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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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stellen. »Verzeiht, Graf«, begann sie vorsichtig, »aber konnte ich Euren Ausführungen soeben Bedenken entnehmen?«
    Ekkehard umfasste seinen Becher fester. »Ein Berater des Kaisers mit Zweifeln? Wo denkt Ihr hin, Äbtissin!«
    »Verzeiht meinen Vorstoß«, beteuerte Notburga sofort und füllte den Becher ihres Gegenübers erneut.
    »Mittlerweile habe ich sogar meinen Bruder an politischem Einfluss überholt. Was kann ich da mehr wollen?«, fügte Ekkehard hinzu. Nur warum wollte dann, wo doch alles so ausgezeichnet lief, keine Freude in ihm aufkommen?
    Während Notburga ihnen beiden nachschenkte, fiel ihr auf, dass Ekkehard müde wirkte und weit mehr Falten auf Stirn und Hals aufwies als der ältere Bruder. Das lockige Haar war von grauen Strähnen durchzogen, das Gesicht aufgedunsen und der Leib alles andere als ansehnlich. Notburga beobachtete eine Weile, wie der Burgherr vor sich hin sinnierte, und wagte dann einen zweiten Versuch. »Sagt, Graf, dürfen wir bald mit einer frohen Botschaft rechnen? Trägt Eure Gattin inzwischen den Erben Eurer Macht in ihrem Leib?« Sie kannte die Antwort auf ihre Frage bereits, sah sie der Ballenstedterin bei jeder ihrer Begegnungen doch als Erstes auf den Bauch. Aber sie wollte unbedingt herausfinden, ob es tatsächlich der ausbleibende Nachkomme war, der den Burgherrn sorgte, oder etwas anderes. Darüber hinaus könnte es für Esiko außerdem von Nutzen sein zu wissen, ob die langjährige Feindin vom Gatten lediglich geduldet wurde – ein Umstand, der sie Utas Stellung als Burgherrin um einiges besser ertragen lassen würde als bisher!.
    »Mein Chor würde zur Taufe gerne einen Gesang vorbereiten«, setzte sie heuchlerisch nach und genoss dabei die Leichtigkeit, die der Honigwein in ihr auslöste.
    »Sie trägt keinen Erben unter dem Herzen«, entgegnete Ekkehard trocken. »Aber die Kathedrale wächst, und der Vater wird eine würdige Grablege erhalten!«
    »In gewisser Weise gibt es Ähnlichkeiten zwischen uns, Graf«, sagte Notburga und beugte sich etwas über den Tisch.
    »Ich bin ein Mann und Ihr eine Frau, wie kann es da Ähnlichkeiten zwischen uns geben, Äbtissin?« Ekkehard nahm einen weiteren Schluck.
    »Fühlt Ihr Euch nicht manchmal einsam?«, fragte Notburga nahezu sinnlich und registrierte zufrieden, dass ihr Gegenüber sich durchaus irritiert von ihrer Frage zeigte.
    »Worauf wollt Ihr hinaus?«, fragte Ekkehard ungehalten. Seit seiner Rückkehr vor ein paar Tagen begegnete er seiner Gattin lediglich, wenn sie mit dem Bruder, dem Werkmeister und einigen seiner Waffenbrüder gemeinsam das Abendmahl einnahmen. Tagsüber hielt er sich überwiegend beim Heer auf der Wiese zu Füßen der Burg auf.
    »Einsamkeit ist etwas von Gott Gegebenes«, erklärte Notburga und war sich in diesem Moment sicher, dass die Ballenstedterin von Ekkehard nur geduldet wurde. »Wenn Ihr es wünscht, werde ich Euch auch den nächsten Krug Honigwein wieder persönlich vorbeibringen.«
    »Tut das Äbtissin, tut das«, erwiderte Ekkehard und ließ sich tiefer in seinen Stuhl sinken.
    Jetzt drängte es auch Notburga nach Entspannung. Für das anstehende Abendgebet hatte sie Schwester Margit bereits angewiesen, sie zu vertreten. Auch hatte sie bereits verlauten lassen, während der morgigen Messe zu Allerheiligen nicht bei den Sängerinnen zu stehen, sondern entspannt im Chorgestühl Platz zu nehmen. »Graf Ekkehard, stets zu Euren Diensten!«, verabschiedete sie sich. Sie hatte mehr erfahren, als sie für möglich gehalten hatte – der Tag des Vollmondes würde von nun an ihr bevorzugter werden.
    Hazecha schlug die Augen auf und blickte auf eine Wand, die mit Ruß verschmiert war.
    »Warum liegt Tante Uta in deinem Bett, Mama?«, hörte sie eine Kinderstimme flüstern. »Warum trägt Tante Uta denn so ein langes schwarzes Kleid?«, fragte eine zweite Stimme, nicht minder jung.
    »Das ist nicht Tante Uta, das ist Tante Hazecha«, sagte Erna mit gesenkter Stimme. »Die Schwester von Tante Uta.«
    »Schwester?«, wollte Selmina nun ungeduldig wissen und kicherte. »So wie Luise und ich?«
    Als Erna den Finger auf den Mund legte, um den Kindern zu bedeuten, leise zu sein, hob Hazecha den Kopf. »Erna? Erna vom Ballenstedter Burgberg?«
    »Ja, ich bin’s«, sagte Erna, froh, Hazecha bei Bewusstsein zu wissen, nachdem sie vergangene Nacht schon das Schlimmste befürchtet hatte.
    »Es geht mir schon viel besser.« Hazecha lächelte Erna an, die daraufhin an die Lagerstatt trat und ihren Mann

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