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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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sobald Ihr erwacht.« Gertrud biss sich vor Freude in die Faust und lief, so schnell es ihr möglich war, aus der Kemenate.
    Uta hob den Kopf an und schaute sich um. Was sie an verschwommenen Details wahrnahm, verriet ihr, dass sie sich in ihrer Kemenate auf der elterlichen Burg befand. Als Nächstes versuchte sie sich aufzusetzen, doch der Schmerz, der daraufhin ihren Körper durchfuhr, ließ sie zurück aufs Strohlager sinken. Arme und Beine fühlten sich wie Holzklötze an, die man ihr an den Oberkörper genagelt hatte, und sie verspürte unsäglichen Durst.
    »Uta, Liebes!« In Begleitung der Amme eilte Gräfin Hidda auf die Bettstatt zu. Der Blick in das Gesicht ihrer Tochter ließ ihre Züge versteinern. »Gertrud, bitte benachrichtige den Burgmedikus. Er soll unverzüglich Wasser bringen und mit der Behandlung beginnen.«
    Die Angesprochene schob ihrer Herrin noch einen Stuhl ans Kopfende der Bettstatt und verließ dann mit einer Verbeugung die Kemenate.
    Gräfin Hidda setzte sich fahrig auf die Stuhlkante. »Der Herr hat dich unter uns gelassen«, sagte sie und nahm vorsichtig Utas Hand. Sie zitterte leicht, als sie begann, jeden einzelnen fiebrigen Finger ihrer Tochter zu streicheln. »Um dieses Geschenk habe ich ihn während der vergangenen sieben Tage jeden Morgen und jeden Abend ersucht.«
    Sieben Tage lang lag sie also schon danieder? Sieben Tage seitdem … Bilder des wollüstigen Knappen und des prügelnden Vaters erschienen wieder vor ihrem geistigen Auge. »Liebe Mutter«, sprach sie leise. Mehr gab ihre Kehle nicht her.
    Hidda schaute sie liebevoll an und legte ihr den Finger auf die Lippen. »Schone deine Kräfte, Liebes.«
    Uta stiegen Tränen in die Augen. »Der Vater will mich …«, kraftlos unterbrach sie den Satz.
    »Er unterrichtete mich, dass er den Reinigungseid von dir gefordert hat«, sagte Hidda, während ihr bislang zärtlicher Blick kühl wurde.
    »Ich habe mich Volkard nicht hingegeben«, versicherte Uta, wurde aber von einem Hustenanfall unterbrochen. »Glaubt Ihr mir?«, fragte sie danach erschöpft mit schwacher Stimme.
    Das Scheppern der aufgestoßenen Tür kam Hiddas Antwort zuvor.
    Adalbert von Ballenstedt trat ein. »Das Kind benötigt keinen Medikus!«
    Beim Anblick des Gatten versteifte Hidda sich und umklammerte die Hand der Tochter.
    »Wir haben seit heute Morgen Verletzte auf der Burg«, erklärte der Graf, ohne einen Blick auf Uta zu werfen. »Begreift endlich, dass das Schicksal des Mädchens nicht in Euren, sondern in Gottes Händen liegt!«
    Uta spürte, wie sich die Fingernägel der Mutter in ihre Handoberfläche bohrten.
    »Ihre Schuld wurde durch den Eid bestätigt und wird am Tage des heiligen Georg durch das Gericht verkündet«, sagte er kühl. »Vielleicht erledigt aber zuvor das Fieber, was Gott sowieso als Strafe für sie vorgesehen hat. Und nun folgt mir!« Er zog seine Frau vom Stuhl und ging zur Tür.
    »Aber Adalbert«, begehrte Hidda auf, »ohne Hilfe wird Uta sterben!«
    Der Graf bedachte seine Gattin mit einem verständnislosen Blick. »Wie der Medikus habt auch Ihr wichtigere Aufgaben!« Mit diesen Worten zog er sie aus der Kemenate.
    Utas Augenlider zitterten. »Esiko, bist du es?« Breitschultrig und großgewachsen war die Gestalt, die gerade vor ihr aufgetaucht war. Das Gesicht noch von Tränen gerötet, hatte sie die Zeit, seitdem die Mutter sie verlassen hatte, mal wach, mal dämmernd zugebracht. Vielleicht erledigt aber zuvor das Fieber, was Gott sowieso als Strafe für sie vorgesehen hat, gingen ihr die väterlichen Worte unaufhörlich durch den Kopf. Dann zuckte sie, spürte verhornte Handflächen auf ihren Armen.
    »Esiko, was tust du da?«
    Anstatt eine Antwort zu geben, zog sich die Gestalt die Kapuze ihres Umhangs noch tiefer ins Gesicht und richtete Uta im Bett auf. Dann machte sie sich daran, Uta ein nach Mist stinkendes Tuch auf den Mund zu legen und am Hinterkopf festzubinden. Uta stöhnte schmerzvoll auf, als die fremden Arme sie aufnahmen und aus der Kemenate trugen. Ein Wimmern mischte sich auf der zugigen Innentreppe des Wohnturms mit dem nächtlichen Rauschen des Windes.
    »Hazecha!«, presste Uta unter dem Tuch hervor.
    Ehe sie es sich versah, hatten sie den Burghof erreicht. Der lag in vollkommener Dunkelheit. Die Gestalt hielt schnurstracks auf die Stallungen zu. Dort trat eine kleinere, aber stämmige Person auf sie zu und legte Uta mit einer Hand einen Pelzumhang um, während sie mit der anderen zwei gesattelte Pferde an den

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