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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Euch, Meister, mein Vogt, vollumfänglich zur Seite. Er kennt die Rechnungsbücher und soll zukünftig sicherstellen, dass wir unsere Geldmittel mindestens für ein ganzes Jahr im Voraus planen können. Ich übertrage ihm das Amt des Schatzmeisters und zweiten Bauplaners. Erster Bauplaner bin ich.« Nachdem der Vogt mit einer Verbeugung wieder einen Schritt zurückgetreten war, fuhr Hermann fort: »Und als dieser ordne ich als Erstes an, dass Streitigkeiten zwischen den Gewerken unverzüglich und vor Ort zu schlichten sind. Wir haben keine Zeit für lange Auseinandersetzungen. Zehn Jahre hat uns seine kaiserliche Hoheit für die Errichtung unserer Kathedrale zugestanden!«
    »Sehr wohl, Markgraf«, bestätigte der Meister. »Wir werden Eure Anweisung befolgen.«
    »Zudem möchte ich«, nahm Hermann das Wort wieder auf, »dass meine Schwägerin Euch unterstützt.«
    »Ich?« Utas Puls schlug heftiger. Sie sah gezeichnete Linien, die sich zu Ansichten vereinten, und Vögel, die auf sie zuflogen.
    »Ihr kennt den Grundriss bereits und könnt den Bau mit Euren organisatorischen Fertigkeiten unterstützen«, erklärte Hermann.
    Hildewards Blick glitt entgeistert vom Wandteppich zu Uta.
    »Sie ist ein Weib und damit vom Herrn höchstens für die Burgverwaltung bestimmt, Markgraf!«
    Das freudige Strahlen, das bei der Betrachtung von Meister Tassilos Zeichnung auf Utas Gesicht erschienen war, verschwand schlagartig.
    Ungeachtet des bischöflichen Einwandes trat Hermann vor sie. »Traut Ihr Euch zu, Handwerker anzuwerben, Uta von Ballenstedt?«, fragte er und schaute sie hoffnungsvoll an. Er wollte sie nicht nur an seiner Vision, sondern auch an deren Umsetzung teilhaben lassen. »Wir haben gerade einmal zwei Dutzend Arbeiter«, erklärte er. »Die politischen Ereignisse der letzten Tage haben uns bislang nicht erlaubt, mehr Handwerker anzuwerben.«
    Uta überlegte nur kurz. »Ich möchte den Kirchenbau gerne unterstützen«, sagte sie dann und schaute in Hermanns braune Augen.
    Hermann lächelte. »Meister Tassilo wird Euch morgen in die Arbeit einführen.«
    Bischof Hildeward unterbrach den vertrauten Moment. »Sollte das nicht Graf Ekkehard entscheiden?« Der jüngere der beiden Burgherren ist schon eher nach meinem Geschmack, dachte er und betrachtete die Burgherrin abschätzig. Widerwillig wandte sich Hermann von Uta ab. »Graf Ekkehard stimmt dem sicherlich zu«, versicherte er. »Sofern er bei seiner Rückkunft dennoch Einwände vorträgt, werden wir immer noch handeln können. Aber glaubt mir, Exzellenz, ich kenne meinen Bruder.«
    Der Bischof antwortete mit starrer Miene: »Als Bauherr kann ich dafür keinerlei Verantwortung übernehmen, Markgraf!« Hermann schaute zuerst zu Uta und dann zu Meister Tassilo. Beide nickten. Sie vorsichtig, er mutig. »Dann tue ich das!«, entgegnete Hermann entschlossen und fügte zur Erklärung hinzu: »Ich möchte den Kreis der engen Unterstützer klein halten. Das verringert Streit und Auseinandersetzungen. Genau daran scheitern viele Vorhaben.«
    Uta nickte wieder.
    »Bischof? Meister? Sofern irgendetwas nicht nach Plan verläuft, erwarte ich umgehend und wo auch immer ich mich befinde, verständigt zu werden, sogar auf dem Schlachtfeld. Und nun lasst uns noch gemeinsam ein Gebet für unseren Sieg gegen König Mieszko sprechen.«
    Am Schluss des Gebets verspürte Bischof Hildeward den unbändigen Drang, dieser Runde nun endlich entkommen zu müssen. Die Verabschiedung fiel entsprechend knapp aus. Nachdem die Burgherrin als Letzte hinausgegangen war, verriegelte Hildeward die Tür der Kammer, die man ihm in seiner neuen Verantwortung als Naumburger Bischof neben einer weiteren Kammer zum Schlafen im ersten Geschoss des Turmes zur Verfügung gestellt hatte.
    Fortschritt? Steine? Baupläne? Das Vorhaben wird alles andere als fromm und gottesfürchtig umgesetzt werden!, ging es Hildeward durch den Kopf. Nichts als Unreinheit hatten diese Leute soeben in seine Kammer getragen! Hildeward fühlte sich beschmutzt, ihn verlangte nach Reinigung. Wie zur Segnung hob er dazu die rechte Hand an. Den Mittelfinger mit dem Bischofsring knickte er zuerst ein. Danach verschwanden auch Ringfinger, Zeigefinger und Daumen in der Faust. Einzig der kleine Finger mit seinem neuesten Schmuckstück zeigte noch auf den Wandteppich neben der Tür. Der Ring, den er entzückt betrachtete, war ein Hebeschlüssel mit zehn runden Stiften, die nur ihm und sonst niemandem den Zugang zum Heiligtum hinter dem Teppich

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