse dich rufen.«
»Ja, Herrin, nur …«
»Was ist noch?«
»Meine ganzen Sachen sind noch in Buchhorn«, flüsterte Fridrun. »Der ehrwürdige Abt hat mir keine Zeit zum Packen gelassen.«
»Oh, Männer!« Wendelgard schüttelte den Kopf. »Dann geh ins Dorf und hol dein Bündel, Fridrun. Ich erwarte dich morgen früh hier auf der Burg.«
»Ja, Herrin. Danke.« Fridrun verneigte sich und schlüpfte aus dem Zimmer.
Mit einem Stirnrunzeln blickte Wendelgard auf die geschlossene Tür. Endlich schüttelte sie den Kopf. »Nein, nicht Salomo und … nicht mehr! Nun denn, in die
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