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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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aufrichteten. Zur Beruhigung strich sie sich über den neuen, seidenen Schleier, der ein Geschenk der Kaiserin war und zusammen mit der Vierkantspange ausnehmend gut zu dem Gewand passte, das sie sich für diesen lang herbeigesehnten Tag hatte nähen lassen. Das Unterkleid mit den weit auslaufenden Ärmeln war weiß – die Farbe der Lilie. Das ärmellose Oberkleid strahlte im Gelb der Narzissen und stand in reizvollem Gegensatz zum kräftigen Braun ihres bis zu den Hüften reichenden Haares, welches schimmernd unter dem Schleier hervorschaute.
    »Durch eine fortschrittliche Planung konnten wir sie in nur zehn Jahren erstellen«, verkündete der Kaiser in diesem Moment. »Und dank der Verwendung dieser festen Steine«, er deutete auf die Wände um sich herum, »wird sie auch noch Generationen nach uns im Reich beschützen!«
    »Fortschritt?«, hörte Uta den Naumburger Bischof da neben sich murmeln.
    Das Vorhaben, das der Kaiser gerade pries, ist weder fromm noch gottesfürchtig umgesetzt worden!, dachte Hildeward und schaute in das Querhaus zu Falk von Xanten. Es war ihm nur recht gewesen, dass er am gestrigen Abend nach dem Becher Pfirsichwasser gleich eingeschlafen war. Erst heute Mittag war er wieder zu sich gekommen, als Erzbischof Humfried persönlich das Kästchen mit dem Schleier abgeholt hatte, um es noch vor der Messe in den gläsernen Schrein hinabzulassen. Falk von Xanten hatte recht gehabt: Sie alle hier waren ungerecht, ihm noch nicht gedankt zu haben, dabei hatte einzig und allein er mit seinen Gebeten bislang Schlimmeres verhindert. Bis gestern! Heute spürte er, dass etwas Bedrohliches, gar die Strafe oder Rache des Herrn bevorstand: Seit er die Kathedrale betreten hatte, meinte er, sein Kopf würde ihm zerspringen. Als die Worte des Kaisers erneut im Chor hallten, griff sich Hildeward an die Schläfen.
    »Ein jeder soll erfahren, welch gottesfürchtige Leistung hier von Euch vollbracht wurde! Wir werden den Bericht über die pünktliche Weihe Eurer Kathedrale im gesamten Reich verkünden lassen.«
    Auf ein Zeichen des Kaisers trat Erzbischof Humfried einige Schritte vor, damit er von allen Anwesenden gut gesehen werden konnte. »Mit aller Kraft habt Ihr, Graf und Gräfin«, er wandte sich wohlwollend Uta und Ekkehard neben dem Altar zu, »diese Kathedrale zum Leben erweckt.«
    Der Erzbischof hat mir damals auf dem Hoftag in Merseburg sein Vertrauen ausgesprochen und es während der vergangenen Jahre nie verloren, dachte Uta. Als sie seine Geste freundlich erwidern wollte, entdeckte sie Wipo, der im Chorgestühl hinter dem Mainzer Erzbischof saß und ihr zunickte. Bereits jetzt freute sie sich auf die Dispute, die sie im Anschluss an die Weihe endlich wieder mit ihm würde führen können. Er war der hagere Mönch in der knielangen Kutte geblieben. Obwohl Krankheit und Alter ihm in den vergangenen Jahren schwer zugesetzt hatten, strahlte er dennoch Wärme aus – was ihr früher nie aufgefallen war.
    Hingegen war es alles andere als Wärme, was Esiko von Ballenstedt empfand, als sein Blick über die Schwester und den Schwager glitt. Doch wenigstens deuteten alle Zeichen darauf hin, dass der Kaiser die Meißener Markgrafenwürde auf ihn, den nunmehr ersten kaiserlichen Heerführer, übertragen würde. Schließlich hatte er den letzten Aufruhr Graf Odos von Blois-Champagne im Königreich Burgund vor einem Jahr niedergeschlagen. Auch der Feldzug nach Italien war erfolgreich gewesen, selbst wenn sie den plötzlich aufständischen Aribert von Mailand – einst Kaiser Konrads wichtigster Verbündeter in der Lombardei – im Felde nicht hatten besiegen können. In den Schlachten bei Mailand, Pavia und Cremona waren er, Ekkehard und König Heinrich es gewesen, die das zweiflügelige Heer angeführt hatten. Und sein Flügel, rief sich Esiko mit Befriedigung in Erinnerung, war nicht kläglich im italienischen Pfeilhagel untergegangen. Der Kaiser würde sich deswegen zweifelsohne für ihn als Markgrafen aussprechen. Dennoch durfte er den Einfluss der Kaiserin auf die Entscheidungen der Reichspolitik nicht unterschätzen, obwohl … mit dem Beweis, den er vorzulegen gedachte, konnte auch Kaiserin Gisela sich nicht mehr länger der Wahrheit verschließen. Esiko blickte in das südliche Querhaus zu Notburga, die an der Seite der Gernroder Äbtissin erwartungsvoll zu ihm herüberschaute. Er nickte ihr kurz zu, worauf sie bestätigend einen in ein Leinentuch gewickelten Gegenstand an ihre Brust drückte.
    » Qui

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