Die Herrin der Kathedrale
Seele.«
Nachdem die Merseburger Bevölkerung und die Fürsten dem König gehuldigt hatten, begab sich ein ausgewählter Teil des Königszugs bei Einsetzen der Dunkelheit in das hiesige Kloster. Truchsess und Kämmerer nutzten die Gelegenheit, den Vorrat an Nahrungsmitteln in den dortigen Lagern für die Weiterreise aufzufüllen, während sich der König auf die Gespräche mit den hiesigen Adligen vorbereitete, die er noch vor dem Abendmahl einzuleiten wünschte.
Uta ging mit den anderen Hofdamen an der Seite der Königin zu den Besucherzellen, um sich vor den Gesprächen noch schnell ein trockenes Gewand anzuziehen.
»Gisela von Schwaben?«
Die Königin stoppte und wandte sich um.
Der Mainzer Erzbischof, der seit der Ankunft im Kloster wieder seine weißgelbe Tiara und ein Messgewand trug, kam wenige Schritte vor Gisela und ihren Hofdamen zum Stehen.
So nah bin ich dem Erzbischof noch nie gekommen, ging es Uta durch den Kopf. Doch fiel ihr an diesem Tag nicht zum ersten Mal auf, dass er es vermied, die Königin mit ihrem Titel anzureden. Sein Blick war erneut der eines lauernden Luchses.
»Ich denke, dass Eure Anwesenheit bei den anstehenden Beratungen nicht notwendig sein wird«, sagte der Erzbischof und fixierte sein Gegenüber scharf.
Königin Gisela lächelte freundlich und trat dem Erzbischof einen Schritt entgegen. »Erzkanzler Aribo, vielen Dank für Euren Hinweis. Ich werde dem König Euren Vorschlag unterbreiten und dann selbstverständlich ergeben seinem Wunsch und Willen zufolge handeln.«
Für den Bruchteil eines Lidschlags sackten die Mundwinkel des Erzbischofs nach unten. Dann aber blickte er, anstatt der Königin zu antworten, bedrohlich langsam zu Uta, die neben Gisela stand. Uta senkte, da sie nicht wusste, ob sie dem Kirchenfürsten direkt in die Augen schauen durfte, sofort den Blick, um ihn nicht herauszufordern.
»Euch Jungfer«, herrschte Aribo sie an, »weise ich hiermit an, meinem Kaplan Wipo nicht anhaltend wertvolle Zeit zu stehlen, die er besser für seine Schreibertätigkeiten verwenden sollte.«
Uta hob den Blick. »Zei… Zei… Zeit stehlen?« Sie erbleichte ob der Anschuldigung.
Der Erzbischof wandte sich wieder der Königin zu. »Ich wünsche, dass die Belange meiner Hofkanzlei uneingeschränkt berücksichtigt werden!«
»Das tun wir Exzellenz«, entgegnete Gisela ruhig.
»Und nun entschuldigt mich, der König verlangt nach meinem Rat«, sprach der mächtigste Kirchenfürst des Königreiches und schritt davon.
»Verzeiht, Königliche Ho… Hoheit«, setzte Uta erklärend an und rieb sich nervös die Hände. »Ka… Ka… Kaplan Wipo hätte mir sicherlich gesagt, wenn ihm unsere Un… Unter… Unterhaltungen die Zeit stehlen würden.«
»Dessen bin ich mir sicher«, entgegnete die Königin gelassen.
»Beruhigt Euch, Uta. Kaplan Wipo ist ein Mann der freien Worte. Schaut zukünftig nur, dass Ihr Eure Unterhaltungen nicht allzu offensichtlich unter den Augen des Erzbischofs abhaltet.«
Uta schaute betroffen zur Seite und nickte wenig glücklich.
»Und nun wollen wir uns für die anstehenden Gespräche bereitmachen«, bestärkte Gisela ihre Hofdamen und eilte davon.
Worauf Mechthild und Adriana Uta entschlossen unterhakten und mit sich zu der ihnen zugewiesenen Besucherzelle zogen.
Uta schaute noch einmal nachdenklich zu der Tür, durch die der Erzbischof gerade gegangen war, und fröstelte erneut.
Während der vergangenen zehn Mondumläufe hatte der königliche Tross alle wichtigen Regionen des Ostfrankenreichs durchquert, und mit dem Abbau des Übernachtungslagers an diesem Morgen brach der letzte Tag des Umritts an. Noch am gleichen Abend wollten sie in den heimatlichen Speyergau einreiten.
Erna strahlte und reckte die Arme in die Luft, so dass ihr die Haube vom widerspenstigen Haarschopf rutschte: »Endlich wieder zu Hause und festen Boden unter den Füßen!« Sie war noch vor Anbruch der Morgendämmerung aufgestanden, nachdem sie sowieso die ganze Nacht vor lauter Aufregung nicht hatte schlafen können. »Ich hätte nicht gedacht, dass der Umritt des Königs so lange dauert«, sagte sie und trug den Hofdamen, die es sich zum gemeinsamen Frühstück vor ihrem Karren um einen kleinen Tisch herum gemütlich gemacht hatten und die ersten Sonnenstrahlen genossen, eine weitere Schale mit Brot auf.
»Euer Brot ist vorzüglich«, freute sich Elisabeth und hielt sich ein gerade abgebrochenes Stück, das noch vor Frische dampfte, unter die Nase.
»Schön, dass wir
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