Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
erstarrt gewesen wie jetzt. Später hatte es auch Zeiten gegeben, als er bei seiner Rückkehr noch fähig gewesen war, zu sprechen und Erinnerungen mit Bán zu teilen. Diese rückläufige Entwicklung verhieß nichts Gutes für den Rest des Tages.
    »Komm her und leg dich hin. So. Und nun lass uns deine Tunika ausziehen. Wollen wir das tun, was meinst du?«
    In Zeiten wie diesen war es das Beste, Iccius wie ein kleines Kind zu behandeln. Bán zog die Tunika über den zerzausten blonden Haarschopf des Jungen und legte sie zusammengefaltet ans Fußende der Pritsche. Das Leinen duftete nach Rosenwasser und Zedernholzrauch. Der Körper des Jungen roch nach Schweiß, der nicht sein eigener war, und nach dem Sperma eines anderen Mannes. Seine Haut war alabasterweiß mit einem Stich ins Graue, und auch das bedeutete nichts Gutes für den bevorstehenden Tag. Manchmal hatte Iccius eine gesunde Gesichtsfarbe und konnte ein klein wenig lächeln. An diesem Morgen lag die einzige Farbe in den blauen Ringen unter seinen Augen und in den Fingerabdrücken, die auf seinen Rippen zu erkennen waren, wo er zu fest von einem Mann gepackt worden war, den es nicht kümmerte, welchen Schaden er anrichtete. Die schlimmste Verletzung, die der Junge davongetragen hatte, war jedoch innerlich und daher unsichtbar, und Bán würde ihre Schwere erst dann beurteilen können, wenn sie gemeinsam zu den Ställen gingen. Zu Beginn waren diese Verletzungen jedes Mal lähmend gewesen, so dass der Junge für nichts und niemanden zu gebrauchen gewesen war, außer für die Köche. Sie hatten ihn damit beauftragt, Töpfe an der Zisterne zu scheuern, wo er dicht am Wasser knien konnte und sich nicht viel bewegen musste. Wenn sie in letzter Zeit darüber gesprochen hatten, hatte Iccius immer gesagt, er spüre nichts.
    »Möchtest du etwas trinken? Hier...« Der Becher, der neben der Pritsche stand, war von einem Lehrling getöpfert worden, der sich ziemlich ungeschickt dabei angestellt und ein etwas windschiefes Gebilde fabriziert hatte, das auf der einen Seite einen Sprung aufwies. Bán hielt den Becher an Iccius’ bleiche Lippen, während er ihm vorsichtig ein wenig Wasser einflößte und genau darauf achtete, ob er auch schluckte. Selbst das war in den ersten Tagen unmöglich gewesen.
    »Gut. Und jetzt die hier. Ich habe sie extra für dich aufgehoben.« Es waren Weintrauben, und er hatte sie aus der Küche gestohlen; ein Vergehen, das mit Peitschenhieben bestraft wurde. Furcht flackerte in Iccius’ Augen auf, dann die Andeutung eines Lächelns. Er aß die Trauben langsam und eine nach der anderen, während er ihre saftige Süße genoss. In seine Wangen kehrte wieder ein Hauch von Farbe zurück. Seine Augen wurden etwas lebhafter und glänzender; nicht so strahlend wie vor der Verstümmelung - das war wohl auch nie mehr zu erwarten -, aber sie waren doch zumindest nicht mehr so erschreckend leer und starr wie in dem Moment, als er zur Tür hereingekommen war. Bán umarmte ihn behutsam, hielt ihn sanft an sich gedrückt, bis er das Schlagen eines anderen Herzens über dem Pochen seines eigenen hören konnte. Kleine, kräftige Hände schlossen sich um seine Schultern, und Iccius schmiegte seine Wange an Báns Schulter. Es war ein Zeichen zwischen ihnen, dass es in Ordnung war, wenn sie sich unterhielten.
    »War es nur Braxus?« Bán flüsterte noch immer. Er glaubte zwar, dass mindestens einer von den anderen Männern im Raum wach war, aber so konnten sie zumindest den Anschein von Ungestörtheit aufrecht erhalten.
    Er fühlte, wie Iccius an seiner Schulter nickte. »Ja.«
    Das war doch immerhin etwas. »Hat er dir irgendwelche Neuigkeiten erzählt?«
    »Ein paar. Du kennst doch Braxus - keiner kommt oder geht aus Durocortorum, ohne dass er darüber Bescheid weiß.«
    »Was ist mit den Römern, die außerhalb der Stadttore kampieren?«
    »Was er zuvor gesagt hatte, war richtig; sie ziehen Rekruten für einen neuen Flügel der Hilfskavallerietruppe ein.« Iccius wiederholte die Nachricht exakt, nachdem er sich den Wortlaut genau eingeprägt hatte, und lächelte dann leicht, wohl wissend, dass er bedeutsame Neuigkeiten zu berichten hatte. »Sie sind mit dem Auftrag gekommen, zweihundertundfünfzig Pferde zu kaufen. Amminios will, dass sämtliche Tiere von seinen Gütern stammen. Er hat den Magistratsbeamten sein Wort gegeben, dass er sie liefern wird.«
    »Zweihundertundfünfzig?« Bán vergaß zu flüstern. Männer erwachten rülpsend und forderten ärgerlich

Weitere Kostenlose Bücher