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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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Kathedrale gefunden hatten und die Vorburg füllten, bildeten eine Gasse. Hände streckten sich nach den an ihnen Vorüberziehenden aus. Auf den Märkten und in den Klöstern der Mark hatte man von kaum etwas anderem mehr als von der Weihe gesprochen. Uta führte den Prozessionszug an, in dem neben dem Kaiserpaar und König Heinrich auch Ekkehard, Bischof Hildeward und Erzbischof Humfried gingen.
    Der Prozessionszug betrat das Querhaus. Ergriffen von der andächtigen Stille, blickte Uta in das Langhaus. Es war voller Kämpfer. Darunter auch Esiko, der in der ersten Reihe breitbeinig neben den anderen Heerführern stand und sie mit einem kühlen, herausfordernden Blick bedachte. Utas Puls beschleunigte sich. Ja, dachte sie, du bist hier, um angeklagt zu werden! Dann aber nahm sie sich vor, ihn zumindest während der Weihehandlungen aus ihrem Kopf zu verbannen, und ließ ihren Blick wieder über das Meer von Kämpfern gleiten. Dicht an dicht drängten sie sich und machten damit den größten Teil der Weihebesucher aus. Uta schätzte, dass es mehr als fünfhundert Mann waren, die nun in Gedanken an ihre toten Gefährten für die Verhinderten und Verletzten beten wollten.
    Als das Läuten der Glocken nur noch nachhallte, setzte der erhabene Gesang der Benediktinerinnen ein, die hinter dem Altar aufgereiht standen und mit ihren engelsgleichen Stimmen schon einmal geheilt hatten. Angeführt von Uta schritt die Prozession durch die Vierung, vorbei an Handwerkern, die den Bau die gesamten zehn Jahre über begleitet hatten, vorbei an Naumburger Kaufleuten, dem Vogt, den Brüdern des Georgs- und den Schwestern des Moritzklosters sowie schließlich an einigen Äbtissinnen, die dem Kaiser die Ehre erwiesen. Unter den bewundernden Blicken aller Anwesenden schritt Uta die Stufen zum Ostchor hinauf. Dabei legte sie die linke Hand schützend um die Flamme der Kerze, bevor sie sie behutsam auf dem Altar abstellte.
    Im Ostchor angekommen, löste sich der Prozessionszug auf und stellte sich zur linken und rechten Seite des Altars auf, wobei nur das Kaiserpaar in prächtigen Stühlen Platz nahm. Mit einem Nicken begrüßte das Herrscherpaar Erzbischof Aribo von Mainz und die geistlichen Würdenträger aller weiteren Erzbistümer, die sich im nördlichen Chorgestühl eingefunden hatten, während die geistlichen Würdenträger aus dem Erzbistum Magdeburg, Erzbischof Humfried und Bischof Hildeward, nun neben Uta und Ekkehard an die rechte Seite des Altars traten.
    »Wir haben Frieden im Land, und das haben wir unserer Kathedrale zu verdanken!«, richtete Konrad nun das Wort an die Versammelten. »Ihr habt das Symbol für den Kampf um die Ostgrenze des Reiches geschaffen. Jeder mit seinen eigenen Möglichkeiten: mit Kämpfen, mit Gebeten, mit seiner Hände Arbeit, mit Spenden, mit Fürsorge und mit Aufmunterung. Wir befriedeten das Herzogtum Polen und sicherten gemeinsam die Krone in Burgund. Zuletzt glichen wir die Interessenskonflikte in Italien aus. Unser dreiteiliges Reich steht nun auf gestärkten Beinen.«
    Während die Kämpfer und Helfer ergriffen von den goldenen Sternen auf der Altarwand zum Kaiser schauten, glitt Utas Blick über die Massen. Im nördlichen Querhaus erkannte sie Falk von Xanten und die Gewerkmeister, die in der ersten Reihe gebannt der Rede des Kaisers folgten. Im nächsten Augenblick lächelte sie Erna, Arnold und den Zwillingen zu. Luise und Selmina hatten Katrina in ihre Mitte genommen und sich bei ihr eingehakt. Mit offenen Mündern schauten die drei zum Kaiser, der allen Beteiligten Dank aussprach.
    Uta war froh, Katrina auch weiterhin in ihrer Nähe zu wissen, denn das Mädchen stärkte sie auf seine ganz eigene Art: durch Treue, Aufrichtigkeit und wortlose Unterstützung. Nie würde sie vergessen, wie Katrina ihr auf dem Hoftag neue Kraft verliehen hatte, indem sie ihr die grüne Spange gereicht und ihr Mut zugesprochen hatte, in einer Zeit, in der Uta alles, was ihr lieb und teuer gewesen war, für immer verloren geglaubt hatte. Trotz der versammelten Kämpfer fand sie, dass ihr Kammermädchen vielleicht die Mutigste von allen war.
    Liebevoll lächelte Uta Katrina zu und sah nun neben Arnold auch Wigbert stehen, der erneut aus Fulda nach Naumburg gekommen war. Sie nickte dem jüngeren Bruder zu, sie war ihm dankbar dafür, dass er ihr damals das Pergament überbracht hatte, das sie heute bei sich trug. Schwerste Verbrechen …, zitierte sie in Gedanken und spürte, wie sich die Härchen an ihren Armen

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