Die Herrin der Flammen
zerlumptem Kittel lehnte einen Ellbogen auf das Brett, das als Schanktisch diente, und grinste sie anzüglich an. Sie wischte einen Tonkrug mit einem schmierigen Lappen aus, der bestimmt seit Wochen kein sauberes Wasser mehr gesehen hatte.
»Schätzchen«, antwortete Chenaya Mama Becho lächelnd, »ich will zweierlei: erstens, einen Becher mit einem anständigen Trunk, am liebsten Vuksibah, falls es so was in diesem Loch gibt.« Aller Augen wandten sich ihr zu, ob wegen der Erwähnung dieses teuren Branntweins oder der Bekleidung, wußte sie nicht, aber es war ihr auch gleichgültig. »Wenn du keinen hast, dann einen guten Wein oder klares Wasser.« Sie lehnte sich auf das Brett gegenüber der fetten Wirtin und spürte, wie es sich unter ihrer beider Gewicht bog. Der Atem der Wirtin war schlimmer als faulig, trotzdem gelang Chenaya ein Grinsen. »Dann will ich Zip.«
Damit hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller gewonnen. Sie langte in ihren Beutel und holte wieder eine Handvoll Münzen heraus. Ohne einen Blick darauf oder ihren Wert auch nur zu schätzen, warf sie sie über die Schulter; eine nur legte sie auf das Brett. Es war eine glänzende Goldkrone.
»Ich wette, jemand hier weiß, wie man sich mit ihm in Verbindung setzen kann«, sagte sie zu Mama Becho, so laut, daß alle Anwesenden es hören konnten. »Und wenn er durch die Tür tritt, verstreue ich noch eine Handvoll Münzen.«
»Und was ist, wenn wir bloß dein Glitzer nehmen, Mädchen?« rief ein hagerer, verkrüppelter Mann, der in einer dunklen Ecke hockte. Er spielte mit einem Silberstück, das zu ihm gerollt war.
»Halt’s Maul, Haggit!« fauchte Mama Becho. »Siehst du nicht, daß wir eine feine Dame hier haben? Also paß auf deine Manieren auf!«
Chenaya warf Haggit die Goldkrone zu, und er fing sie geschickt. »Ich verschenke mein Gold, wenn ich es für richtig halte. Zwei, die es mir wegnehmen wollten, liegen tot an der Brücke.« Sie blickte ihn hart und durchdringend an. »Ich will Zip sprechen, und ich werde jeden anständig entlohnen, um ihn zu finden. Wenn du versuchst, ein falsches Spiel zu treiben, Haggit, wirst du dafür bezahlen!«
Haggit blickte sie einen langen Moment finster an, biß prüfend in die Goldkrone, dann stand er auf und ging hinaus. Einer nach dem anderen verließen auch die übrigen Gäste die Schankstube. Nicht eine von Chenayas Münzen war am Boden übersehen worden.
»Jetzt hast du mir meine Gäste vertrieben«, beklagte sich Mama Becho. Sie wischte immer noch den gleichen Krug mit demselben dreckigen Lappen aus. »Mach dir’s bequem, Schätzchen.« Sie deutete auf die tuchbedeckten Bretter auf Schragen, die als Tische dienten. »Wer weiß, wann Zip auftaucht. Der Junge kommt und geht, wie’s ihm Spaß macht.«
Chenaya blieb, wo sie war, als die alte Frau verschwand, um ihren Wein zu bringen. Zip würde kommen, daran zweifelte sie nicht. Sie hatte mit genug Geld um sich geworfen, um dafür zu sorgen, und einige seiner Feinde hatte sie auch getötet. Ja, er würde schon kommen, wenn auch vielleicht nur aus Neugier.
Sie holte tief Atem. Was war das für ein Geruch? Sie blickte auf die Türöffnung, durch die Mamo Becho gegangen war. Eine alte, fadenscheinige Decke hing davor; dünner Rauch trieb um die Seiten herein.
Krrfrauch!
Sie benetzte flüchtig die Lippen und fragte sich, wie Gestus und Dismas zurechtkamen.
Wenig später kam der Mann, auf den sie gewartet hatte, endlich herein. Den Geräuschen nach ließ er zwei seiner Leute als Wache in der Gasse zurück. Mama Becho begrüßte ihn mit einem knappen Nicken und wollte sich ins Hinterzimmer zurückziehen.
»Nein, es wird nicht gelauscht, weder durch den Vorhang noch durch einen Spalt in der Wand, Mama«, rief Zip und winkte sie zurück. »Bleib schön hinter der Theke – wo ich dich im Auge behalten kann.« Mama Becho bedachte ihn mit einem Blick gekränkter Unschuld.
Zip schlenderte zu Chenaya und musterte sie ungeniert.
»Deine Haltung ist bedeutend stolzer als bei unserer ersten Begegnung in der Rattenfalle«, bemerkte sie trocken.
Er blickte sie mit unverhohlener Arroganz an. »Und du hast viel weniger Muskelpakete bei dir«, antwortete er. »Was willst du, Chenaya? Hat dich Tempus geschickt?«
Sie lachte. Sie streckte die Hand nach seiner Schulter aus, dann ließ sie sie die Brust hinunterwandern, ehe sie die Finger wieder in ihren Gürtel hakte. Sie hatte harte, geschmeidige Muskeln unter seinem Kittel gespürt.
»Tempus Thaies ist
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