Die Herrin der Kelten
kann, dass er zum Mann herangereift ist, und er selbst würde das sicherlich auch gar nicht anders wollen. Aber tief in seinem Herzen kennt er die Wahrheit, und er weiß, dass auch andere sie erkannt haben.«
Cunobelin hatte Recht. Das zeigte sich in der Art, wie Bán sich hielt, in der Ungezwungenheit, mit der er über den plötzlichen Ausrutscher in seiner Stimme hinwegging und das Abschiedsgeschenk des Römers in Form eines Messers annahm, während er ihm eine Speerklinge als Gegengeschenk überreichte.
Ein kleiner Funke des Stolzes glimmte in Breacas Herz, ein Gefühl der Wärme, das jedoch keine Chance hatte, sich gegen all den kalten Trennungsschmerz zu behaupten. »Er hat gut gewonnen«, sagte sie.
»Das hat er, aber es war seine Sorge um den Jungen, Iccius, die ihn letztendlich zum Mann gemacht hat. Und das weiß er auch.«
Auch das stimmte. Iccius wartete hinter Bán, ein flachsblondes, schmächtiges Kind, das auf dem stämmigen, gedrungenen Schecken, den Segoventos auf der Reise in den Süden geritten hatte, ein wenig verloren wirkte. Der Hauch der Freiheit hatte bereits eine Veränderung in seinem Blick bewirkt.
Andere Mitglieder der Eceni-Delegation versammelten sich zum Aufbruch. Es versetzte Breaca einen Schock, als sie Airmid ein ganzes Stück weiter entfernt in der Nähe des Großen Versammlungshauses warten sah, zerzaust und geistesabwesend und noch ohne ihr Pferd. Sie hatte die letzte Nacht damit verbracht, in den Wäldern und Wiesen jenseits der Mauern der Residenz Heilpflanzen zu sammeln, und war erst kurz vor Morgengrauen wieder zurückgekehrt, beladen mit Schwingelgras und Salbei und den ersten blassgelben Blüten des Ackermennings. Eine junge Frau, Cerin - die Schwester der Frau mit dem kranken Kind -, war mit Airmid hinausgegangen, und bei ihrer Rückkehr hatte sie ein Band aus Birkenrinde um die Stirn getragen, und auf ihrem Gesicht hatte der wehmütige, gedankenverlorene Ausdruck einer Träumerin gelegen - oder auch der einer neuen Geliebten. Die beiden gingen jetzt gemeinsam zu den Pferdeställen. Dubornos starrte sie mit finsterem Blick an, als sie an ihm vorbeieilten, was unter anderen Umständen vielleicht amüsant hätte sein können. Breaca beschäftigte sich angelegentlich damit, den Sitz ihres Sattelgurts zu überprüfen, und sagte nichts.
»Sie reitet nicht mit euch.«
Sie blickte überrascht zu Cunobelin hinunter. Der Sonnenhund wies mit einer Kinnbewegung auf die beiden jungen Frauen. »Cerin«, sagte er. »Sie reitet nicht mit euch. Das Kind ihrer Schwester schwebt noch immer in Lebensgefahr, und sie ist die Einzige, die eventuell im Stande ist, es am Leben zu erhalten.«
Ein Gefühl drohender Gefahr rieselte über Breacas Rückgrat herab. Heilen gehörte zu den Aufgaben der Träumer, und Cunobelin hatte seinen Träumern bei lebendigem Leib die Haut abgezogen und sie dann an ihre heiligen Bäume nageln lassen, wo sie eines qualvollen Todes gestorben waren. Nur Heffydd war diesem Schicksal entronnen, und das auch nur, weil er seinen Visionen entsagt hatte. Sie blickte den Sonnenhund an, während sie angestrengt überlegte. Bei all den Malen, die sie bisher miteinander zu tun gehabt hatten, war er ihr niemals eine klare Antwort auf eine direkte Frage schuldig geblieben. »Kann sie gefahrlos hier bleiben?«, fragte sie.
»Ja. Ich habe mit Luain mac Calma gesprochen. Ich habe auf den Adler von Rom und das Abzeichen des Sonnenhunds geschworen, dass ich ihr nichts antun werde, und er hat mein Wort akzeptiert. Sie wird im Herbst nach Mona reisen. Mac Calma wird dann dafür sorgen, dass Krieger ausgeschickt werden, die sie auf ihrer Reise begleiten und schützen.«
Er sagte dies nicht in böser Absicht. Die Fakten kündigten eine Veränderung in der Art und Weise der Verhältnisse an, so wie das erste Fohlen den Frühling ankündigt, und nichts davon hatte irgendeinen Einfluss auf Breaca oder auf ihr Leben. Sie musste ihre eigene Wahl treffen, und sie musste die Konsequenzen dieser Entscheidung allein tragen. Trotzdem war sie froh zu sehen, wie Caradoc herbeigeritten kam, um sich von seinem Vater zu verabschieden, denn sein Erscheinen gab ihr wenigstens einen Grund, um anderswohin zu blicken.
Sie zog sich zurück, weil sie nicht Zeugin dieser endgültigen Trennung zwischen Vater und Sohn werden wollte. Sie hatte nicht vergessen, und sie würde auch nicht so leicht vergessen, mit welcher Raffinesse der Sonnenhund die Nachricht von einem Todesfall manipuliert hatte und wie weit
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