Die Herren von Buchhorn
verändern, fuhr er fort: »In St. Gallen lernte ich Abt Salomo kennen, der mich unter seine Fittiche nahm und später zu seinem Sekretär machte. Wie viele?«
»Zwei. Sie holen auf.«
»Wann sind wir am Hafen? Wir müssen wieder unter Leute.«
»Eine Biegung noch.«
Als sie um die Ecke bogen, hielt Gerald an und warf einen raschen Blick zurück. Zwei Männer in abgerissener Kleidung blieben beinahe gleichzeitig stehen. Es waren kräftige, hünenhafte Kerle mit eisenharten Muskeln unter ihren zerrissenen Hemden.
Gerald traf seine Entscheidung in Sekundenschnelle. »Laufen!«, zischte er.
Eckhard nahm sich keine Zeit für eine Antwort. Er raffte seine Kutte und rannte los. Während die Schritte hinter ihnen näher kamen, sahen sie vor sich den Hafen auftauchen, und mit ihm Menschen. Gerald öffnete bereits den Mund zu einem lauten Hilfeschrei, als Eckhard ihn am Arm packte. Die beiden Verfolger drehten ab und verschwanden in der Gasse.
»Das war knapp«, murmelte Eckhard und bekreuzigte sich.
»War es.« Gerald stemmte die Hände auf die Oberschenkel und holte keuchend Luft. »Einen hätte ich erledigen können, aber … verzeih, ich rede ungebührlich.«
»Ja, am besten redest du gar nicht mehr. Ich muss nachdenken!«
»Eckhard!«
»Jetzt nicht!«
»Eckhard, da vorne!«
Der Kopf des Mönchs ruckte hoch. Er erstarrte. Auf dem Steg, an dem ihr Segelboot vor Anker lag, standen Bruder Johannes und ein hochgewachsener Mann in angeregtem Gespräch.
»Das ist doch Wulfhard.«
»Wer?«
»Ludowigs Jagdaufseher.«
Eckhard pfiff leise durch die Zähne. Mit weit ausgreifenden Schritten ging er zur Mole. »Kann ich helfen?«
Wulfhard musterte den Mönch von oben bis unten. »Bist du Eckhard? Dein Mitbruder behauptet, er dürfe überall unentgeltlich anlegen. Aber wir hier in Bregenz haben andere Sitten. Der Hafenmeister hat mich hinzugezogen, um den Hafenzoll einzufordern.«
»Erkennst du das Wappen nicht?« Eckhards Stimme war schneidend.
Wulfhard spuckte durch eine Zahnlücke. »Dies hier ist nicht Konstanz. Und Ihr seid nicht der Fürstbischof.«
»Aber in seinem Auftrag unterwegs.«
»Dann zeigt mir Eure Vollmacht. Andernfalls muss ich das Boot beschlagnahmen, bis die Sache geregelt ist.«
Eckhards Gesicht gefror zu einer Grimasse der Arroganz. Nachlässig griff er in seine Kutte und holte ein zusammengerolltes Pergament hervor. »Erkennst du Siegel?«
Wulfhard nahm es und betrachtete es von allen Seiten. Schließlich gab er die Rolle zurück. »Das scheint ja seine Ordnung zu haben. Was hat Euch nach Bregenz geführt? Hier ist nicht mehr das Territorium des Abtes.«
»Abt Salomo ist immer noch Bischof der Reichskirche und damit niemandem Rechenschaft schuldig außer dem König.«
In gespielter Demut riss Wulfhard die Hände hoch. »Gewiss, gewiss! Verzeiht meine Aufdringlichkeit. Aber auch ich habe meine Pflichten.«
»Zu denen doch auch die Untersuchung von Morden gehört, nicht wahr?«
Wulfhard kniff die Augen zusammen. »Und weiter?«
»Im Badehaus ist eine Frau erschlagen worden.«
Wulfhards Gesicht entspannte sich. »Eine Hübschlerin. Was kümmert das Euch?«
»Das Mädchen hieß Berta. Was ist? Kanntest du sie etwa?«
»Es ist meine Aufgabe, die Badehäuser von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Ich bin ein viel beschäftigter Mann, aber Euch zuliebe werde ich der Sache einmal nachgehen. Gibt es sonst noch etwas? Ihr schient in Eile gewesen zu sein, als Ihr durch die Gasse kamt.«
Eckhards liebenswürdiges Gesicht wirkte wie eine Maske. »Nichts, was Euch beunruhigen müsste, Freund Wulfhard.«
Die beiden Männer maßen sich mit einem langen, unfreundlichen Blick, dann verschwand der Jagdaufseher mit einem kurzen Nicken im Gewirr der Gassen, während Eckhard sich an Johannes wandte. Das rundliche Gesicht des Benediktiners glühte vor Erregung. »Hafenzoll wollte der haben! Ist mir noch nicht untergekommen, so was. Und ausgefragt hat er mich! Unverschämt!«
Eckhard nickte abgelenkt und starrte auf den See hinaus. »Interessant. Und wir wurden von zwei Schlägern verfolgt, die uns in Ruhe gelassen haben, als sie ihn sahen. Vielleicht hat ihn uns ja Gott geschickt.« Er lächelte ironisch. »Jedenfalls kannte er Berta. Auch interessant.«
»Glaubst du, er hat mit ihrem Tod zu tun?«, mischte Gerald sich ein.
»Glaubst du es?«
»Eigentlich nicht.«
Eckhard seufzte. »Ich auch nicht. Besuchen wir das ›Grüne Felchen‹, mein junger Freund. Vielleicht kommen wir diesem Leuthard auf die
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