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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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aufzuwachsen, die sein Volk bekämpfen. Es ist ein Mittel, um sicherzustellen, dass Staatsverträge, einmal unterzeichnet, auch eingehalten werden. Halb Gallien hat damals jüngere Söhne als Geiseln zu Cäsar geschickt. Sie kämpften an seiner Seite und machten in späteren Kriegen einen Großteil seiner Kavallerie aus.«
    »Ich würde niemals für Amminios kämpfen, selbst wenn er mir sämtliche Zähne herausreißen würde, um mich dazu zu zwingen.«
    »Das verlangt ja auch niemand von dir. Ich will damit auch nur sagen, dass du den römischen Gesetzen nach kein Sklave bist und es dir frei steht, nach Hause zurückzukehren, wann immer du willst. Ich möchte dich nicht als Geisel haben, und der Kaiser möchte es auch nicht; er führt keinen Krieg gegen dein Volk. Es ist zwar schon ziemlich spät im Jahr, als dass jetzt noch Schiffe über den Ozean fahren würden, aber es gibt eines, das in zehn Tagen aus Gesoriacum ausläuft. Ich kann dich an Bord bringen, und ich werde deine Überfahrt bezahlen. Ich werde sehen, ob ich den Kapitän nicht dazu überreden kann, die ganze Strecke bis zu den Ländern der Eceni hinaufzusegeln, damit du nicht durch feindliches Gebiet reisen musst.« Corvus grinste auf eine Art und Weise, die Bán schon lange vergessen hatte. »Meine einzige Bedingung ist, dass du dein tollwütiges Killer-Fohlen mitnimmst, bevor es irgendjemanden verletzt. Civilis hätte beinahe einen Arm verloren, als er versuchte, ihm den Sattel abzunehmen. Das Halfter kann warten, bis du dich wieder wohl genug fühlst, um es selbst zu versuchen, oder es muss dranbleiben, bis es abgefault ist. Niemand sonst wird sich in die Nähe des Tieres trauen.«
    Es war ein Traum, ganz offensichtlich; es konnte gar nicht anders sein. Bán starrte auf die Lampe. Um ihren Fuß flog ein geflügeltes Pferd, von der ruhig brennenden Flamme zum Leben erweckt. Es war schon lange Zeit her, dass er mit solcher Präzision geträumt hatte. Iccius war zugegen, so wie er es schon den ganzen Tag über gewesen war, aber keiner der anderen Geister. Bán beschwor eine Vision von zu Hause herauf, von dem Rundhaus und den Pferdekoppeln und der Schmiede seines Vaters, und stellte fest, dass sein Heimatdorf nur schwach und undeutlich vor seinem inneren Auge erschien und dass es ohne Menschen war; ein vollkommen leerer, verödeter Ort, an dem noch nicht einmal mehr die Geister zu finden waren.
    Er rief das Bild des Flusses herbei und des heiligen Teiches und die Erinnerung an den Wasserfall im Sommer, in der Annahme, dass er hier wenigstens erwarten konnte, Breaca oder Airmid zu finden. Der Staub in seinem Gemüt sagte ihm, dass die Länder aus seiner Vergangenheit für ihn verloren waren, für alle Zeit versperrt. Er dachte, dass er um diesen Verlust weinen sollte, doch der dumpfe Schmerz in seinem Inneren ließ keine weiteren Tränen mehr zu. Er blickte Iccius Rat suchend an und sah ihn nur verschwommen. Seine blauen Augen waren genauso, wie sie zuletzt im Leben gewesen waren, und auch die Botschaft in seinem Blick war noch dieselbe: Stirb nicht umsonst!
    Er richtete seinen tränenlosen Blick wieder auf Corvus und sah erneut den Kontrast zwischen der vitalen, lebensprühenden Intelligenz des Römers und der ausgedörrten, leeren Schale, die er selbst war. Der Tribun lächelte ihn an und zog fragend eine Braue hoch. »Was denkst du gerade?«
    Bei allem, was Corvus für ihn getan hatte, konnte er ihm unmöglich die Wahrheit sagen. Stattdessen sagte Bán: »Dass ich kein Zuhause mehr habe. Dass dem Ort, der einmal mein Zuhause war, nur durch die Menschen, die dort lebten, eine Bedeutung verliehen wurde, und alle diese Menschen sind inzwischen tot. Dass es für mich nichts mehr gibt, wohin ich zurückkehren könnte.«
    »Das stimmt nicht.« Corvus drehte sich herum, um Bán besser ansehen zu können. Er streckte den Arm aus und nahm Báns Hand in die seine. Ihrer beider Hände waren jetzt fast gleich groß, und auch in der Farbe war kaum noch ein Unterschied festzustellen. Drei Sommer in Gallien hatten Bán braun gebrannt, und er war ein ganzes Stück gewachsen, so dass er es in puncto Körpergröße mit jedem Römer aufnehmen konnte.
    »Du bist traurig und bedrückt, weil Iccius nicht mehr lebt«, sagte Corvus, »das kann ich gut verstehen, aber mit der Zeit wirst du dich anders fühlen. Du wirst über deinen Schmerz hinwegkommen, das musst du mir glauben. Vermisst du Eburovic immer noch so schmerzlich wie zu Anfang? Oder Macha?«
    Bán sagte nichts.

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